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Sulzbacher Umschau
Ausgabe 35/2024
Geschichte der Woche
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„Wenn ich nach Hause gehe, bin ich dankbar und glücklich“

– Porträt Vorlesepatin Astrid von Sehlen

Lesen bildet - sowohl die Kinder, die Astrid von Sehlen unterrichtet, als auch die Vorlesepatin selbst. 2003 sieht sie einen Aufruf in der „Saarbrücker Zeitung“, in dem Ehrenamtler gesucht werden, die in der Sulzbacher Stadtbibliothek junge Menschen für das Lesen begeistern möchten. Sie meldet sich und ist nun seit 2004 als Vorlesepatin tätig. „Da sind pfiffige Mädchen und Buben dabei“, sagt sie und lächelt. Zu ihren Vorlesungen im Lese-Eck der Stadtbibliothek nimmt sie eine Handpuppe mit, die Lesemaus, mit der sie die Aufmerksamkeit der drei- bis sechsjährigen Besucherinnen und Besucher leichter für sich gewinnen kann. „Die Kinder lieben diese und wollen sie manchmal gar nicht mehr hergeben“, erzählt sie schmunzelnd.

Die Vorlesestunde beginnt jeweils mit einem Lied zur Begrüßung und endet mit einem zur Verabschiedung. Viele Kinder lernen erst durch das Vorlesen den Zauber eines Buches kennen. Als Vorlesepatin kann man zum Beispiel die Fantasie von Kindern anregen, ihre Bildungschancen erhöhen sowie ihre Persönlichkeit stärken. Astrid von Sehlens Tätigkeit übt sie im Normalfall einmal im Monat aus, manchmal auch zweimal, die Dauer ist jeweils 30 bis 45 Minuten. „Wenn ich nach Hause gehe, bin ich dankbar und glücklich“, sagt sie über das Ehrenamt, das sie offensichtlich erfüllt.

2015 kam dann in der Stadtbibliothek das Kamishibai hinzu, ein Erzähltheater nach japanischer Art. Dabei schiebt man einen Bildsatz in einen Bühnenrahmen und beginnt, Bild für Bild zu erzählen. Sie gibt den Kindern genügend Raum und Zeit, um die Geschichte interaktiv mitzuerleben. Zwischenfragen sind erlaubt, das Nachahmen bestimmter Geräusche oder Bewegungen erwünscht, denn das macht lebendiges Erzählen aus.

Doch das Engagement der Vorlesepatin, die rund 25 Jahre lang als Angestellte im öffentlichen Dienst tätig war, hört hier nicht auf. Denn daneben ist sie ehrenamtlich vor allem im Alten- und Pflegeheim St. Anna in Neuweiler tätig. Seit 2005 ist sie anfänglich mittwochs, nun jeden Dienstag vor Ort und begleitet eine Musik- und Singstunde. Dabei animiert sie die Bewohnerinnen und Bewohner zum Mitsingen und Mitklatschen. Einige würden sogar extra auf ihren Mittagsschlaf verzichten, berichtet Astrid von Sehlen stolz. „Die sind wirklich so lieb“, sagt sie schwärmend.

Sie selbst habe die Heimleitung seinerzeit angefragt, ob solch ein Animationsprogramm gewünscht sei. Das war der Fall, und so wurde ein E-Piano besorgt, das seitdem regelmäßig zum Einsatz kommt. Als Eröffnungslieder haben sich „Alle Vöglein sind schon da“ und zur Adventszeit „Alle Jahre wieder“ etabliert. Bei der Zusammenstellung des Repertoires hat sie darauf geachtet, dass die Bewohnerinnen und Bewohner die Lieder von früher her kennen. Daher benötigen einige den prall gefüllten Liederhefter gar nicht, da sie die Texte auswendig kennen und inbrünstig mitsingen. Es wird geklatscht, geschunkelt und gelacht.

Vor anderthalb Jahren wurde sogar ein Chor gegründet, der schon zweimal zum Einsatz kam. Mit Erfolg. „Es ist so schön zu erleben, wie froh es die Leute macht, wenn sie bestimmte Lieder oder Melodien erkennen und sich an früher erinnern. Die Singstunde ist für uns immer eine willkommene Abwechslung vom Alltag und auch ich bekomme sehr viel zurück. Wenn ich das aufgeben müsste, wäre ich schon sehr traurig.“

Aber bis auf das Aussetzen in der Corona-Zeit denkt sie bislang auch gar nicht ans Aufhören, da sie noch immer recht fit ist. „Dafür bin ich auch sehr, sehr dankbar.“ Astrid von Sehlen erinnert sich, dass sie auch vor mehr als 30 Jahren im Chor der Ludwigskirche in Saarbrücken gesungen hat. Das war die Chorgemeinschaft an der Saar, Verein für Musik in der Ludwigskirche e.V. Eine Kehlkopferkrankung beendete leider dieses Hobby. Konzerte mit Werken wie dem Weihnachtsoratorium, der Matthäuspassion oder verschiedene Kantatenkamen damals zur Aufführung. „Es waren wirklich tolle Aufführungen“, blickt sie etwas wehmütig zurück.

Privat mag sie Kompositionen von Bach und Beethoven, aber auch alle Opern von Richard Wagner am liebsten. Sie besucht gerne Konzerte in der Hochschule für Musik oder im Saarländischen Staatstheater.