Auf der Grundlage von § 24 der Gemeindeordnung (GemO) in der Fassung vom 31.01.1994 (GVBl. 1994, 153), und § 88 Abs. 1 Ziffer 3 und 7 der Landesbauordnung Rheinland-Pfalz (LBauO) vom 24.11.1998 (GVBl. 1998, 365), jeweils in der derzeit gültigen Fassung, hat der Stadtrat der Stadt Ingelheim in seiner Sitzung vom 18. Dezember 2023 folgende Satzung beschlossen, die hiermit bekannt gemacht wird:
Diese Satzung gilt im gesamten Stadtgebiet für unbebaute und bebaute Grundstücke, für Baulücken und für die äußere Gestaltung baulicher Anlagen auf diesen Grundstücken. Sie ist auf Vorhaben anzuwenden, für die nach Inkrafttreten der Satzung ein Bauantrag oder ein die baurechtliche Prüfung umfassender Antrag gestellt wird oder eine Vorlage der Genehmigungsfreistellungsunterlagen erfolgt.
Die Satzung bezweckt die Sicherstellung und Förderung einer angemessenen Durchgrünung und Gestaltung der Baugrundstücke und damit eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen, um einer Gefährdung der Gesundheit durch das Stadtklima entgegenzuwirken. Sie dient der langfristigen Beförderung der Klimaschutzziele der Stadt Ingelheim, einer gleichmäßigen Durchgrünung von Baugebieten sowie der Verbesserung der Wasserrückhaltung zur Vorsorge gegen Hochwasserereignisse.
(1) Nicht überbaute Flächen sowie unterbaute Freiflächen (Tiefgaragen, Tanks etc.) von Grundstücken sind unter Berücksichtigung vorhandener Gehölzbestände zu begrünen. Sie sind mit Bäumen und Sträuchern zu bepflanzen, soweit diese Flächen nicht für eine andere zulässige Nutzung, wie Stellplätze, Arbeits- oder Lagerflächen, Spiel- und Aufenthaltsbereiche benötigt werden. Dabei sind standortgerechte und vorzugsweise heimische Gehölzarten zu verwenden.
(2) Zuwege und Zufahrten sind auf ein Mindestmaß zu beschränken, nach Möglichkeit barrierefrei zu gestalten und - soweit es die Art der Nutzung und des Untergrundes zulässt - mit wasserdurchlässigen Belägen zu versehen.
(3) Der Anteil der gärtnerisch zu begrünenden oder als Grünfläche angelegten Flächen am Gesamtgrundstück darf die nachfolgend aufgeführten Festlegungen nicht unterschreiten:
| a) | in Kleinsiedlungsgebieten (WS) — 40 % |
| b) | in reinen (WR), allgemeinen (WA) |
| und besonderen Wohngebieten (WB) — 40 % |
| c) | in Mischgebieten (MI) — 30 % |
| d) | in Kerngebieten (MK) — 20 % |
| e) | in Gewerbegebieten (GE) — 20 % |
| f) | in Industriegebieten (GI) — 20 % |
(4) Im verdichteten Innenstadtbereich mit Vollversiegelung ist durch den Bauherrn bei Beantragung einer Maßnahme nach § 1 Satz 2 dieser Satzung im Einvernehmen mit dem Amt für Bauen und Planen der Stadtverwaltung Ingelheim ein abgestimmter Ausgleich der Maßnahme auf dem Grundstück durch Dach- und Fassadenbegrünungen, Baumpflanzungen gemäß § 4 dieser Satzung vorzunehmen.
(5) Ein der Satzung entsprechender Zustand hat auf Dauer zu bestehen.
(1) Mindestens 20 %, bei Gebieten nach § 3 Satz 3 Buchstabe e) und f) mindestens 50 % der nach § 3 zu begrünenden Fläche, sind mit hochwachsenden, standortgerechten bzw. heimischen Sträuchern und Bäumen (Qualität: Hochstamm 3 x verpflanzt, Stammumfang 18 - 20 cm) zu bepflanzen.
(2) Lagerplätze auf nicht gewerblich genutzten Grundstücken sind mit einem 3 m breiten Pflanzstreifen abzugrenzen. Auf je 100 m² Lagerplatz ist ein Baum in der unter Ziffer 1 festgesetzten Qualität zu pflanzen.
(3) Flachdächer und flach geneigte Dächer ab einer Gesamtfläche von 100 m² sowie von genehmigungspflichtigen Anbauten und Nebengebäuden auf bisher ungenutzten Flächen sind flächig und dauerhaft zu begrünen. Flächen für Photovoltaik und Dachbegrünung schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern sind kombinierbar.
(4) Großflächige, fensterlose Fassaden und Fassadenteile baulicher Anlagen sind ab einer Größe von 25 m² mit hochwüchsigen, ausdauernden Kletterpflanzen zu begrünen. Vorzugsweise sind selbstklimmende Pflanzen zu verwenden, alternativ sind Kletterhilfen mit Seilen oder Gerüsten sowie bepflanzte Systemlösungen möglich. Als geeignet gelten insbesondere Industrie- und Gewerbegebäude.
(5) Flachdächer von Garagen, Carports und Tiefgaragenzufahrten sind zu begrünen.
(6) Decken von Tiefgaragen außerhalb von Gebäuden, Terrassen, Zufahrten und Zuwegungen sind mit einem mindestens 0,80 m dicken, fachgerechten Bodenaufbau zu überdecken.
(7) Offene Stellplätze sind mit Bäumen zu überstellen (mindestens 1 Baum pro 4 Stellplätze, Qualität: Hochstamm 3 x verpflanzt, Stammumfang 18 - 20 cm) sowie mit wasserdurchlässigen Belägen zu versehen, wenn nicht Eigenheiten des Untergrundes dagegenstehen.
(1) Die Grundstücksfreiflächen zwischen Straße und vorderer Gebäudeflucht (Vorgärten) sind zu begrünen und zu unterhalten. Dies gilt entsprechend für Grundstücke an privaten Erschließungswegen.
(2) Die Begrünung soll ziergärtnerisch erfolgen und in angemessenem Umfang Bäume und Sträucher enthalten.
(3) Das Anlegen von Schottergärten, die Verwendung von wasserundurchlässigen Folien und die Umwandlung von Vorgärten in versiegelte Flächen ist nicht zulässig.
(1) Wenn die bestimmungsgemäße Nutzung von Grundstücken und Gebäuden eine Begrünung nach §§ 3 und 4 nicht zulässt, kann die Erstellung flächendeckender Rankgerüste und deren Begrünung oder andere Kompensationsmaßnahmen durch die Bauaufsichtsbehörde der Stadtverwaltung Ingelheim verlangt werden.
(2) Sollten nach dieser Satzung erforderliche Maßnahmen nicht durchführbar sein, sind sie in geeigneter Weise zu kompensieren. Die Entscheidung hierüber obliegt der Bauaufsichtsbehörde der Stadtverwaltung Ingelheim in Absprache mit dem Antragsteller.
Freianlagen sind innerhalb eines Jahres fertigzustellen. Die Herstellungsfrist beginnt ab der Fertigstellungsanzeige für die nach § 1 dieser Satzung beantragte Maßnahme an die Bauaufsichtsbehörde der Stadtverwaltung Ingelheim. Die Fertigstellung ist der Bauaufsichtsbehörde der Stadtverwaltung Ingelheim schriftlich anzuzeigen.
Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
| 1. | Freiflächen von Grundstücken nicht oder nicht in vorgegebener Qualität entsprechend §§ 3 und 4 begrünt, |
| 2. | geringere Anteile als in dieser Satzung gem. §§ 3 und 4 vorgeschrieben begrünt, |
| 3. | die Begrünung nicht innerhalb der nach § 6 festgesetzten Frist begrünt oder die Fertigstellung der Begrünung nicht anzeigt, |
| 4. | den dieser Satzung entsprechenden Zustand nicht dauerhaft erhält oder ohne Zustimmung der Bauaufsichtsbehörde der Stadtverwaltung Ingelheim beseitigt. |
Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis 10.000 € geahndet werden, bei fahrlässigen Zuwiderhandlungen höchstens bis 5.000 € geahndet werden.
Festsetzungen in rechtsverbindlichen Bebauungsplänen, in Vorhabens- und Erschließungsplänen sowie in anderen städtebaulichen Satzungen nach dem Baugesetzbuch (BauGB), die abweichende Regelungen treffen, gehen dieser Satzung vor. Belange des Naturschutzes und der Landespflege bleiben unberührt.
Diese Satzung tritt am Tag nach der öffentlichen Bekanntmachung in Kraft.
Hinweis:
Nach § 24 Abs. 6 GemO wird darauf hingewiesen, dass Satzungen, die unter Verletzung von Verfahrens– oder Formvorschriften der Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz oder auf Grund der Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz zustande gekommen sind, ein Jahr nach der Bekanntmachung als von Anfang an gültig zustandegekommen gelten. Dies gilt nicht, wenn
| 1. | die Bestimmungen über die Öffentlichkeit der Sitzung, die Genehmigung, die Ausfertigung oder die Bekanntmachung der Satzung verletzt worden sind, oder |
| 2. | vor Ablauf der Jahresfrist nach der Bekanntmachung die Aufsichtsbehörde den Beschluss beanstandet oder jemand die Verletzung der Verfahrens- oder Formvorschriften gegenüber der Stadtverwaltung unter der Bezeichnung des Sachverhaltes, der die Verletzung begründen soll, schriftlich geltend gemacht hat. |
Hat jemand eine Verletzung nach Nr. 2 geltend gemacht, so kann auch nach Ablauf der Jahresfrist jedermann diese Verletzung geltend machen.