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Grafschafter Zeitung
Ausgabe 30/2022
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Dechant Jörg Meyrer las aus „Zusammenhalten“

Jörg Meyrer spricht zu den Besuchern der Lesung

RINGEN. sm. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Kultur im Rathaus“ fand im Rathaus Ringen am 22. Juli eine Lesung statt, musikalisch begleitet von Hans Albert Jahn an der Querflöte und Frank Luxem am Keyboard.

Zahlreiche Interessierte fanden sich ein, denn Dechant Jörg Meyrer aus Ahrweiler ließ sie an seinen Erlebnissen nach der schrecklichen Ahrflut teilhaben, die er in seinem Buch „Zusammenhalten – Als Seelsorger im Ahrtal“ verarbeitet hat.

Bürgermeister Achim Juchem begrüßte die Besucher und freute sich darüber, dass im Ratssaal nach langer Pause wieder eine Veranstaltung stattfinden konnte. Er ging einfühlsam auf die Situation nach der Flut ein, die vielen Menschen vieles abverlangt habe.

Jörg Meyrer, seit 20 Jahren Pfarrer in Bad Neuenahr-Ahrweiler und Ramersbach, die 2011 Teil der Pfarrei Bad Neuenahr-Ahrweiler wurden, und Dechant auch der Gemeinde Grafschaft, richtete am Beginn der Lesung seinen von Herzen kommenden Dank an die Menschen der Grafschaft. Sowohl Privatleute als auch die Gemeinde Grafschaft hätten den Flutopfern entlang der Ahr auf großartige Weise geholfen.

Als Seelsorger war er vielen betroffenen Menschen nahe. Er und seine Kolleginnen und Kollegen standen und stehen ihnen zur Seite, hören zu, sind für sie da und helfen, wo sie können.

Meyrer, der früher gerne am Ufer der Ahr joggte, bedauerte: „Das Erschütterndste aber ist: Ich kenne die Ahr nicht wieder. Nirgendwo. Sie ist mir fremd geworden“, ein Gefühl, das er mit vielen Menschen teilt. Er betonte, dass die Ahr so verletzt ist, wie sie verletzt hat. Aber er sehe heute dort Sonnenblumen, die früher nicht dort waren, die erzählten von einer Zeit, die wir noch nicht ahnen können - im Saal war es ganz still.

Sein Buch, das an diesem Abend auch käuflich zu erwerben war, beschreibt eindrücklich, wie er den Abend der unvorstellbaren Ahrflut in Ahrweiler erlebte, wie er die ersten Schreckenstage und die darauffolgende Zeit durchlebte. Das Zeitdokument handelt von Verzweiflung und Hoffnung, davon, wie er seine Erfahrungen beim Schreiben verarbeiten konnte und dass er hofft, dass die Menschen an der Ahr nicht vergessen.

In der Einleitung erzählt Meyrer, dass er das Buch an freien Tagen schrieb, meist außerhalb des Ahrtals: „Beim Wandern an der Mosel war der Laptop genauso dabei, wie beim Pilgern auf dem Camino in Spanien“. Meyrer berichtete vom Beten in schweren Zeiten und von kleinen Schritten zurück zur Normalität. Und zog die Zuhörer mit seiner authentischen Rede und offenen Sprache in Bann.

In „Zusammenhalten“ - mit einem Vorwort von Stephan Wahl - finden sich Fotografien von vor der Flut und nach der Flut, von der Krippe der Kirche St. Laurentius im Jahr 2021 in einem Schaufenster mit Puppen in Helferkleidung statt Hirten um die Heilige Familie, von der Kaffeebude auf dem Ahrweiler Marktplatz oder vom zerstörten Chorraum in St. Laurentius im April 2022 „Jetzt bauen wir wieder auf“.

Die Kapitel, von „Die Flut kommt“ über „Überleben - eine Nacht lang“ und „Der Tag danach“ bis zu „Alles ist uns genommen“, „Abschied von lieben Menschen“, „Wohin geht die Reise?“, „Unsere Stadt wird wieder bunt“ und viele mehr, beschreiben Wege durch das erste Jahr „danach“. Meyrer wünscht allen Leserinnen und Lesern, dass sie auf diesen Wegen mitgehen können, wenn es auch nicht immer einfache Wege sind. In Ringen nahm er die Zuhörer auf jeden Fall auf seinen Wegen mit.