Fenster und Türen sind verriegelt, die Bank in Gelsdorf ist geschlossen.
GRAFSCHAFT. TW. Rund eineinhalb Jahre nach der Sprengung der Raiffeisenbank im Innovationspark Rheinland mit großem Sachschaden, hat die dortige Bankfiliale wieder geöffnet. Praktisch im Gegenzug kam wenige Tage später das „Aus“ für die Gelsdorfer Filiale. Ausgerechnet im genossenschaftlichen Herz der Gemeinde Grafschaft, dem Raiffeisen Handelszentrum bei Gelsdorf, gibt es nun keine Bankfiliale mehr. Fast zeitgleich aber will das Bankhaus expandieren und strebt eine Fusion mit der VR-Bank Bonn/Rhein-Sieg an, wie es jetzt bekanntgab.
Beide Themen haben jedoch nicht allzu viele miteinander zu tun, machte Vorstand Mathias Lutz im Gespräch mit der Grafschafter Zeitung deutlich. Auch wenn die Grafschafter Filialen in Lantershofen und Gelsdorf nun geschlossen seien, bleibe die Gemeinde ein wichtiger Markt für die Bank. Aber Lutz sagt auch: „Wir können nicht überall präsent sein und zwei Leute, die sie nach Versicherungsrecht in der Filiale haben müssen, den ganzen Tag dort sitzen lassen, wenn da nichts passiert.“ Im März habe man die Geschäftsstellen einer Kundenstromanalyse unterzogen und sich mit den Mitarbeitern ausgetauscht. Im Ergebnis wurden die Filialen und Gelsdorf und Wormersdorf geschlossen, zwei weitere Geschäftsstelen mit Videoservice ausgestattet und bei weiteren vier die Öffnungszeiten reduziert.
Neben der Frequenz spielt auch die Sicherheit eine Rolle. Wormersdorf und Gelsdorf bergen wegen der Autobahnnähe ein hohes Gefahrenpotential. Dass sei in Ringen auch so, hier aber sei die Frequenz höher. „Daher haben wir das Gebäude nun auch gekauft und die Sicherheit erhöht“, so Lutz. Vom Gelsdorfer Ortskern zur nächsten Filiale nach Altendorf-Ersdorf aber sei es nicht viel weiter, als ins örtliche Gewerbegebiet. In Altendorf-Ersdorf kümmern sich nun vier Mitarbeiter um die Kunden. Ein weiterer Punkt: die Handelsgesellschaft will in Gelsdorf erweitern und benötigt die Fläche. Immerhin können Kunden des Raiffeisenmarktes dort bei einem Einkauf gleichzeitig an der Kasse Geld vom eigenen Konto abheben. Lutz sagt aber auch, nach der Corona-Pandemie sei die Nutzung von Bankfilialen bundesweit extrem zurückgegangen. Zudem finden die Bankhäuser Personal für kleine Filialen nur noch schwer. Aber mit elf Geschäftsstellen sei die Raiffeisenbank durchaus noch erreichbar, zieht der Bankverstand Vergleiche mit dem Sterben von Landarztpraxen oder Tante-Emma-Läden.
Letztlich sieht Lutz auch eine Änderung des genossenschaftlichen Ansatzes. Man könne nicht mehr denken, zu Raiffeisens Zeiten. „Wir versuchen, den Gedanken neu aufzugreifen und in die Moderne zu übertragen. Es nutzt uns nix, wenn wir hier in der Tradition sterben“, so die klare Aussage, die auch die Fusionsabsichten begründet.
Für den Grafschafter Bürgermeister Achim Juchem passt der Rückzug aus der Fläche zu der Entwicklung so manches Dienstleisters in den letzten Jahren, auch unter dem Kostendruck im Bankenbereich durch die zunehmende Nutzung des Onlinebankings, des bargeldlosen Zahlungsverkehrs oder der Auszahlung von Bargeld ganz bequem an der Supermarkt-Kasse. „Bei allem Verständnis ist es dennoch eine Schwächung der Infrastruktur in unserer Gemeinde und wahrscheinlich gerade für Senioren und Seniorinnen, die die direkte und vertrauliche Ansprache ihres Bankberaters vor Ort sehr geschätzt haben, ein schmerzhafter Verlust“, so Juchem. Der Gelsdorfer Ortsvorsteher Andreas Ackermann sieht eine Fortsetzung der Politik der Bank, die ihre Filiale vor zwölf Jahren aus dem Ort Gelsdorf in das Gewerbegebiet verlagerte, was vor allem ältere und nicht-mobile Menschen traf. Die Aufgabe des Standorts aus Sicherheitsfragen kann Ackermann nachvollziehen. Der Bürge habe aber nur eine Stimme, wenn er das Angebot auch nutze und den Kundenkontakt ins umliegende Gewerbe aufrechterhalte.