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Wurzbacher Stadtkurier Amts- und Mitteilungsblatt der Stadt Wurzbach
Ausgabe 4/2023
Nichtamtliche Bekanntmachungen
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Arbeitsgruppe Stadtgeschichte

Liebe Wurzbacher,

nach unserem kleinen Winterschlaf möchten wir gerne wieder Ihr Interesse an der Geschichte unseres Städtchens wecken. Hierbei knüpfen wir an das bereits begonnene Thema, das kulturelle Schaffen, an. Dieses gestaltete sich in vergangenen Zeiten sehr vielfältig und war auch weit über die Grenzen Wurzbachs bekannt. Die von Clemens Zeumer komponierten Märsche sind der beste Beweis dafür. Nicht nur Günther Philipp war von dieser Musik begeistert. Zeumers Werke sind auch noch den Profis unserer Zeit bekannt. Ihre Gesichter strahlen und Stolz über den Besitz dieser Noten wird sichtbar. Das konnte man am Ende des Weihnachtskonzertes 2022 in der Nicolai-Kirche in Wurzbach beobachten, als sich der Organist Jürgen Schumann und seine ehemalige Klassenkameradin Renate Seidel (Akkordeonspielerin und Akkordeonlehrerin) über die mitgebrachten Musikstücke austauschten. Sie tauchten förmlich in die Notenblätter ein. Dem aufmerksamen Beobachter konnte die Begeisterung der Beiden am künstlerischen Schaffen Zeumers nicht entgehen.

Vielleicht waren es sogar die Noten zu diesem Marsch?

Inzwischen wissen wir auch, wo sich das Haus des damals Städtischen Musikdirektors befand.

In der Lobensteiner Straße gegenüber dem Friedhof zweigt ein kleiner Weg in Richtung der Flur Röder ab. Früher führte dieser zu den Neumeister-Teichen. Das davorliegende Grundstück war eingezäunt. Bärbel Winckler erinnert sich, dass an diesem Zaun gut sichtbar das Namensschild von Clemens Zeumer befestigt war. Dieses Schild musste die Passanten doch auch aufmerksam machen, denn dort befand sich auch Zeumers Musikverlag. Und dies sollte schon etwas heißen.

Später wohnte dort die Familie Kachold.

Auch der inzwischen 94jährige Wurzbacher Lehrer Heinz Stölzel weiß zu berichten, dass er als Kind oft mit seinen Freunden aus dem oberen Dorf zum Baden an diese Teiche ging. Dazu mussten sie an dem Grundstück vorbei und zogen immer wieder den Zorn der Besitzer auf sich. Die Schusswaffe des alten Kachold war das Beil. Zum Glück verfehlte es sein Ziel!

Ein weiterer Komponist und Musiker war Fritz Spindler, eigentlich Johann Friedrich Wilhelm Spindler. Er wurde am 22. November 1816 in Wurzbach geboren. Von seinem Wirken erfuhren wir erstmals durch einen Beitrag im Wurzbacher Stadtkurier. Verfasser war Wolfgang Bauer, Fachlehrer für Mathematik, Physik und Musik sowie Leiter der Regelschule Wurzbach.

Der Vater von Fritz Spindler, ebenfalls ein Wurzbacher, hatte die Dorothea Katharina Lorine Kübrich aus Titschendorf geheiratet. Die kinderreiche Familie ernährte er durch seine Tätigkeit als Uhrmacher, Maurer und Blattbinder. Zur letztgenannten Arbeit einige Erläuterungen.

Bis ins 19. Jahrhundert waren Bücher wie wir sie in ganz alten Bibliotheken, Archiven oder auch Museen finden können ganz seltene Exemplare. Bücher in größeren Auflagen waren vorwiegend gefalzt und buchweise zusammengetragene Bogen. Sie fanden also ungebunden ihren Käufer. Nur einige Exemplare ließ der Buchdrucker auf seine Kosten binden. Dabei handelte es sich durchweg um Muster.

Der kleine Fritz war musikalisch sehr begabt und musizierte gern auf seiner kleinen Geige. Das tat er am liebsten in der freien Natur. Der damalige Kantor Johann Martin Joch erkannte das Talent des kleinen Jungen und lehrte ihn das Orgelspielen. Damit kommt bei uns der Gedanke auf: Könnte der Friedrich Spindler bei dem Ur-Urgroßvater von Günther Philipp das Orgelspielen erlernt haben? Wir können es nur vermuten. Aber: Musikalisch begabt waren sie jedenfalls alle.

Wo wohnte die Familie Spindler in Wurzbach. Öfters fielen die Begriffe „Im Grund“, „In der Aue“. Wir sind der Sache nachgegangen und können heute mit Gewissheit sagen: Fritz Spindler wohnte in dem Haus, das später in den Besitz von Fritz Stadler überging.

Johann Friedrich Wilhelm Spindler ging nach seiner Konfirmation an das Schleizer Gymnasium. Diese Schule war dafür bekannt, dass dort für junge Leute aus dem reußischen Oberland umfangreiches Wissen zum Lateinischen und Griechischen vermittelt wurde. Der Schüler Spindler wollte jedoch lieber Musik studieren. Deshalb führte ihn sein Weg nach Dessau, obwohl er von seinen Eltern keine finanzielle Unterstützung bekommen konnte. Er durchlebte eine entbehrungsreiche Zeit. Während der Ferien kam er gerne nach Hause zurück und nutzte dabei die Zeit um mit seiner Schwester Julie Klavierkonzerte zu geben. Durch diese „Ferientätigkeit“ wurde er hier im Oberland bekannt und verlor nie die Verbindung zu seiner Heimat.

In diesen Jahren begann er auch mit seinen Kompositionen. Sogar im Leipziger Tageblatt wurde anerkennend über seine Sinfonien geschrieben.

Aus den Darlegungen von Wolfgang Bauer konnten wir entnehmen, dass Friedrich Spindler etwa 400 musikalische Werke schrieb. Die meisten davon waren Klavierstücke.

Mit seiner jungen Frau Emmelie zog er 1844 nach Dresden und wohnte dort im Künstlerviertel „Italienisches Dörfchen“. Hier wurde die Familie bald zu einem geistig - künstlerischen Mittelpunkt.

Über diese Schaffensjahre hat Wolfgang Bauer als Musiklehrer natürlich ganz ausführlich geschrieben. (siehe Stadtkurier 2016)

Friedrich Spindler war aber auch in Wurzbach bei musikalischen Veranstaltungen sehr gefragt. So hielt er während der Weihnachtsfeiertage im Jahr 1891 sogenannte Kränzchen ab. Im Jahr 1892 musizierte er zum Stiftungsball der Gesellschaft „Erholung“. Zum Maskenball im Jahr 1893 spielte er mit 9 Musikanten auf. Als Honorar für die 10 Musiker waren 40 Mark festgelegt worden. Ihre Getränke mussten die Herren sowie auch Herr Spindler selbst bezahlen. Diese Veranstaltungen wurden von der Gesellschaft „Erholung“ organisiert. In ihrem Protokollbuch, welches ausführlich vom Zahnarzt Johannes Bergmann in tadellosem Schriftbild und fehlerloser Rechtschreibung geführt wurde, kann das alles genauestens nachgelesen werden. Dieses interessante Dokument befindet sich in unserem Archiv.

Friedrich Spindler starb am 26.12.1905 in Radebeul bei Dresden.

Brunhilde Wegmann, Steffi Walther, Sigrid Laugisch