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Amtsblatt Kreis Weimarer Land
Ausgabe 1/2024
Auf ein Wort ...
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Auf ein Wort...

Liebe Mitbürger und Mitbürgerinnen,

ganz herzlich einladen möchte ich Sie ins Kunsthaus Apolda Avantgarde, wo derzeit Radierungen von Rembrandt ausgestellt werden. Diese Ausstellung ist Teil der Geburtstagsfeier des Kunstvereins, der in diesem Jahr auf 30 Jahre des Bestehens zurückblicken kann.

Fand die Gründung auch in der Tiefgarage des Hotels am Schloss statt, hat er doch lange sein Domizil an der Bahnhofstraße gefunden. In einer kreiseigenen Immobilie hat er einen sicheren Hafen. Ziel war es, Apolda neben Weimar und Erfurt als kulturellen Ereignisort zu positionieren. Ich glaube, dieses ist hervorragend gelungen.

Wieder einmal hat der Kunstverein mit Herrn Giese an der Spitze gezeigt, welche Kontakte im Laufe der Jahre aufgebaut werden konnten und welche höchstpersönlichen Beziehungen nötig sind, damit ein Leihgeber wie das Wiener Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste solche besonderen Kunstwerke nach Apolda ausleiht. Fast 400 Jahre alte Kunstwerke gibt man nicht irgendwem, sondern nur Menschen, denen man vertraut, dass sie damit kompetent und verantwortungsbewusst umgehen. Es ist einzigartig, dass nicht wir zu den Bildern reisen müssen, sondern sie zu uns kommen, damit wir sie studieren können.

Dafür gebührt dem Verein ein großer Dank, allen Mitstreitern und Mitarbeitern großes Lob. Ganz besonders möchte ich für den Katalog danken, der mir bei seiner Lektüre nicht nur Erklärungen der vermeintlich alten Inhalte der Ausstellungsstücke geboten hat, sondern anregte, über lange Entwicklungsbögen nachzudenken.

Rembrandt ist/war Holländer, sein Denken ist durchaus durch den Calvinismus geprägt, wie überhaupt sowohl die holländischen als auch die schweizerischen Nachbarn und die Schwaben von dieser religiösen Richtung geprägt sind. Der sprichwörtliche Schwabe ist fleißig (schaffe, schaffe, Häusle baue) und kennt einen Maßstab für die Nützlichkeit menschlichen Handelns: wirtschaftlicher Erfolg. Arbeit sei der von Gott vorgeschriebene Selbstzweck des Lebens. Kommen dazu auch noch Fleiß, Selbstdisziplin, Sparsamkeit und Genügsamkeit, war den Menschen damit klar, dass der wirtschaftliche Erfolg nicht für Luxusgüter und Konsum, sondern für Investitionen in die Zukunft ausgegeben werden muss.

Wir haben uns weit von der Religion entfernt, unsere Mentalität ist aber von ihr geprägt. Auch wir definieren uns weitgehend über die Arbeit. Und deshalb haben wir vielleicht auch so große Schwierigkeiten, uns mit der Generation Z anzufreunden. Oder vielleicht sollten wir sagen mit dem, was die Socialmedia uns als Generation Z verkaufen: eine Generation, die angeblich die Work-Life-Balance über alles stellt, viel Geld mit wenig Arbeit verdienen möchte. Geld, dessen Verwendung auf Instagram oder TikTok gezeigt wird. Das erscheint den meisten Menschen, die ich kenne, suspekt.

Es ist auch nicht nachhaltig, ein Wort, das mittlerweile inflationär verwendet wird, das hier aber doch zutrifft. Der Begriff stammt ursprünglich aus der Forstwirtschaft und bezeichnet ein Handeln, das die Ressourcen berücksichtigt und auf eine lang andauernde Bewirtschaftung von Flächen ausgerichtet ist. Genauso wenig ist es nachhaltig, Steuern zu kassieren und in Förderprojekte zu stecken, die die Menschen zu einem gewünschten Handeln erziehen sollen. Erstens bleibt davon viel zu viel Geld in der Verwaltung der Steuern und Fördermittel hängen, und zweitens wollen Erwachsene nicht erzogen werden und sie lassen sich auch nicht erziehen. Jeder Ehepartner kann ein Lied davon singen.

Gerade hat ein Wahljahr begonnen, in dem viel diskutiert werden wird über das, was unsere Gesellschaft ausmacht, was sie zusammenhält oder auch sie auseinander treibt. Wir müssen diskutieren über Werte, über Freiheit, über die Grenzen der Freiheit, über Verantwortung für sich selbst und den nächsten. Diskutieren heißt aber nicht, einer schreit und andere hören zu oder einer schimpft bei Facebook, X, WhatsApp und bleibt dabei in seiner Blase. Diskutieren heißt respektvoll miteinander zu sprechen und zu argumentieren. Und nach dem besten Weg zu suchen, den wir in Zukunft einschlagen wollen, um unser Gemeinwesen zu entwickeln.

In diesem Sinne wiederhole ich meine Einladung zur Kunstausstellung, lassen auch Sie sich anregen zum Austausch.

Ihre Landrätin