Die Kirche Zella St. Blasii, Foto von Paul Hentschel.
Zeichnung der Kirche Zella St. Blasii auf deiner Versteinungskarte des Amtes Schwarzwald aus dem Thür. Staatsarchiv Gotha Geheimes Archiv OOII, 17a im Jahre 1642.
Die Handschrift von Johann Vitus Bößel aus dem Nachrichts und Meisterbuch für das Büchsenschäfter= und Tischler=Handwerk in Zella St. Blasii. Detail aus S. 11.
Das ist doch ein Grund zum Feiern.
Ein Wort zuvor:
Im zweiten Teil dieser kleinen Reihe wollen wir genaueres über den Brand der Kirche Zella St. Blasii im Jahre 1762 erfahren. Wir finden Berichte darüber in der Kirchenchronik von Zella St. Blasii ab S. 25 ff., in der Chronik von Th. Buddeus ab S. 29, und von Johann Vitus Bößel in dem Nachrichts und Meister=Buch für das Büchsenschäfter = und Tischler = Handwerk in Zella St. Blasii (mit den Muthungen nach dem Brand 1763 bis 1862). Klaus Suchardt gibt in seinem Bericht „Feuer im Tal - Brand macht Menschen arm“ im Buch 900 Jahre Zella St. Blasi, Mehlis, Zella-Mehlis von 2012, ab S. 141 den offiziellen Bericht „Acta über den entsetzlichen Stadtbrand von Zella St. Blasii am 24. May 1762“ wieder, die Vorlage für alle weiteren Berichte war.
Wie die Kirche vor dem Brand von 1622 bis 1762 ausgesehen hat, können wir aus einer kleinen Zeichnung aus dem Thüringer Staatsarchiv Gotha von 1642 ersehen.
Die Kirche Zella St. Blasii war eine Fachwerkkirche mit einem Dachreiter als Turm. Dicht daneben stand das Pfarrhaus mit der Adjunktur für das Amt Schwarzwald. Auch die Schule stand auf diesem Areal; sie war getrennt für die Jungen und die Mädchen. Durch die Ausgrabung aus dem Jahre 2013 konnten die Grundrisse freigelegt und dokumentiert werden.
Ich nutze hier einmal den Bericht des Schäftermeisters Johann Vitus Bößel, der diesen Bericht für die verbrannte und neuangeschaffte Meisterlade aufschrieb. Herr Dieter Grosch hat mir das Original für die Bearbeitung dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt.
Vitus Bößel schrieb am Ende seines Berichtes:
„Als ist obiges nachrichtlich durch Veranlaßung der Zeit Obermeister Christian Jacob Schlüttern, und Johann Wahlen, aufgezeichnet, und in die MeisterLade eingelagert worden, welche neuerlich wieder vermittelst einer Beysteuer von denen Herrn Directors der Königl. Preußl. Manufacturfabriquen von Podtsdamm a 94 rt. dem Handtwercke, aufgerichtet, auch hiervon, von denen schon benandten Ober Meistern zwey Leichentücher wieder angeschaffet und einige unentbehrliche Gerätschafften wieder errichtet worden. Zella den 6tn December 1762
Joh: Vitus Bößel conc.
Für die Darstellung des Brandes nutzt Johann Vitus Bößel den offiziellen Bericht des Amtmanns Caspar Hermann Stiehler und versieht ihn mit weiteren eigenen Anmerkungen das Büchsenschäfter- und Tischler-Handwerk in Zella St. Blasii betreffend.
Der Bericht für die Meisterlade: (Die Rechtschreibung entspricht dem Original)
„Pro Memoria [zur Einnerung] (Kurtze relation des Zellrischen Brandes den 24 ten May des 1762 ten Jahres)
Der 24te May des Jahres 1762 ten Jahres war der unglückliche Tag, an welchem durch Göttliches Verhängnis hiesige Stadt Zella St. Blasii durch ein wüthendes Feuer plötzlich in einen Aschenhauffen verwandelt worden ist. Nachmittag halb 2 Uhr hat sich solches in des Schloßmachers Johann Georg Marrens Hauße alhier entzündet, ohne daß man, weil dieser bey überhandt genommener Feuersbrunst, sich mit der Flucht davon gemacht, eigentlich sagen könne, wie es aus gekommen sey.“
Trotz aller Versuche den Brand mit den Feuerspritzen zu löschen, konnte das Feuer nicht eingedämmt werden. Johann Vitus Bößel schreibt weiter:
„... allein alle Menschliche Hülfe ist hier vergebens gewesen. Die vor diesem Brandt vorher gewesene Vielwöchentliche Dürrung, und Sonnenhitze, hatte bereits alles Holtzwerck und Gebäude zu leichter Entzündung zubereitet, und hat man bemercket, daß solches gleich dem Zunder an den entfernsten Ortten wo nur Funcken nieder gefallen, als bald Feuer gefangen haben. Zu diesem Umstand ist ein bey Menschen Andencken unerhörter Sturm und Wirbelwindt hinzugekommen, welcher das Feuer gleich nach seinem Ausbruch mit solcher Macht auf alle Seiten verbreitet, daß stadt eines einzelnen Brandes, in einigen Minuten schon an vier Enden die Stadt in Flammen gestanden, und die Verwirrung und Schrecken sämtlicher Einwohner algemein, und damit alle weitere Hülfe gäntzlich vereitelt worden. Von Minuten zu Minuten hat die Wuth des von dem Sturmwinde verstärckten Feuers unter einem erschrecklichen und noch nie erhörten Anstöße der Lufft immer mehr um sich gerissen, und mit einer Behendigkeit, wo fast kein Exempel vorhanden, sich vollends über den gantzen Orth verbreitet, welcher binnen einer halben Stunde mit allen seinen Gebäuden in vollen Flammen zu sehen gewesen, und in einer Zeit von weniger als zwey Stunden von Ausbruche des Feuers an zu rechnen, bereits zu Boden, und in der Asche gelegen; alle öffentliche Gebäude, Kirche, Schulen, Adjunctur, Diaconat, Forst=Hauß, Gasthoff, Schmiede, Maltz= Daarr= Brau= Backhauß, alle 3 Mühlen und alle Privat Häußer an der Zahl 295 nebst allen Scheuren, Ställen, fast alles Haußgeräthe der Einwohner, alle Vorräthe von Lebens Mitteln vor Menschen und Viehe, ist in so kurtzer Zeit bey der im Rauch aufgangen, unsere 2 Meister Laden mit Ihren Privilegien, Leichen Tüchern 2 Küpffern, Zinneren Cannen und sämtlichen Geräthschafften dem Handtwerck zugehörig, benebst der Gesellen Lade, mit Ihren Articuln, Wilkommen, Küpffern Cannen und allen der Gesellschaft zugehörigen Geräthschafften ist alles ohne die mindestens Ausnahme der wüthenden Flamme zu Theil worden, von unsern Mitmeistern sind an der Zahl 40 welche am Ende benahmet, benebst 3 Meisters Wittwen verunglücket, und lieget gegenwärtig die gantze Stadt zertrümmert unter dem Schutt, von welcher weiter nichts als der öde Platz, wo sie ehedem gestanden mehr übrig ist. Nichts als das auf einer Höhe von der Stadt abgesonderte liegende fürstliche Amtshauß, und einige hinter demselben, und an der oberhöffer, und Mehlißer Straße außer dem Bezirck der Stadt befindliche kleinen Häußergen auch die Gottesackerkirche, sind von dieser allgemeinen Zerstörung übrig blieben. Bey dieser schnellen Wuth der Flammen, und daraus erfolgten allgemeine Verwirrung, hat fast Niemandt etwas von seinen Haabseligkeiten davon bringen können, sondern jedermann hat bloß auf Rettung seines Lebens bedacht seyn müßen, und doch haben 14 Persohnen (als 1) der Herr Forstschreiber Müller nebst 2) deßen Magdt Susanna Elisabetha Ernstin 3) Meister Johann Jacob Popp einer von unseren Mittmeistern 4) nebst deßen ältesten Sohn Johann Heinrich Poppen 5) Fr Anna Barbara Reinhartin, Daniel Reinhardts hiesigen Gastwirts und Metzger Meister Eheweib 6) Valtin Seifferts Fuhrmanns hinterlaßene Witwe Catharina Margaretha 7) Tobias Anschützens Holtzhauers Eheweib Margaretha 8) Maria Barbara Schützin eine alte ledige Weibes Persohn 9) Susanna Heimin Veit Heimens hinterlaßene Wittwe 10) et 11) Adam Blaurock zwey Kinder als ein Knaben und ein Mägtlein 12) Peter Chüherten ein Mägtlein 13) Lorentz Wilhelmen ein Mägtlein 14) Herrn Organisten Schmitten Jüngstes Töchterlein welches letztere in der Flucht vom Dradthammers Dach welches der Wind abgehoben und getrieben erschlagen worden) ihr Leben dabey elendiglich eingebüßet, und sind theils von denen Flammen Lebendig verzehret, theils unter dem glühenden Schutt begraben worden, diejenigen welche hart sind beschädigt worden, und nachhero noch Todes Verfahren sind eingerechnet, der Leichnam des Adjuncti Herrn Gräffens verstorbenen Vatters, welcher eben beerdigt werden sollen, ist im Sterbhauße zu Pulver verbrandt, und Kranke und Wöchnerinnen haben von deren Ihrigen nicht anders als mit gröster Lebens Gefahr gerettet werden können. Verschiedene welche die Gaßen und Ausgänge der Stadt durch brennende Ruinen eingestürzter Gebäude versperrt gefunden, haben theils in den hierdurch fließenden Bach, theils in denen öffentlichen Brunnen Kästen ihr Leben gerettet. Was ein und andere von ihren Haabselichkeiten in Eyl denen über ihren Wohnungen herschlagenden Flammen noch entrißen haben, ist auf Wiesen oder Feldern, wohin man mit solchen geflüchtet, mehrentheils von denen weit herum getriebenen Funcken, und der in Glut gestandene Lufft noch angezündet und verbranntt oder von dem unerhörten Sturm wieder zerstreuet worden.“
In dem Nachrichts= und Meisterbuch wurden die folgenden Jahre durch Johann Vitus Bößel bis zum 3. Januar 1774 weiter beschrieben. Er schrieb:
„mit Zerstörung dieser Gemeinde Gebäude, und Verarmung aller Einwohner selbst ist fast gänzlich ruiniert, und dergestalden entkräfftet, daß Sie zu Wieder Aufbauung, nur derer zu Verschaff= und Zubereitung der zum Lebensunterhalt, und sonst gantz unembehrlichsten Gebäude als das Maltz= und Darrhaußes, Backhaußes, Brauhaußes und Gasthoffes in ihren eigenen Fonds keine Mittel vor sich siehet, derer eintzelnen Einwohner zu geschweigen, welche zu Wiederherstellung ihrer Wohnung, Nahrung, und Gewerbs sich gantz außer Stande befinden.“
Es ging erst einmal darum, die eigenen Wohnhäuser, die Gewerks- und die Gemeindegebäude wieder aufzubauen, damit das Leben und die Arbeit in den Familien und in der Gemeinde weiter gehen konnte. Dann aber wurde auch die Kirche in Angriff genommen.
Soweit erst einmal für diese Ausgabe.
In der nächsten Ausgabe werden wir den Bau der Kirche Zella St. Blasii und seine schwierigen Begleitumstände bis 1774, aber auch darüber hinaus bis zur Vollendung des Turmes im Jahre 1813 betrachten.
Wir feiern an dem Wochenende zum 1. Advent den 250. Geburtstag unserer Kirche.
Dazu gibt es ein Festprogramm:
Am Freitag, den 22. Nov. um 17:00 Uhr Vortrag in der Zellaer Kirche „250 Jahre Kirchbau Zella St. Blasii“ die Geschichte des Baues dieses Kleinodes.
Am Samstag, den 30. Nov. wird dann der Posaunenchor um 18:00 Uhr in dieser Kirche ein Bläserkonzert mit anderen Posaunenchören der Region gestalten.
Und am Sonntag, den 1. Dezember feiern wir einen Festgottesdienst mit der Kantorei und dem Posaunenchor Zella-Mehlis. Im Gottesdienst wird unser Regionalbischof Tobias Schüfer predigen.
Ich wünsche uns im Auftrag der Kirchgemeinde Zella-Mehlis bis dahin eine gesegnete Zeit
Ihr
Hans-Joachim Köhler, Oberpfarrer i.R.