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Uhlstädt-Kirchhaseler Anzeiger
Ausgabe 8/2025
Leserpost
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Wieder Windenergie-Vorrangflächen in Uhlstädt-Kirchhasel geplant

Der 1. Entwurf für Windenergie-Vorrangflächen wurde 2016 veröffentlicht. Damals waren auch je eine Fläche in der Flur Großkochberg und Neusitz ausgewiesen. Sofort regte sich in ganz Ostthüringen der Widerstand gegen diese Pläne und auch in der Gemeinde Uhlstädt-Kirchhasel protestierte eine Bürgerinitiative unter Leitung von Pfarrer Tschesch energisch dagegen. Darauf hin wurden die Flächen noch einmal eingehend geprüft und neu bewertet. Im 2. Entwurf, der 2018 erschien, war die ausgewiesene Gesamtfläche in Ostthüringen auf 0,4% des regionalen Planungsgebietes geschmolzen. Die beiden Flächen bei Großkochberg und Neusitz waren durch eine Neubewertung der dafür und dagegen sprechenden Kriterien, nicht zuletzt durch den breiten Widerstand der Bürgerinitiative und der Anrainer, in dem neuen Plan nicht mehr enthalten. Dreieinhalb Jahre später wurde in Berlin der Grüne Robert Habeck Minister für Wirtschaft und Klimaschutz. Es dauerte nur sieben Monate, bis er die "Wunschvorstellung" seiner Partei in ein Gesetz geschrieben hatte: Das "Gesetz zur Festlegung von Flächenbedarfen für Windenergieanlagen an Land" “(Wind-BG). Ziel des Bundesgesetzes ist, bis Ende 2032 zwei Prozent der Fläche Deutschlands für Windenergie zur Verfügung zu stellen. Konkret und verbindlich teilt dieses Gesetz jedem Bundesland seinen Beitrag zu: Thüringen muss 1,8% (bis 2027) bzw. 2,2% (bis 2032) seiner Landesfläche als Windvorranggebiete ausweisen. Dort, wo die vorgegeben Flächenbeiträge zum Stichtag nicht erreicht werden, dürfen überall Windräder beantragt, genehmigt und gebaut werden. Das ist Teil der Sonderregelungen von §249 des Baugesetzbuches für Windräder auf dem Festland. Darauf hin wurde 2024 das Thüringer Landesentwicklungsprogramm geändert und den einzelnen Planungsregionen folgende Auflagen bis 2027/2032 erteilt: Nordtüringen 2,5/3,0%, Mittelthüringen 1,8/2,2%, Ostthüringen 1,4/1,7% und Südwestthüringen 1,7/2,0%. Aufgrund des gesetzlichen Druckmittels aus Berlin suchten die einzelnen Thüringer Planungsgesellschaften nun fieberhaft nach neuen Flächen für den Bau von Windrädern. Nach Mittelthüringen hat nun auch Ostthüringen Anfang Juli den 3. Entwurf für Windenergie-Vorranggebiete ausgewiesen. Im Plan stehen jetzt 67 Gebiete statt bisher 22. Die Fläche soll bis 2027 Vervierfacht und bis 2032 Verfünffacht werden, 45 Flächen kommen neu hinzu. Im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt erhöhen sich die Vorrangflächen von 1 auf 13! In der Gemeinde Uhlstädt-Kirchhasel stehen wieder das Gebiet W-23 Neusitz (118 ha um die Milchviehanlage der Agrarproduktion GmbH) und das Gebiet W-32 nördlich von Großkochberg (45 ha an der Wüstung Studnitz als Fortsetzung der 83 ha großen Mittelthüringer Vorrangfläche W- 25 Neckeroda) im Plan. Die Planungsunterlagen wurden am 14.7.2025 im Internet unter https://regionalplanung.thueringen.de/ostthueringen/regionalplan-ostthueringen/aufstellung- sachlicher-teilplan-windenergie-/-kulturerbe veröffentlicht. Das gesetzlich vorgeschriebene Betei- ligungsverfahren zum Planentwurf, in dessen Rahmen die Öffentlichkeit, die in ihren Belangen berührten öffentlichen Stellen und die im Regionalen Planungsbeirat vertretenen Institutionen Gelegenheit haben, Stellungnahmen zum Planentwurf, zu seiner Begründung und zum Umwelt- bericht abzugeben, läuft bis zum 15.9.2025. Jeder, der seine Gegenargumente und seinen Unmut kundtun will, kann seine Einwände schriftlich per Post oder auch per E-Mail an die Regionale Planungsstelle Ostthüringen beim Thüringer Verwaltungsamt, Puschkinplatz 7 in 07545 Gera schicken.

In den Anrainerdörfern der Gemeinde Uhlstädt-Kirchhasel hat sich sofort nach der Veröffentlichung der Pläne eine Gruppe von betroffenen Einwohnern zusammengefunden, die Widerstand gegen die Pläne leisten wollen. Leider kann nicht mehr auf die erfahrenen Leute aus der Bürgerinitiative von 2016 unter Leitung von Pfarrer Tschesch zurückgegriffen werden, weil viele von ihnen jetzt um die 80 Jahre alt sind und sich aus Altersgründen aus der Bürgerbewegung verabschiedet haben. Seit 29. Juli trifft sich jedoch eine neue Gruppe wöchentlich dienstags in Neusitz, um alle Argumente gegen den Bau von Windanlagen in Neusitz und Großkochberg zu sammeln. Inzwischen sind die gängigen Anlagen bis zur oberen Rotorspitze ca. 250 m hoch. Zu erwarten ist, dass die Windräder zukünftig immer leistungsfähiger und größer werden. Eine Höhenbeschränkung sieht der veröffentlichte Plan nicht vor. Die Dimensionen der Windräder sind erschreckend, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Anlagen, die in Neusitz aufgestellt werden sollen, rund 100 m über den Hummelsberg, auf dem der Luisenturm steht, hinausragen (Neusitz 365 m ü.NN + WEA 250 m = 615 m ü.NN, Hummelsberg 515 m ü.NN).

Den Windradgegnern ist klar, dass das Kohlezeitalter, welches uns in den letzten 150 Jahren Wohlstand beschert hat, aber der Umwelt zunehmend schadet, zu Ende geht und dass man alternative Energiearten nutzen muss, die weniger umweltschädlich sind. Viele von ihnen haben selbst eine Solaranlage auf ihren Wohnhaus- und Scheunendächern. Wenn aber die alternativen Energieerzeugungsanlagen, wie die riesigen Windräder, genau das zerstören, was sie schützen sollen – nämlich die Natur und die Lebensumwelt der in Nachbarschaft lebenden Bewohner - dann sind sie sinnlos. Diese Meinung vertreten alle Leute, die sich aktiv dafür einsetzen, dass die beiden Windenergie-Vorranggebiete in der Gemeinde Uhlstädt-Kirchhasel nicht verwirklicht werden. Die Widerständler führen als Nachteile an, dass die Windräder aufgrund ihrer Größe alle natürlichen Dimensionen sprengen und das Landschaftsbild völlig zerstören, den Tourismus und die Einnahmen der Gästezimmervermieter zum Erliegen bringen, die Gesundheit der Anrainer durch krankmachenden Infraschall und giftige Nanopartikel schädigen, die geschützten Pflanzen und Tiere im europäischen Natura2000-Schutzgebiet „Muschelkalkhänge bei Teichel und Großkochberg“ schädigen, vertreiben und sogar töten (vor allem Greifvögel und Fledermäuse), die natürliche Artenvielfalt verringern statt zu erhalten, die geplante Ausweisung des Landschaftsschutzgebietes „Hirschgrund-Hexengrund-Spaal verhindern, den Schutzabstand zu Kulturdenkmalen (Schloss und Park Kochberg, Luisenturm) ignorieren, die Bewerbung der „Residenzlandschaft Thüringen“ mit Schloss Heidecksburg als UNESCO-Welterbe gefährden, der Nahrungsmittelproduktion wertvolle Flächen entziehen, die Agrarproduktion GmbH Neusitz in Existenznot bringen, die enorme Wertschöpfung in Millionen Euro aus unserer Region fließt und Windenergieanlagenbauer, Energiekonzerne, Banken, Investmentgesellschaften und reiche Anleger noch reicher und die hier lebende Bevölkerung ärmer macht, weil sie die Milliarden Euro teure Zeche der Energiewende in Form von immer höher steigenden Energiekosten bezahlen muss und viele andere Gründe. Es sind alle Einwohner der Gemeinde Uhlstädt-Kirchhasel aufgerufen, sich mit der Thematik auseinander zu setzen, sich Gedanken zu machen, ob sie solche Einschnitte in ihrem Lebensumfeld akzeptieren wollen, und ihre Kritik bis zum 15.9.2025 an vorn genannte Regionale Planungsstelle für Ostthüringen in Gera zu übermitteln. Die Demokratie lebt von der aktiven Mitarbeit des gesamten Volkes. Wer sich aktiv in die Entscheidungsfindung einbringen, seine Gedanken mit anderen Menschen austauschen und an den wöchentlichen Zusammenkünften teilnehmen will, kann sich gerne bei mir melden.

Jürgen Weyer — Telefon: 03672-423824

Kirchhasel — E-Mail: juergen.weyer@t-online.de