Abschied von der Grafschaft für Wilhelm Hartmann (4.v.r.) und sein Team. Baustoffzeltleiter „Kaiser“ wollte den letzten Tag vor Ort nicht erleben.
GRAFSCHAFT. Traurige Gesichter sah man am Sonntag im Innovationspark Rheinland in der Grafschaft. Es war der letzte Tag für das „Baustoffzelt Kaiser“, einer vom Kreis Ahrweiler unterstützten Privatinitiative, die Betroffenen der Flutkatastrophe vom vergangenen Jahr mit gespendeten Baustoffen aller Art unter die Arme griff. Diese konnten bei Vorlage einer Betroffenheitsbescheinigung dort kostenlos Material erhalten. Initiator Wilhelm Hartmann aus Kassel sprach am letzten Tag von Waren im Wert von sieben Millionen Euro, die in das zunächst in Walporzheim errichtete und später in der Grafschaft aufgeschlagene Zelt geliefert worden waren. Zahlen, die am Ende nicht mehr nachvollziehbar waren, weil man im Baustoffzelt, dass mit Ausnahme seines Leiters „Kaiser“ von wechselnden Freiwilligen betrieben wurde, auf sämtliche Bürokratie und damit auch die Personalbindung für das Führen von Listen mit Ein- und Ausgangsbeständen verzichtete. „Teilweise wurden die Waren gleich vom LKW auf die Fahrzeuge der Abholer umgeladen“ berichteten die Mitarbeiter, hier sei eine Erfassung kaum möglich gewesen.
An diese Bürokratie und notwendige Belege klammerte sich aber der Kreisverwaltung, die im vergangenen Herbst den Beschluss zu einer Unterstützung des Baustoffzelts, des angrenzenden Übernachtungsdorfs „Wilhelmshafen“ und des Helfer-Shuttles, die allesamt in guter Nachbarschaft in der Grafschaft agierten, mit maximal 3,5 Millionen Euro beschloss. Auch weil vieles nicht nachvollziehbar sei, hatte der Kreistag im Frühjahr entschieden, das Baustoffzelt zum 31. Juli zu schließen. Das Übernachtungslager Wilhelmshafen war bereits vorher geschlossen worden, der Helfer-Shuttle hatte seine Tätigkeit Ende Mai in der Grafschaft eingestellt und beschränkt sich seither auf die Vermittlung von Helfern und Hilfesuchenden auf einer Internet-Plattform.
Auch der Rat der Gemeinde Grafschaft wollte ohne das Zutun der Kreisverwaltung die Flächen im Innovationspark nicht weiter den Hilfsorganisationen überlassen, die das Baustoffzelt eigentlich auf Spendenbasis ohne weitere Kreiszuschüsse weiterführen wollten, da ihrer Ansicht nach noch ein großer Spendenbedarf im Ahrtal bestehe. Vor allem dort, wo mangels Versicherungen aus staatlicher Hilfe nur 80 Prozent der Schäden erstattet würden, sei die Hilfe immer noch dringend geboten.
Die Kommunikation zwischen den Hilfsangeboten und den Behörden lief zuletzt nur noch auf Sparflamme, dafür gab man seine Standpunkte lieber über die Medien und das Internet preis. Noch am Sonntag habe es jedoch ein Treffen mit ADD-Vizepräsidenten Begoña Hermann gegeben, sagte Wilhelm Hartmann. Hierbei habe Hermann bekräftigt, Hartmann tätige in den sozialen Medien Falschaussagen und sie sei nicht mehr zur Zusammenarbeit bereit, sagte Hartmann gegenüber den Linus Wittich Medien.
Ab Sonntagmittag konnten nun keine Baustoffe mehr in der Grafschaft abgeholt werden. Helfer räumten das Baustoffzelt leer und verluden die Restwaren auf LKW. Das Material wurde zu einem ähnlichen Projekt nach Erftstadt gebracht und wird dort an ebenfalls von der Flutkatastrophe im vergangenen Jahr betroffene Menschen verteilt. Der dortige Leiter Tibor Schady war bei der Verladeaktion dabei und bekräftigte, im Nachbarland arbeite man gut und konstruktiv nach anfänglichen Schwierigkeiten mit der Politik zusammen, die die Notwendigkeit der Einrichtung erkannt hätten. Das hätte es sich für Rheinland-Pfalz auch gewünscht.
Während der Abbau des vom Landkreis angemieteten Baustoffzelts unmittelbar nach der Räumung begann, stehen die Wohncontainer des Projekts „Wilhelmshafen“ noch im Innovationspark. Für die Anlage sucht deren Besitzer Wilhelm Hartmann dringend eine neue Aufstellmöglichkeit, da er nach eigenen Angaben keine Kapazitäten zur Zwischenlagerung hat.