Bilder, die die Gelsdofer nicht mehr sehen sollen: erst Hochwasserschutz und Kanalisation in den Griff bekommen, dann kann das Baugebiet kommen, machte der Ortsbeirat erneut klar.
GRAFSCHAFT. TW. In der Gemeinde Grafschaft laufen die Bemühungen um neues Bauland vor allem für junge Familien seit Jahren auf Hochtouren. Unter anderem ist in Gelsdorf ein großes Baugebiet „Auf dem Wildacker“ in der Planung. Hierzu galt es in den gemeindlichen Gremien im Frühjahr 2023 Entscheidungen zur endgültigen Größe und Lage des Geltungsbereichs zu treffen, wobei es in erster Linie um eine geplante Ortsumgehung ging, die mit dem Baugebiet einhergehen soll. Wegen der großen Bedeutung für Gelsdorf, wurde der Ortsbeirat gleich zwei Mal beteiligt. Bei diesen Abstimmungen und den dazugehörigen Beratungen saß Ortsvorsteher und Ratsmitglied Andreas Ackermann (CDU) mit am Tisch und votierte auch mit. Nachdem die Gemeindeverwaltung im Nachhinein einen Hinweis über eine mögliche Befangenheit Ackermanns erhalten hatte und der Sache nachging, wurde nun klar: es lag ein sogenanntes Sonderinteresse Ackermanns vor, er hätte an keiner der Beratungen und Abstimmungen teilnehmen dürfen, die jüngsten Beratungen über die Festlegung des Geltungsbereichs müssen im Ortsbeirat, Bauausschuss und Gemeinderat erneut zur Abstimmung gestellt werden. Der Ortsbeirat machte nun den Auftakt.
Im Grunde genommen geht es bei der Festlegung des Geltungsbereichs um den Verlauf der Umgehungsstraße, die in Höhe des Nachversorgungszentrums westlich von Gelsdorf beginnen und den Ort südlich umgehen soll. Die Frage war, ob besagte Straße mit einem Kreisverkehr in Höhe des östlichen Ortseingangs gegenüber der Straße „Hinter der Hage“ wieder an die L83 angebunden werden soll oder ob die Anbindung ein ganzes Stück weiter in Richtung Vettelhoven erfolgen soll. Die kürzere Variante bedeutet nach Ansicht einiger Bürger ein erhöhtes Verkehrsaufkommen im Ort und vor allem im Neubaugebiet „Hinter der Hage“, dass die Möglichkeit der Abkürzung für Fahrten in Richtung Meckenheim bietet, sowie den Verlust einer Obstbauplantage. Die längere Variante könnte bei einer möglichen weiteren Baulandausweisung in ein paar Jahren zu weiteren neuen Baugrundstücken in Gelsdorf führen. Die aktuelle Planung mit rund 50 Baugrundstücken, einer Schule, einer Umgehung und einem Hochwasserschutzdamm aber genügt dem Ort und vor allem dem Gemeinderat, wie dieser seinerzeit mehrheitlich entschied.
Das Prekäre an der ganzen Sache: eben Gelsdorfer Ortsbeirat hatte bei seinen Beratungen im Frühjahr bekundet, man könne ganz gut auf eben jenes Baugebiet, für das der Aufstellungsbeschluss im Jahr 2018 gefasst wurde, verzichten und das ganze Thema unerwartet komplett abgelehnt. Dass sorgte für recht verdutzte Gesichter im Gemeinderat und in den Fachgremien. Nur die Grünen zeigten sich als Gegner der Baumaßnahme positiv überrascht und forderten erfolglos die sofortige Einstellung des Verfahrens. Hintergrund der ganzen Aktion war, dass Gelsdorf zuletzt immer wieder Probleme bei Starkregen hatte. Wasser floss unkontrolliert von Süden in den Ort, die Kanalisation war mehrfach überlastet, Straßen und Keller wurden geflutet und Häuser beschädigt. „Erst die Hochwasserproblematik lösen, dann ein Baugebiet schaffen“, war die Argumentation im Ortsbeirat, die die Ablehnung hervorrief. In den Beratungen auf Gemeindebene war das überraschende Votum des Ortsbeirats dann mehr oder weniger überstimmt worden, zumindest wurde hier der Beibehalt der ursprünglichen Planung beschlossen.
Jetzt muss die Festsetzung des Geltungsbereichs erneut beschlossen werden. Bei der jüngsten Sitzung des Gelsdorfer Ortsbeirats am Montag saßen dabei gleich acht Gemeinderatsmitglieder im Zuschauerraum. Für den nun vom Tisch gerückten Ortsvorsteher Andreas Ackermann übernahm dessen Stellvertreter Rainer Binz die Leitung. Der Ortsbeirat zeigte sich vorbereitet. Trotz der Tatsache, dass nur vier von acht Mitglieder an der Beratung teilnahmen, sei da Gremium in diesem Punkt laut Gemeindeordnung beschlussfähig, betonte Binz. Einstimmig beschlossen wurde, die längere Umgehungsvariante zu präferieren mit einem Anschluss der Umgehung an die L83 außerhalb der Ortslage Gelsdorf. Allerdings lehnt der Ortsbeirat auch eine mögliche spätere Erweiterung des Wohngebietsbereichs ab und wünscht sich auf der verbleibenden Fläche innerhalb der Umgehung eine parkähnliche Ausgleichsfläche. Zudem setzte der Ortsbeirat Prioritäten: „Die Umsetzung des geplanten Wohngebiets soll erst nach Behebung der Kanalprobleme beginnen, um eine zusätzliche Belastung des Kanals zu verhindern“, so der Beschluss.
Dass Andreas Ackermann trotz Befangenheit im Frühjahr mit abstimmte, begründete er gegenüber der Grafschafter Zeitung damit, dass er auch bei einer früheren Abstimmung im Thema „Wildacker“ nach Rücksprache mit der Verwaltung abstimmen durfte. Dabei ging es jedoch lediglich um den Verlauf der Umgehungsstraße. Weiter als ein Jahr zurückliegende Beschlüsse zum Baugebiet Wildacker, wie der Aufstellungsbeschluss aus dem Jahr 2018, müssen nicht erneut beraten und abgestimmt werden. Hier sind die Einspruchsfristen abgelaufen.