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Grafschafter Zeitung
Ausgabe 7/2023
Aktuelles
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Pazifistische Hasen und die Atomstromgruppe „Glückspilz“

Matthias Reuter sorgte für einen tollen Kabarettabend in Lantershofen.

Mal am Flügel, mal mit Gitarre, dann wieder am Lesetisch. Der Oberhausener war vielseitig unterwegs.

Kabarettist Matthias Reuter bot ein fulminantes Gastspiel

LANTERSHOFEN. TW. Mit dem Oberhausener Kabarettisten Matthias Reuter war am vergangenen Samstag ein Top-Künstler seiner Branche in Lantershofen zu Gast – auch wenn dieser dank mangelnder Fernsehpräsenz noch relativ unbekannt ist. Was Reuter allerdings singend an Flügel oder mit Westerngitarre sowie als Geschichtenerzähler aus seinen literarischen Werken auf die Bühne brachte, lockte die 120 Gäste im Winzerverein zu langen Ovationen. Reuter entpuppte sich als besonders vielseitiger Vertreter von Lyrik und Literatur. Immer wieder griff er dabei die Geschichten um seine Lieblingskassiererin im Supermarkt auf, wegen derer Performance an der Kasse, wo sie jeden Einkauf lautstark zu dokumentieren wusste, er fast täglich einkaufen ging. Die „Frau Schröder“ hatte es ihm – ganz nach dem Vorbild niederländischer Plauderkassen in Märkten – angetan.

Vor allem aber wußte Reuter musikalisch in seinem aktuellen Programm „Karrierefreies Wohnen“ zu gefallen. „Ich hab die ganze Zeit geübt“ so seine musikalische Antwort auf die Frage, was er denn in der Zeit der Corona-Pandemie so alles gemacht habe. Nun ist Reuter froh, wieder auf der Bühne stehen zu können, vor allem in der Grafschaft, wie er betonte: „Denn hier sind die Kulturzentren noch beheizt.“ Muss mal wieder irgendwo Energie eingespart werden und ist es kalt, weiß Reuter ein probates Gegenmittel und begibt sich in den öffentlichen Verkehr, denn: „Es ist nirgendwo so warm, wie im Bus“, was besonders im Sommer gelte. Reuter dokumentierte seine Vielseitigkeit, als er der Aufforderung eines Freundes, doch mal eine Fabel zu schreiben, folgte. So entstand die Rüstungsexportfabel vom pazifistischen Hasen, der alle seine Waldmitbewohner militärisch aufrüstete, sich selbst aber waffenfrei hielt. Überhaupt waren es die seltenen Themen, die der Musiker aufwarf. So kreierte er aus seinem Lieblingswort einen Lieblingssong namens „Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung“ und nahm mit dem Titel „Im kleinen Kraftwerk um die Ecke brennt noch Licht“ als Liedermacher der Atomstromgruppe „Glückspilz“ am Chanson-Wettbewerb der Atomlobby teil. Vergebene Liebesmüh waren dagegen Reuters Versuche, auf den Karnevalsbühnen Fuß zu fassen. Meist wurde er bei den Vorstellabenden schon bei der zweiten Strophe seines närrischen Beitrags „Es gibt keine Kölner im All“ auf die Straße gesetzt. In Lantershofen konnte er den Song wenigstens komplett vortragen. Da gefiel ihm dann das in Mönchengladbach verbreitete mehrsprachige Erklär-Werk, wie denn der rheinische Karneval zu funktionieren habe und wie nicht, besser. „Das ist alles ganz anders gemeint“, lautete der dazu passende „Karnevalserklärungsbroschürensong.“ Unterm Strich verblieb für Reuter vor allem eins: „Endlich wieder Kultur.“ Das Publikum dankte Matthias Reuter mit langem Applaus und war sich am Ende einig: „Einen solch tollen Kabarettisten haben wir noch selten erlebt.“