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Sulzbacher Umschau
Ausgabe 38/2024
Thema der Woche
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Die Verwandlungskunst der Feder – Claire de Oliveira erhält den Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis

„Wörter werden umso geheimnisvoller, je tiefer man sie ergründet“: Diese Erfahrung machte Claire de Oliveira bereits als Kind. Im Alter von zehn Jahren versuchte sie, das Libretto von Mozarts „Zauberflöte“ ins Französische zu übertragen. Seither sind mehr als fünf Jahrzehnte ins Land gezogen und die gebürtige Französin ist seit Jahren bereits eine angesehene Übersetzerin. Nun erhielt sie für ihre Arbeit am Montag, 9. September, den renommierten Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis 2024 in der Sulzbacher AULA.

„Übersetzung bezweckt auch die Mitteilung von ästhetischen Emotionen“, sagte die Ausgezeichnete in ihrer Dankesrede. Es gehe eben darum, dass Leserinnen und Leser Freude am Text empfinden könnten, sowie an der Freude an sprachlichen Spielen. Sie empfinde eine „tiefe Dankbarkeit“ darüber, dass sich die Jury und die Stifter des Preises mit dem Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis für Qualität engagieren. Somit würden sie auch zur weiteren Verbreitung von deutschen sowie frankophonen Texten beitragen. Denn dies sei ein Beitrag, um die Freundschaft der beiden Völker weiter zu vertiefen, „die mir besonders am Herzen liegt“.

Claire de Oliveira hat in ihrer Jahrzehnte umfassenden Laufbahn wichtige Klassiker der deutschsprachigen Literatur neu übersetzt, etwa Werke von Joseph Roth, Elias Canetti, Franz Kafka oder auch „Der Zauberberg“ von Thomas Mann, den sie in einer vielfach preisgekrönten Übersetzung dem französischen Publikum völlig neu zugänglich machte. Seit 1996 übersetzt sie außerdem die Werke der Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller. Darüber hinaus macht Claire de Oliveira dem französischen Publikum auch rumänische Literatur zugänglich.

Folgerichtig hieß es in der Begründung der Jury auch: „Claire de Oliveiras Übersetzungen zeichnen sich durch Kreativität, Texttreue und eine genaue Kenntnis des literarischen und historischen Kontexts aus, in denen die übertragenen Werke entstanden sind. Für de Oliveira sind Literaturwissenschaft und Übersetzung ‚kommunizierende Röhren, die einander bedingen‘. Es sind ihre werktreuen und präzisen Übersetzungen, etwa von Herta Müllers Roman ‚Atemschaukel‘, die die Jury überzeugt, ja teils verblüfft haben.“

Die ehemalige Inhaberin des Lehrstuhls für Französische Literaturwissenschaft Patricia Oster-Stierle hielt die Laudatio und nahm Bezug auf die Übersetzung des Mann’schen Werkes, als sie sagte: „Das Zaubern scheint sie zu begleiten.“ Man könne nur staunen „über die Verwandlungskunst Ihrer Feder“. Ihr Werk zeuge von hohem Anspruch an sich selbst sowie an die übersetzten Texte.

Jens Colling, stellvertretender Vorsitzender der Stiftung ME Saar, betonte in seinem Grußwort, dass Übersetzungen „von entscheidender Bedeutung für die kulturelle Vielfalt und den kulturellen Austausch in unserer Gesellschaft“ seien. Tilla Fuchs, Literaturredakteurin des Saarländischen Rundfunks, moderierte den Abend und ein Hintergrundgespräch mit der neuen Preisträgerin mit Fokus auf den „Zauberberg“. Gemeinsam mit dem Schauspieler und Sprecher Jan-Aiko Zur Eck las de Oliveira zweisprachig aus „Der Zauberberg“ / „La montagne magique“.

Bereits im Vorfeld der Veranstaltung betonte der Bürgermeister der Stadt Sulzbach, Michael Adam: „Der Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis hat für die Stadt Sulzbach eine besondere Bedeutung. Als Partner der Preisverleihung haben wir die Möglichkeit, das Lebenswerk von Helmlé, der hier in unserer Stadt seine Heimat hatte, noch stärker ins Bewusstsein der Menschen zu rücken. Der Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis ist längst ein wichtiger Bestandteil des dichten Netzes deutsch-französischer kultureller Verbindungen. Übersetzerinnen und Übersetzer leisten durch ihre Arbeit einen wertvollen Beitrag dazu, unsere beiden Länder einander näherzubringen. Um dies zu erreichen, tauchen sie tief in die Kultur des anderen Landes ein und nehmen ihre Leserinnen und Leser mit auf diese Reise. Der neuen Preisträgerin, Claire de Oliveira, gratuliere ich von Herzen.“

Der mit 10.000 Euro dotierte Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis wird verliehen von der Stiftung des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes, dem Saarländischen Rundfunk und der Stadt Sulzbach. Damit möchte man das Andenken des bedeutenden Sulzbacher Übersetzers und Autors würdigen.