„Auch ich hatte schon so einen komischen Anruf und wäre fast darauf reingefallen“, nur eine von zahlreichen Aussagen interessierter Bürgerinnen und Bürger bei einer Informations-Veranstaltung mit dem Kriminalpräventiven Arbeitskreis der Stadt Ingelheim. Eingeladen dazu hatte kürzlich die Sparkasse Rhein-Nahe rund 50 Kundinnen und Kunden ins Beratungs-Center in der Binger Straße. Vielen war die Thematik zwar geläufig, doch dazu, wie man sich wirksam vor derartigen kriminellen Übergriffen am Telefon schützen kann, gab es jede Menge Fragen und Antworten.
Mit einem Sketch machten Mitglieder des Arbeitskreises das Thema am Beispiel eines vermeintlichen Polizeieinsatzes gegen eine ebenso frei erfundene Diebesbande anschaulich. Geld- und Wertgegenstände wären zuhause nicht mehr sicher und sollten besser kurzzeitig in „polizeiliche Verwahrung“ gegeben werden. Jede dieser Lügen hat nur das einzige Ziel, das Gegenüber am Ende der Leitung zu verunsichern, unter Druck zu setzen und dazu zu bringen, einer „Vertrauensperson, die gleich vorbeikommt“ Geld und Wertsachen zu übergeben.
Sofortiges Auflegen schützt
Die als Enkeltrick bekannt gewordene Masche dreister und skrupelloser Telefonbetrüger kennt inzwischen viele Varianten. Vornehmlich geraten gezielt ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger ins Visier der Betrüger, die sich als Amtsperson, beispielsweise als Polizeibeamter, Anwalt oder Notar ausgeben. Entweder sollen Geld und Wertsachen vor gerade aktiven Einbrechern im Viertel „geschützt“ werden oder es winkt ein angeblicher Preisausschreiben-Gewinn. Wenn sich ein vermeintliches Familienmitglied meldet, geht es zumeist um eine vorgetäuschte finanzielle Notlage. Das kaputte Auto, die sofort fällige Kaution für die neue Wohnung oder der nicht bewilligte Kredit sind nur einige der erfundenen Lügengeschichten. Doch wie soll man erkennen, ob es sich um falsche Polizisten, um angebliche Handwerker oder um nahestehende Verwandte handelt, die dringend Hilfe in Form von Geld benötigen? Klare Aussage der Sicherheitsexperten: Auf keinerlei Gespräch einlassen, sofort auflegen und gegebenenfalls bei Angehörigen nachfragen, was los sei. Dabei stelle sich dann schnell heraus, dass man Telefonbetrügern auf den Leim gehen sollte. Bei dubiosen Anrufen sollte auf jeden Fall auch die Polizei informiert werden, rät Helmut Rüster, Sprecher des Kriminalpräventiven Arbeitskreises.
Täter nutzen oftmals eine spezielle Technik, die bei einem Anruf auf der Telefonanzeige der Angerufenen die Polizei-Notrufnummer 110 erscheinen lässt. Wichtig zu wissen: Die Polizei ruft niemals unter der Nummer 110 an, verlangt am Telefon auch keine Auskunft über persönliche Daten und holt niemals Geld und Wertsachen zur Aufbewahrung ab. Auch Bank-Beschäftigte fragen telefonisch oder per Internet keinerlei sensiblen Daten ab. Die Aussage eines Anrufers, man sei auf Falschgeld gestoßen und müsse jetzt dringend Spuren sichern, gehört ebenso in die Trickkiste raffinierter Betrüger wie die Behauptung, Bankmitarbeitern dürfe man nicht trauen.
Besonders perfide: Der sogenannte Schockanruf
Das Telefon klingelt! Eine Stimme fragt: „Bin ich mit Frau Maier verbunden?“, im Hintergrund weint jemand fürchterlich. Der unbekannte Anrufer gibt sich als Polizist aus, berichtet von einem von der Nichte angeblich verursachten Unfall, bei dem ein Kind schwer verletzt wurde. Dann schaltet sich ein vermeintlicher Rechtsanwalt, ein Staatsanwalt oder Richter ein und malt das Schreckensgespenst eines bevorstehenden Gefängnisaufenthaltes an die Wand. Und im Hintergrund immer noch lautes Weinen. Dazu „spielt“ das Ganze im Ausland, die Verbindung ist schlecht und der emotionale Druck wird von Minute zu Minute größer.
Spätestens jetzt sind die völlig verunsicherten Empfänger dieses sogenannten Schockanrufs in den Krallen der Telefonbetrüger und folgt deren Anweisungen. Wenn schnell eine größere Geldsumme bereitgestellt werde, könne man das Schlimmste verhindern, so der falsche Anwalt. Wie das Ganze weitergeht, liest man immer wieder in den Medien. Das Opfer beschafft die geforderte Summe, überweist den Betrag oder übergibt ihn einer völlig unbekannten Person in der vermeintlichen Gewissheit, geholfen zu haben. Das böse Erwachen kommt danach. Die Chance, die Kriminellen zu fassen, ist äußerst gering.
Bewusstsein schaffen kann helfen
In vielen Fällen von Telefonbetrug ist das Geldinstitut oft die „letzte Instanz“, die Opfer vor den Machenschaften der Betrüger und dem schmerzhaften Verlust meist hoher Geldbeträge schützen kann. Für die Sparkasse Rhein-Nahe Anlass genug, ihre Kundschaft mit Unterstützung des Kriminalpräventiven Arbeitskreises der Stadt Ingelheim über die gängigsten Betrugsmaschen und wirksame Vorbeugungstipps zu informieren. Sven Baumgärtner, Leiter des Beratungs-Centers, appelliert damit zugleich an die Sensibilität seines Teams, bei Wahrnehmung entsprechenden Verhaltens besonnen zu reagieren. So könne ein Betrugsversuch letztlich noch gestoppt werden.
Konsequentes Handeln verhindert Straftaten
Generell gilt: Sofort auflegen, wenn einem der Anruf „spanisch“ vorkommt, auf keinen Fall in ein Gespräch verwickeln lassen. Bei Aussagen wie „Rate mal, wer dran ist“ oder „Gratulation zum Hauptgewinn“ sollten sämtliche Alarmglocken läuten, auch wenn es um vermeintliche Computerprobleme geht. Falsche Mitarbeiter von IT-Unternehmen wie Microsoft oder Telekom versuchen so, an persönliche Daten ihrer Opfer zu kommen oder sich ins Netzwerk einzuschleichen. Dass ein naher Verwandter nach einem Unfall schwer verletzt im Krankenhaus liege und dringend auf die sofortige Überweisung eines hohen Geldbetrages angewiesen sei, ist ebenso unwahrscheinlich wie die Ankündigung einer Erbschaft, die aber nur durch eine sofortige Geldüberweisung zustande kommen könne.
Vorbeugung ist der beste Opferschutz
Durch Beachtung einfacher Vorsichtsregeln kann sich jeder vor der Gefahr eines Telefonbetrugs wirksam schützen und den Ganoven einen dicken Strich durch ihre verwerfliche Rechnung machen. So ist es auch hilfreich, einen veraltet klingenden Vornamen im Telefonbucheintrag mit dem Anfangsbuchstaben abzukürzen. Der Sprecher des Kriminalpräventiven Arbeitskreises, Helmut K. Rüster, appelliert an die Bevölkerung, innerhalb der Familie, im Freundes- und Bekanntenkreis sowie mit Nachbarn über das Thema Betrug am Telefon zu sprechen, um so Generationen übergreifend eine stete Aufmerksamkeit gegenüber diesem um sich greifenden kriminellen Handeln zu erzeugen. Wer die Tricks der Täter kennt und besonnen handelt, schützt sich vor Ärger und Schaden. Viele Straftaten könnten erst gar nicht geschehen, wenn überall und jederzeit einfaches, aber wirksam vorbeugendes Handeln die Regel wäre. Wer solche Verhaltensregeln und Sicherungsmaßnahmen beherzigt, signalisiert den Ganoven damit zugleich: Nicht mit mir!
Nicht die Angst vor kriminellen Gefahren und davor, selbst zum Opfer zu werden, sollte die Menschen in ihrem Alltag begleiten, sondern das Vertrauen in die eigene Stärke und die Fähigkeit, sich durch bewusstes Handeln wirksam vor kriminellen Übergriffen schützen zu können, so Rüster weiter.