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Grafschafter Zeitung
Ausgabe 44/2023
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Die Grafschaft ist weiter im Blickfeld beim Aufbau der Ahrtalbahn

Bei Gelsdorf wurde Beton zermahlen, der aber stammte wohl nicht aus dem Ahrtal.

Nach dem Betonbrechanlagen-Wirrwarr kocht nun vor allem die Gerüchteküche hoch

GRAFSCHAFT. TW. Wie sehr ist die Grafschaft in den Wiederaufbau der Ahrtalbahn involviert? Rund um diese Frage ranken sich derzeit in der Gemeinde nördlich des Ahrtals eine Fülle von Gerüchten, Vermutungen, Halbwahrheiten und vereinzelten Fakten. Im Mittelpunkt steht dabei der Ort Gelsdorf, in dessen Gemarkung Anfang August alles begann. Damals waren plötzlich Planierarbeiten in der Feldflur unmittelbar an der Landstraße L83 zwischen Vettelhoven und Gelsdorf festzustellen. Recherchen der Grafschafter Zeitung ergaben, dass ein Gelsdorfer Landwirt der Deutschen Bahn beziehungsweise dem mit dem Wiederaufbau beauftragen Unternehmen Leonhard Weiss beidseits der Landstraße rund 3,5 Hektar Ackerland verpachtet hatte. Dort sollte dem Vernehmen nach zunächst eine temporäre Betonbrechanlage errichtet werden, in der die Trümmer der bei der Flut am 14./15. Juli 2021 zerstörten Eisenbahnbrücken der Ahrtalbahn zerkleinert werden sollten. Auch von einem temporären Betonwerk war die Rede.

Schnell wurde jedoch klar, dass keinerlei Behörde von irgendetwas wusste und somit auch niemand eine Genehmigung für eine solche Anlage im Außenbereich erteilt hatte. Das wäre nämlich Sache der Kreisverwaltung Ahrweiler oder der Struktur- und Genehmigungsbehörde (SGD) gewesen. Die Folge: Unmittelbar nachdem sie mit der Sachlage konfrontiert worden war, verhängte die Kreisverwaltung einen Baustopp und verfügte, dass ein Entwässerungsgraben, der bei den bis dato gemachten Arbeiten in Mitleidenschaft gezogen wurde, wiederherzustellen sei. Das ausführende Unternehmen tat, wie ihm geheißen, und reichte wohl nun auch endlich Anträge für die geplante Errichtung der Anlagen ein.

Die Bahn informierte parallel dazu darüber, dass ihr zumindest die Genehmigung für die Vorbereitungen zur Einrichtung einer Baustelle vorliegen würden. Danach passierte erst einmal nach außen recht wenig.. Die noch mehrere Wochen lang auf dem Gelände platzierten Maschinen wurden abgezogen und der Bereich zur Landstraße hin mit Bauzäunen abgesperrt.

Zu einem Rückbau kam es indes bislang nicht. Ende August hieß es dann, die Kreisverwaltung habe erklärt, der Baustopp sei aufgrund geänderter Pläne der Deutschen Bahn hinfällig. Nach der aktuellen Planung solle auf dem Gelände jetzt eine Lagerstätte für Baustoffe wie Sand und Kies errichtet werden. Das wiederum rief die Grafschafter Grünen auf den Plan, die sich fachkundigen Rat beim Diplom-Geologen und Umweltexperten Jens Gutzmer einholten. Der behauptet, auf besagter Fläche könne nicht ohne Genehmigung weiter gebaut werden.

„Aufgrund der in der Landesbauordnung (LBO) vorgegebenen Regelungen ist auch bei einem Lagerplatz, der als ‚Bauliche Anlage’ gilt, eine vollumfängliche Baugenehmigung erforderlich“, zitieren die Grünen den Experten in einer Pressemitteilung.

Demnach würden die Voraussetzungen für ein „genehmigungsfreies Vorhaben“ nach LBO oder für ein nicht genehmigungspflichtiges Verfahren im „Freistellungsverfahren“ oder für ein „vereinfachtes Genehmigungsverfahren“ nicht vorliegen. Ergo sei ein Bauantrag bei der Gemeindeverwaltung einzureichen, die dieses mitsamt einer Stellungnahme an die Bauaufsichtsbehörde weiterleitet.

Eine Bahnsprecherin bestätigt: „Grundsätzlich beabsichtigt die Deutsche Bahn weiterhin, die Fläche bei Gelsdorf zu nutzen. Sie ist aufgrund der begrenzten Lagerflächen entlang der Bahntrasse erforderlich, um den engen Zeitplan für den Wiederaufbau der Ahrtalbahn bis Ende 2025 halten zu können. Eine mobile Aufbereitung von Betonabbruch ist nicht mehr geplant. Die Fläche soll vielmehr zur Lagerung von Neustoffen verwendet werden. Seitens der SGD steht dem auf dieser Fläche nichts entgegen, sie kann in der vorliegenden Form genutzt werden. Die Nutzung bedarf keiner Genehmigung nach der 4. Bundesimmissionsschutzverordnung, was durch den Kreis bestätigt wurde. Wann die Lagerfläche tatsächlich benötigt wird, hängt vom Bauablauf ab. Im Anschluss versetzt die DB die Fläche wieder in den ursprünglichen Zustand zurück.“

Was aber für erneute Unruhe in der Grafschaft sorgte, war die Tatsache, dass ähnliche Maschinen, wie sie auf dem planierten Acker standen, plötzlich wieder auftauchten. Und zwar am Rand einer landwirtschaftlichen Anlage nordöstlich von Gelsdorf. Dort befinden sich auf einem ehemaligen Baumschulgelände jetzt Gewächshäuser. In einer Ecke zur neuen Lärmschutzwand hin stand einige Tage lang eine kleine Brechanlage für Beton und Steine, und das in unmittelbarer Nähe zur Wohnbebauung.

Nun kam die Gerüchteküche in Fahrt, zumal die Maschine tatsächlich arbeitete. Immer wieder fuhren große Lastwagen das Gelände an und brachten Gesteins- oder Zementbrocken, die zermahlen wurden. Lärm und Staubentwicklung rief die Nachbarn auf den Plan. Schnell kam die Vermutung auf, dass es sich um die Zerkleinerung der Brückenreste aus dem Ahrtal handele, zumal der Nutzer des Geländes in einem verwandtschaftlichen Verhältnis zum Verpächter der Flächen bei Gelsdorf steht. Auf Nachfrage des General-Anzeigers war weder der Gemeinde Grafschaft noch Ortsvorsteher Andreas Ackermann (CDU) irgendwas über diese Aktivitäten und schon gar nicht über einen möglichen Zusammenhang mit dem Wiederaufbau der Ahrtalbahn bekannt.

Mittlerweile stellte sich heraus, dass das Geschehen auf dem ehemaligen Baumschulgelände wohl nichts mit dem Wiederaufbau der Ahrtalbahn zu tun hat. Auf dem neuen Schreddergelände sollen nämlich wohl lediglich die Mauerreste einer abgebrochenen Scheune aus Wormersdorf zerkleinert worden sein, wie ein Mitglied des Ortsbeirats in Erfahrung gebracht hatte. Einigen Anwohnern ist jedoch erst einmal egal, was dort geschreddert wurde, sie wollen Lärm und Staub künftig nicht mehr hinnehmen.