Die Tradition lebt:
Allein in Wengen sind derzeit 16 Kinder beim Schuhplatteln aktiv.
Ihre Kunst wirkt leicht und luftig, sie begeistern viele Zuschauer und sind auch beim Trachten-Höhepunkt des Jahres dabei: Xaver (72), Thomas (45) und Roman (34) vom Trachtenverein Wengen. Unter der Bezeichnung „D’Oberargentaler“ marschieren die Schuhplattler als No. 25 von 51 Gruppen am Sonntag durch die Kemptener Innenstadt.
Das gern als „Balz-Tanz“ des Auerhahns interpretierte Schuhplatteln liegt den dreien im Blut, schon als Buben standen sie auf den Brettern, die ihnen die Welt bedeuten. „Das hat Tradition bei uns im Dorf“, erzählt Xaver. Diese Tradition ist nicht in Gefahr, weiß Roman. Er kümmert sich um den plattelnden Nachwuchs: „Zur Zeit haben wir 16 Kinder, das macht Riesenspaß!“
Thomas sorgt als „Vorplattler“ für Ordnung und Disziplin bei den Auftritten. „Wir möchten ja einen guten Eindruck machen und nicht als ungeordneter loser Haufen erscheinen“, sagt er grinsend. Schuhplatteln ist eine anstrengende Sache. „An guten Schnaufer braucht’s scho“, so Xaver, der sich mit Bergwandern fit hält. Thomas spielt Fußball, auch das gibt die nötige Kondition, um die vielen, manchmal komplizierten Figuren exakt auf den Tanzboden bringen zu können: „Obwohl unser Übungsraum hier in Wengen schön kühl ist, fließt beim Training der Schweiß oft in Strömen!“
Wer es beim Platteln zu etwas bringen will, muss einige Voraussetzungen erfüllen, erklärt Xaver. „Du musst ein musikalisches Gehör haben, ein gutes Rhythmusgefühl natürlich auch, sonst wird das nix!“ Roman ergänzt: „Und auf jeden Fall solltest du sicher auf einem Bein stehen können und das Gleichgewicht halten!“ Denn den größten Teil eines Tanzes absolvieren die Plattler auf einem Bein – das andere fliegt durch die Luft, wird gedreht, gewirbelt und abgeklatscht.
Am liebsten tanzen sie auf Holz, „das federt schön und kracht schön“. Nämlich dann, wenn die g’standenen Wengener Mannsbilder mit ihren kräftigen Waden auf den Boden stampfen.
Der Auftritt der schuhplattelnden „Oberargentaler“ lebt natürlich auch vom Äußeren: „Weißes Trachtenhemd, eine Hirschlederne oder eine Hose aus Ziegen- oder Wildbockleder, dazu die wollenen Kniestrümpfe und Haferlschuhe - das ist unsere Tracht!“ beschreibt Thomas, mit der fürs Allgäu typischen Edelweißstickerei als Hingucker: „Wir tragen sie immer mit Hosenträgern aus Leder!“, betont er stolz.
Einen Tausender kann man für dieses Outfit schon mal hinlegen. Dazu kommt noch der dunkelgrüne Hut mit Feder: früher meist vom Adler, heute ist das verboten, da stecken sich die Trachtler Federn von anderen Vögeln an den Hut. „Bei anspruchsvollen Tänzen oder schwierigen Figuren legen wir die Federn ab, damit sie nicht beschädigt werden“, erklärt Thomas. „Lass deinen Hut mit der Feder nie aus den Augen“, warnt Xaver, „manche Leut‘ sind da ganz scharf drauf!“ Weniger spektakulär: der Lederriemen, den jeder Tänzer unterhalb des Knies um die Strümpfe bindet - er verhindert, dass beim Stampfen etwas ins Rutschen gerät …
Schuhplatteln ist zum großen Teil nach wie vor Männersache, auch in Wengen: „Es strengt richtig an, der Watschntanz, das Holzhacken, der Flieger“, erklärt Roman, „das ist manchmal Hochleistungssport.“ Beim „Flieger“ muss der sich drehende Tänzer zwei Tänzerinnen gegen die Fliehkraft festhalten - ohne speziell präparierte Hände ist das unmöglich.