Auf absehbare Zeit wird sich an dieser Verkehrssituation wenig ändern.
BIRRESDORF. TW. Der lockere Spruch bewahrheitet sich immer wieder: „Nichts hält so lange wie ein Provisorium.“ Das gilt beispielsweise für die Behelfsbrücke über den Leimersdorfer Bach zwischen den Grafschafter Ortschaften Birresdorf und Leimersdorf. Die wird in diesem Jahr stolze sieben Jahre alt. Die Grafschafter Zeitung hat beim Grafschafter Bürgermeister Achim Juchem (CDU), der selbst auf dem Weg von und zur Arbeit täglich zwei Mal im Schneckentempo über diese Brücke fahren muss nachgefragt, wie lange die Menschen denn noch mit „Tempo zehn“ über vier von einstmals sechs knallharten Schwellen hoppeln müssen. Juchem konnte es selbst nicht genau sagen, aus seinen Aussagen aber geht hervor, dass auf keinem Fall vor dem Jahresende 2024 mit einem Ende des Provisoriums zu rechnen ist. Eher wird es 2025.
Was war überhaupt passiert? Der 4. Juni 2016 war ein schwarzer Tag für die östliche Grafschaft und das nordöstliche angrenzende Wachtberg. Über der Region bildeten wiederholt extremstarke Gewitterzellen, die in einem kleinräumigen Bereich über Stunden hinweg für sinnflutartige Regenfälle sorgten. Der Leimersdorfer Bach wurde zu einem reißenden Gewässer, aus einem Wohnhaus direkt am Bach wurde eine komplette Hauswand gerissen, die Menschen mussten sich schwimmend in Sicherheit bringen. Wenige Meter weiter spülten die Wassermassen die Brücke der Landesstraße 79 komplett weg und ein Stück tiefer lief das große Regenrückhaltebecken vor Nierendorf über, in der Folge kam es in diesem Ort zu Millionenschäden. Im Dezember 2016 konnte dann die heute noch installierte, einspurige Behelfsbrücke eingehoben werden.
Zwischenzeitlich geschah eine ganze Menge. Der Grafschafter Gemeinderat beschloss nicht einfach nur den Wiederaufbau der Brücke. Ganz im Gegenteil, es wurde eine Fülle weiterer Maßnahmen geplant. So soll mit der Bachquerung eine Neugestaltung und Begradigung der unfallträchtigen Strecke zwischen Leimersdorf und Birresdorf einhergehen. Parallel soll ein Radweg entstehen. Das gesamte Gebiet sollte zudem zur Regenrückhaltung ausgebaut werden, anstelle einer Brücke soll eine Art Damm entstehen. Einmal am zeichnen, wurde weiter geplant. Neben dem vorhandenen Verbandssammler für Mischwasser des Abwasserzweckverbandes geht es um Transportleitungen für Wasser, Gas, Strom und Telekommunikation. Weil der Damm mit rund 25.000 Kubikmetern Erde aufgeschüttet werden muss, bot sich eine Kombination der Maßnahme mit der geplanten Renaturierung der Auenlandschaft in Niedernierendorf an. Diese aber geht parallel mit dem Neubau der Landesstraße 80, die parallel zu den Auen verläuft. Dort fallen 70.000 Kubikmeter Erde zum Abtransport an.
Die beiden Großmaßnahmen galt und gilt es, unter einen Hut zu bringen. Für die Gemeinde Grafschaft ein Riesen-Akt, sind und waren doch alleine 16 Behörden und Ämter mit all ihren Vorstellungen zu berücksichtigen und auch noch etliche Grundstücksfragen mit Eigentümern zu klären. Zwischenzeitlich zog sich der zu planende Bereich bis nach Birresdorf weiter. Im Süden des Dorfes werden Autofahrer durch eine Barriere an der direkten Auffahrt von der Kirchgasse auf die L79 gehindert. „Zu gefährlich, weil im Außenbereich“ sagt der Landesbetrieb Mobilität (LBM). Nach einer Novelle im Baugesetzbuch bot sich dann jedoch gleich neben der Kirchgasse die Erschließung eines kleinen Baugebiets „Auf den Steinen“ an. Es wurde weiter geplant, nämlich die Anbindung des Bereichs über einen Kreisverkehr an die L79. Trotzdem es eine Landesstraße ist, übernimmt die Gemeinde Grafschaft die Kosten für den Kreisel, hat dann aber auch eine zweite Ortsausfahrt im Birresdorfer Süden.
Wie sieht die aktuelle Zeitschiene aus? Als SPD-Ratsmitglied Günter Bach Anfang 2022 die Frage nach dem Baubeginn an Bürgermeister Juchem stellte, sagte dieser: „Mit ein wenig Glück wird es zu einem Baubeginn Ende 2022 kommen.“ Das ist lange her. Es mussten noch einige dicke Bretter gebohrt werden, so war die teilweise Verlegung des Radwegs notwendig geworden, weil sich ein Anlieger gegen die Trasse wehrte. Für immer neue Verzögerungen sorgten aber auch Corona-Einschränkungen im persönlichen Behördenverkehr, Personalmangel bei der Gemeinde Grafschaft und anderen Behörden, mangelnde Verfügbarkeit von Ressourcen nach der Flutkatastrophe im Ahrtal sowie gesundheitliche Einschränkungen bei ausführenden Planern.
Aktuell sieht es so aus, dass die Ausschreibung für die Auenrenaturierung in Niedernierendorf für das vierte Quartal 2023 geplant ist. Im Vorfeld sollen erste Erdmassen Richtung Birresdorf bewegt und dort gelagert werden. Baubeginn der Renaturierung wäre im Frühjahr 2024, für die parallellaufende Straße im Herbst 2024. Für die L79 bei Birresdorf sollen die Unterlagen der Genehmigungsplanung im vierten Quartal 2023 vorgelegt werden, für das Genehmigungsverfahren wird danach mit drei bis vier Monaten gerechnet, danach kann die Ausschreibung der ersten Maßnahmen erfolgen, sollte es keine Klagen geben. Die Bauzeit wird auf eineinhalb Jahre geschätzt.