Am vergangenen Donnerstag, dem 96. Geburtstag von Eugen Helmé, wurde in der Aula in Sulzbach zum 19. Mal der „Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis“ verliehen. Der mit 10.000 Euro dotierte Preis, der für außergewöhnliche Leistungen bei der Übertragung von französischen Texten ins Deutsche oder umgekehrt überreicht wird, würdigt das Andenken des Sulzbacher Übersetzers und Autors Eugen-Helmlé, der im November 2000 starb. Der Preis wird von der Stiftung des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes, dem Saarländischen Rundfunk und der Stadt Sulzbach verliehen. Dieses Jahr ging der vom SR initiierte Preis an die Übersetzerin Nicola Denis.
SR-Literaturredakteurin und Jurymitglied Tilla Fuchs moderierte die Feierstunde. Die Jury des Eugen-Helmlé-Übersetzerpreises 2023 setzte sich zusammen aus der Berliner Journalistin Susanne von Schenck, der Literaturbeauftragten der Direction Régionale des Affaires Culturelles (DRAC) der Region Grand Est in Metz, Colette Gravier, und Tilla Fuchs.
Bürgermeister Michael Adam hieß alle Ehrengäste und Anwesenden in der Aula herzlich willkommen und bedankte sich bei allen Akteuren des Festaktes. "Die Preisverleihung und viele weitere Veranstaltungen sind in unserer Stadt mittlerweile schon gar nicht mehr wegzudenken. Seit Jahresbeginn findet in Sulzbach in unserem deutsch-französischen Jahr nicht nur die eine oder andere Veranstaltung statt; nein, gleich das ganze Jahr steht unter diesem besonderen Motto. Durch dieses „Sulzbacher Élysee-Jahr“ wollen wir den Menschen bewusstmachen, wie wertvoll die deutsch-französische Freundschaft für beide Staaten und ihre Bürgerinnen und Bürger ist. Die Übersetzung von literarischen Werken ist ein Beitrag zur Völkerverständigung. Übersetzen ist eine hohe Kunst, denn bei ihrer Arbeit müssen die Übersetzerinnen und Übersetzer die richtige Wortwahl treffen und eine Sensibilität für die andere Sprache entwickeln. Damit das gelingt, müssen sie tief in die Kultur des anderen eintauchen. So leisten sie einen wertvollen und sehr wichtigen Beitrag und sind wahre Brückenbauer zwischen unseren Nationen", so Bürgermeister Adam in seinem Grußwort.
SR-Intendant Martin Grasmück würdigte weiterhin die herausragenden Leistungen der Preisträgerin und sprach in seinem Redebeitrag von Verständnis und Einblicken in die Lebenswelten diesseits und jenseits der Landesgrenzen, die Übersetzerinnen und Übersetzer mit ihrer sensiblen Arbeit vermitteln. „Einer „künstlichen Intelligenz“ würde niemals gelingen, was wir heute hier würdigen und ehren. Oder falls es ihr eines Tages gelänge, könnte die gesamte Menschheit ein Problem haben“, so Martin Grasmück.
Oswald Bubel, Vorstandsvorsitzender der Stiftung ME Saar, legte den Schwerpunkt in seiner Ansprache auf die Bedeutung der Übersetzerleistung und derer, die sie erbringen. „Wo durch unterschiedliche Sprache Barrieren entstehen, öffnen Sie Verständnisräume. Sie ebnen Wege in das Unbekannte, machen diese zu etwas Bekanntem und reißen damit Mauern ein“ sagte Bubel. Er schloss mit einem Zitat des Literaturnobelpreisträgers José Saramago: „Schriftsteller schaffen Nationalliteratur, Übersetzer schaffen Weltliteratur.“
Eine zu Herzen gehende Laudatio trug der Helmlé-Preisträger aus dem Jahr 2015, Hinrich Schmidt-Henkel, bei. Er hatte selbst Eugen Helmlé noch gekannt und nannte Nicola Denis „eine reflektierende Sprachkünstlerin, die ihr eigenes Tun während des Tuns beobachtet und analysiert und danach ausrichtet, wobei das Ergebnis ganz natürlich wirkt.“ Sie sei in mehrfacher Sicht bemerkenswert und Eugen Helmlé wäre mit dieser Preisträgerin ausgesprochen glücklich gewesen.
Die Gäste lernten durch die verschieden präsentierten Blickwinkel auf die Preisträgerin und deren Schaffen die Übersetzerin näher kennen: Nicola Denis ist 1972 in Celle geboren, studierte Germanistik, Kunstgeschichte und Romanistik. Bereits während des Studiums hatte sie sich mit Übersetzungsfragen beschäftigt. Immer wieder befasst sie sich auch mit den theoretischen Aspekten ihres Berufes und unterrichtet in Seminaren an den Universitäten Basel, Mannheim oder Göttingen. Seit 1995 lebt Nicola Denis mit ihrer Familie in Westfrankreich und arbeitet seit über 20 Jahren hauptberuflich als Übersetzerin. Inzwischen ist sie auch selbst Romanautorin und veröffentlichte 2022 ihr Debüt „Die Tanten“.
Die Preisträgerin bedankte sie sich – ganz nach Helmlés Vorbild - mit einer außergewöhnlichen, sprachgewandten Sicht auf ihre Biografie, die vollständig ohne den Vokal „e“ auskam. „Sobald das Lautbild sanft französisch klingt, bin ich glücklich“, schloss sie ihre Rede.
Die von Denis übersetzte Autorin Adèle Rosenfeld hatte selbst den Weg nach Sulzbach in die Aula gefunden, um im Anschluss an die feierliche Preisübergabe in einer gemeinsamen Lesung in deutscher und französischer Sprache ihren mehrfach ausgezeichneten Roman „Quallen haben keine Ohren“ vorzustellen.
Der Mitschnitt der Veranstaltung wird am 20. September um 19 Uhr 15 auf SR2 KulturRadio ausgestrahlt.
Die bisherigen Preisträger waren Tobias Scheffel (2005), Claude Riehl (2006), Andrea Spingler (2007), Nicole Bary (2008), Lis Künzli (2009), Olivier LeLay (2010), Holger Fock und Sabine Müller (2011), Alain Lance und Renate Lance-Otterbein (2012), Jürgen Ritte (2013), Cécile Wajsbrot (2014), Hinrich Schmidt-Henkel (2015), Anne Weber (2016), Simon Werle (2017), Olivier Mannoni (2018), Sonja Finck (2019), Corinna Gepner (2020), Andreas Jandl (2021) und Barbara Fontaine (2022).