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Veilsdorfer Anzeiger
Ausgabe 2/2023
Vereine und Verbände
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Epilog zur musikalischen Arbeit in den Chören in den beiden deutschen Staaten nach 1945

In meinem Nachwort möchte ich die Geschichte der Chöre und Gesangvereine in unserem Heimatland, am Beispiel unserer Vereine in den Jahren nach 1945 darstellen.

Wie ich schon erwähnte wurden nach den bürgerlichen Revolutionen 1834 in Frankreich und 1848 in Deutschland in den Städten und Dörfern Gesangvereine, Schützenvereine und Turnvereine gegründet. In einer Veröffentlichung der Chorzeitung des „Fränkischen Sängerbundes“ wurden in der Ausgabe vom November 2022 diese drei Vereinigungen als Symbol der bürgerlichen Freiheit gewürdigt.

Unser Veilsdorfer Gesangverein wurde 1847 und der Gesangverein Kloster Veilsdorf 1865 gegründet.

Der Gesangverein Kloster Veilsdorf wurde im Barthelmes`schen Gasthaus im alten Klausurgebäude in Kloster Veilsdorf gegründet. Als die Gaststätte schloss, zog der Gesangverein Kloster Veilsdorf ins Hartleb`sche Gasthaus nach Schackendorf um. Diese Gaststätte ist noch heute 2023 unser Probenlokal.

Dort erlebte der Gesangverein Kloster Veilsdorf die Kaiserzeit, den „Ersten Weltkrieg“ , die Zwanziger Jahre und den zweiten Weltkrieg. In all den Kriegen mussten auch Sänger unseres Chores ihr Leben lassen.

Dazu war die deutsche Volksmusik im Nazireich gleichgeschaltet, so dass unsere Chorvereine in den beiden Staaten nach 1945 unterschiedliche Entwicklung nahmen.

In den westdeutschen Besatzungszonen wurde rigoros das Adorno-Verdikt (Empfehlung) umgesetzt.

Danach sollte die Pflege der deutschen Volksmusik geächtet werden, weil die Naziherrscher diese in ihrer sogenannten Gleichschaltung aufgenommen hatten.

So mussten zum Beispiel die Gesangvereine des Pfälzer Sängerbundes lange Zeit pausieren und später ihre Lizenz zum weiteren Bestehen in französischer Sprache beantragen. Erst ab 1949 wurde der Pfälzer Sängerbund wieder gegründet.

In den erwähnten westdeutschen Besatzungszonen wurde nach Kriegsende, nur der von den Nazis 1933 verbotene Arbeitersängerbund, mit dem Titel „Deutscher Allgemeiner Sängerbund“ wieder zugelassen.

In der russisch besetzten Ostzone, ich berichtete bereits früher schon darüber, wurde vom Oberbefehlshaber die Kulturarbeit in Verantwortung der 1895 gegründeten „Volksbühne“ übergeben.

Nach den Aufzeichnungen des Schackendorfer Chores begann man wieder 1948 mit den Chorproben. Alle Laienchöre in der Ostzone bekamen den Namen „Volkschor“.

Beschränkungen in der Arbeit mit dem deutschen Volkslied gab es auch, so war die deutsche Nationalhymne im Osten verboten, ebenso die „kriegerischen Textzeilen“ mancher Lieder. Später wurde die DDR immer mehr atheistisch und auch christliche Lieder waren nicht immer gewünscht.

Im Sommer 1948 kann ich mich entsinnen, haben wir sehr oft dem Veilsdorfer Männerchor beim Proben im „Gasthaus zur Linde“ zugehört.

Es war in den Nachkriegsjahren eine „arme Zeit“. Trotzdem wurde in Veilsdorf eine Volkssolidarität – Ortsgruppe gegründet (Vorsitzender der „Eckenbauer Peterhänsel), sie kümmerte sich um die armen Familien (mehrmals gab es in der Schule ein Frühstück, gespendet von der Volkssolidarität). Jährlich wurde ein Kinderfest mit Kletterbaum veranstaltet und 1949 gab es in Veilsdorf eine Tierschau.

In der Schule waren ab 1946/1947 einige Lehrstellen mit Junglehrerinnen besetzt, diese versuchten uns wieder an eine musische Grundbildung heran zu führen (Fräulein Rand -später Frau Wenzel und Frau Gramlich).

Anfang der 1950ger Jahre wurde von der Volksbühne und dem Volksbildungsminister angeregt, möglichst allen Kindern ein Musikinstrument zu lernen. So lernte ich mit einigen Klassenkamera-den in Schackendorf bei Fräulein Inge Müller Blockflöte spielen. Der Schuldirektor Herr Golbik hatte eine Mandolinen- und Gitarrengruppe aufgebaut und unser Geschichtslehrer Arnulf Posern lernte den Kindern das Akkordeonspielen. Zum zweiten Kinderferienlager des Porzellanwerkes in Saargrund 1952 spielte Herr Golbik mit seiner Gruppe zur Freude aller Kinder.

Die DDR hatte damals den Schriftsteller Johannes R. Becher als Kulturminister.

Nach einer ziemlich schweren Krankheit war ich von unserem damaligen Pfarrer Herrn Neumann nach Eisenach zur Kur ins Kinderheim „Hainleite“ geschickt worden. Dort war ich dann auf das Wartburgsängerfest des Deutschen Allgemeinen Sängerbundes der Bundesrepublik und der Sängervereinigungen des Chorwesens der DDR aufmerksam geworden.

Der Deutsche Allgemeine Sängerbund war trotz des „Adorno Verdikts“ in den westlichen Besatzungszonen nicht verboten und wurde durch die Mitglieder des „Arbeiter Sängerbundes Deutschlands“, welcher 1933 durch die Nazis verboten worden war, nach dem Krieg als „Deutscher Allgemeiner Sängerbund“ wieder in Westdeutschland zugelassen.

Im Jahre 1953 fand Ende Oktober das I. Wartburgtreffen Deutscher Sänger auf der Wartburg in Eisenach statt.

Die teilnehmenden Chöre gaben folgende, vielsagende Erklärung ab:

„Wir Vertreter von Chören aus allen Teilen unseres Vaterlandes haben uns am 24. und 25. Oktober 1953 in der für die deutsche Geschichte und die deutsche Kultur bedeutungsvollen Stadt Eisenach zusammen gefunden. Von der Wartburg herab bekunden wir, dass das deutsche Lied uns untrennbar verbindet.

Als Freundeskreis deutscher Sänger haben wir uns entschlossen, die Chöre, Vereinigungen und Verbände ganz Deutschlands aufzurufen, alljährlich auf der Wartburg gemeinsam zu singen.

Das „Wartburgtreffen 1954“ wird der Sehnsucht aller Deutschen nach Einheit und Frieden im Lied Ausdruck verleihen und ihr natürliches Recht auf ein geeintes Vaterland fordern.“

Unser Lied für eine glückliche Zukunft Deutschlands.

Einige Chöre der Wartburgsängerfeste nahmen an der 1. Chorolympiade in Paris im Jahre 1956 teil.

Diese Treffen der Chöre aus der BRD und der DDR wurden von 1953 bis 1956 durchgeführt.

Im April 1956 fand auf der Wartburg der II. Deutsche Chorkongress statt.

Dieser wurde mit einem Aufruf zur Beteiligung am IV. Wartburgtreffen der Sänger im September des gleichen Jahres beendet.

Es kam nicht zum IV. Sängertreffen, da sich vor allem in der gesamten Bewegung ideologische Einflüsse bemerkbar machten; auf beiden Seiten.

Auch in unserem Musikunterricht wurden sehr gerne die Lieder der „Arbeiter Batallione“, wie „Spaniens Himmel breitet seine Sterne über unsre Schützengräben aus…“ gesungen, und gerade solche Lieder wurden von den „Westchören“ natürlich abgelehnt.

Andererseits wurde das exakte Auftreten der Chöre aus dem Osten und die Literatur mitunter sehr gelobt.

Ab 1953 bis 1962 lernte ich bei Hermann Hopf aus Hildburghausen das Geigen spielen. Er lieh mir eine Geige und schenkte sie mir später. Dazu unterrichtete er mich in Musiktheorie.

Im Oktober 1956 bis 1962 war ich aktives Mitglied im Männerchor Veilsdorf und bewunderte Lehrer Walter Otto bei seiner Chorleitung. Viele Diskussionen hatte er mit den Veilsdorfer Sängern über die neue Literatur zu führen, solche Freiheitslieder wie „Tord Folleson“ aus Norwegen, wollte man nicht.

In der DDR waren, um die in den Chorbüchern des DSB „belasteten Lieder“ neu aufzulegen, neue Chorbücher vom Verlag „Edition Peters“ und dem Verlag „Volk und Wissen“ gedruckt worden. Auch das von beiden Sängergemeinschaften der Wartburgsängerfeste herausgegebene „Wartburgsängerbuch“ wurde von den Verlagen überarbeitet und entsprechend unserer Kulturpolitik bestimmte Lieder dazu genommen oder ausgetauscht. Mit dem Titel „Brüder am Werk“ Band I wurde es veröffentlicht; später folgten noch die Bände II. und III.

Nach der Lehrzeit ab 1958 war ich weiterhin Chorsänger im Männerchor Veilsdorf.

Wir heirateten am 12. August 1961; die ausgelassene Hochzeitsfeier unserer Familien, war nachts um 1.00 Uhr zu Ende - in Berlin wurde die Mauer gebaut.

Anschließend wurde verstärkte Werbung für die Volksarmee gemacht. Im November 1961 wurde dann die Wehrpflicht in der DDR eingeführt und unser Jahrgang war gleich bei den ersten Wehrpflichtigen dabei.

Zum Glück brauchte die Volkspolizei auch neue Mitarbeiter. So leistete ich einen Wehrersatzdienst und konnte bei meiner Familie bleiben.

Nach den politischen Querelen der Westmächte mit dem Ostblock ergaben sich vor allem für uns Deutsche im Osten, die endgültige Trennung durch den Mauerbau und dem Schaffen eines strengen Grenzregimes.

Der „Kalte Krieg“ nach der Gründung der Nato 1948 folgte nun das Militärbündnis der Oststaaten unter Führung der Sowjet-Armee.

Die ganze Gesellschaft war verunsichert und unsere Chorarbeit stagnierte.

Nach dem die Chöre und Gesangvereine wieder aktiver wurden, war vom Zentralhaus für Kulturarbeit in Leipzig für die Ausbildung und Weiterbildung von Musikgruppenleiter, ein DDR-weites Programm gestartet worden.

In Schackendorf stand das Jubiläum des Volkschores Schackendorf im Jahre 1965 bevor und man suchte fieberhaft einen Chorleiter. Nach dem meine Frau Selma das Angebot, den Männerchor zu übernehmen abgelehnt hatte, stand für mich die Frage eine Weiterbildung zum Chorleiter zu absolvieren.

Über den damaligen Musikschuldirektor in Hildburghausen Herrn Zinner erfuhren wir vom Fernstudiums-Angebot des Zentralhauses für Kulturarbeit in Leipzig.

So begann im März 1963 das Fernstudium mit den Abschlüssen zum Chor- oder Musikgruppen-Leiter der Grundstufe, Mittelstufe und Oberstufe. (Mit dabei waren aus Veilsdorf, Rolf Ullrich und Klaus Pohlig von der Blaskapelle).

Unsere Dozenten waren Helmut Kirchner (Chor- und Ensemble-Leiter) aus Heßberg, Volker Koch (Kirchenmusikdirektor) in Hildburghausen, Helmut Hartleb (Chor- und Ensemble-Leiter) aus Crock und der Stellvertretende Dirigent des Sinfonieorchesters Hildburghausen, Herr Thierse, er unterrichtete uns in dem Fach Musikgeschichte.

Da die Kreiskabinette Ilmenau, Hildburghausen und Sonneberg diese Lehrgänge organisierten waren auch die Teilnehmer aus diesen Landkreisen.

Aus unserem Kreis waren Gregor Seifert aus Simmershausen, Gerhardt Luther aus Heubach, Gerd Heerlein aus Waldau und ich, die das Studium mit einem Diplom als „Staatlich anerkannter Chorleiter der Oberstufe“ abschlossen.

Am 1. April 1965 führte ich die erste Chorprobe unter Beisein des Mentors und Lehrers Helmut Kirchner, beim Gemischten Chor „Volkschor Schackendorf“ durch.

Fortsetzung folgt!

Hans Pfeifer