Wer war Fritz Offeney?
In der Vitrine meines Großvaters und später in der meiner Mutter stand immer eine Biedermeier-Porzellantasse, auf der in feinster Lupenmalerei ein Haus abgebildet war. Davor befand sich auf der Straße eine Kutsche mit zwei Pferden und einem Mann auf dem Kutschbock.
Es ist das Bild vom "Doktorhaus", heute Lobensteiner Straße 1, das meinem Urgroßvater von 1893-1930 gehörte.
Er war der erste Arzt in Wurzbach. Hier sitzt er auf dem Kutschbock und fährt zu einem Hausbesuch.
Wer konnte so ein feines Bild auf das Porzellan der Ansichtentasse malen?
In einem Brief meiner Großtante, die 1893 im Alter von 6 Jahren nach Wurzbach kam, findet man einen Hinweis. Sie schrieb 1968 an ihren Neffen: „Die Tasse mit dem Bild vom Wurzbacher Doktorhaus, möge Dir, lieber Erhard und Deiner lieben Familie, ein Gruß aus alten Zeiten sein. Ich habe den alten Porzellanmaler Offeney in Wurzbach noch gekannt und als Kind zuschauen dürfen bei seiner Tätigkeit am Ende des vorigen Jahrhunderts!"
Deshalb müsste ein Porzellanmaler Offeney vor 1900 in Wurzbach gelebt und gearbeitet haben.
Das Haus meines Urgroßvaters habe ich vor 20 Jahren gekauft, renoviert und darin jetzt ein Antiquitätengeschäft eröffnet.
Hier lernte ich zwei weitere Bürger von Wurzbach kennen. Frau B. ist ebenfalls im Besitz von vier bemalten Porzellantassen mit Ansichten vom Wurzbacher Marktplatz, einer Ansicht von Coburg, dem Wachter Haus und einem Bild von Naumburg.
Der Malstil ist eindeutig dem Porzellanmaler Offeney zuzuschreiben.
Ein weiterer Bürger ist im Besitz eines rechteckigen gerahmten Porzellanbildes, das ebenfalls in feinster Lupenmalerei den Durchzug des Fürsten Heinrich LXII Reuß jüngere Linie, über den geschmückten Marktplatz von Wurzbach im Jahr 1848 zeigt.
Die Rückseite ist ausführlich beschriftet und beschreibt das Ereignis, die Erstellung einer Zeichnung als Dokumentation und nennt einen Fritz Offeney, der das Porzellanbild 1849 nach erwähnter Zeichenvorlage malte.
Was wir wissen: Es gab einen hochtalentierten Porzellanmaler Fritz Offeney, der von 1848 bis 1900 in Wurzbach lebte und arbeitete. Er war ein sogenannter Hausmaler, das heißt, er bezog glasiertes Weißporzellan von diversen Manufakturen und bemalte sie dann mit Oxydfarben. Anschließend wurden die Tassen noch einmal gebrannt.
Was wir nicht wissen: Es fehlen die genauen Lebensdaten des Fritz Offeney. Nachweisen lässt sich, mit Bezug auf die Porzellanherstellung, ein Wilhelm Offeney, der von 1798 bis 1814 erfolgreich als Direktor der damaligen Porzellanmanufaktur Kloster Veilsdorf tätig war. Aus dieser Familie könnte Fritz Offeney stammen. Ebenso ist uns nicht bekannt, wo er in Wurzbach wohnte und arbeitete. Auch über seine Familie und eventuelle Nachfahren gibt es keine Informationen.
Auch wissen wir nicht, ob er einen Brennofen für den letzten Brand betrieb oder ob er seine Erzeugnisse in einer thüringischen Manufaktur brennen ließ.
Es ist eine spannende und anschauliche Wurzbacher Geschichte, mit Einblicken in das vorletzte Jahrhundert.
Für weitere Informationen wäre der Autor Matthias Effenberger aus dem Doktorhaus sehr dankbar.