Knapp 580 Mitglieder zählt aktuell der Kreisverband für Kempten und das Oberallgäu, der im Oktober 1990 kurz nach der deutschen Wiedervereinigung in der damaligen Gaststätte des Kemptener Hauptbahnhofs gegründet worden ist. Initiator war Olaf Radeck, ein noch heute nimmermüder Radler: „Für uns Fahrradfahrer war die Situation damals extrem schlecht. In der Stadt war alles aufs Autofahren ausgerichtet. Das wollte ich ändern.“ Heute schreibt Kemptens OB Thomas Kiechle in seinem Grußwort zum Jubiläum: „Es ist eine bemerkenswerte Geschichte daraus geworden. Der ADFC ist die Stimme des Radverkehrs, er hat das Bild des Verkehrsklimas in unserer Stadt entscheidend geprägt!“
Radeck war bereits 1982 in den ADFC Deutschland eingetreten und führte den Club achtzehn Jahre lang. Bis heute sind Radeck mit Herbert Müller, Tobias Heilig und Lutz Bäucker drei Vorsitzende gefolgt, die aus dem kleinen Grüppchen engagierter Idealisten eine über das Oberallgäu hinaus bekannte Radler-Lobby geformt haben: „Wir werden jetzt ernst genommen!“, bilanzierte Heilig zum Ende seiner Amtszeit 2022. In den Neunzigern ist der ADFC noch regelmäßig mit der Autolobby ADAC verwechselt worden. Mit Rat und Tat gibt der ADFC seine Expertise in Sachen Mobilität an die Bürgermeister und Radverkehrsbeauftragten im Oberallgäu weiter, steht weltweit führenden Unternehmen ebenso zur Verfügung wie lokalen Playern, den Zeitungen, Radio- und TV-Sendern in der Region und natürlich der bis heute stark steigenden Zahl von einheimischen Radfahrern. Die ehrenamtlichen Aktiven opfern Freizeit und Feierabend, um teure Ebikes vor dem Zugriff von Langfingern zu codieren, sie zeigen in kompakten Trainingskursen den Allgäuern, wie man besser, sicherer und damit auch mit mehr Spaß radelt und sie führen auf schönen Rad-Routen durch die Region.
Die ADFC-Experten werden von den Mobilitätsbeauftragten in Kempten, Waltenhofen, Immenstadt und Sonthofen bei der Planung und dem Umbau der örtlichen Verkehrsinfrastruktur hinzugezogen. So sagt der Immenstädter Bürgermeister Nico Sentner: „Der Einsatz des ADFC hat unsere Region spürbar geprägt!“ Und Christian Wilhelm, erster Bürgermeister von Sonthofen, stellt fest: „Der ADFC mit seinem fachlichen Input ist ein wichtiger Partner auf unserem Weg zur fahrradfreundlichen Stadt.“
Auch die Hochschule Kempten hat beim bayernweit beachteten Projekt „Abstand halten!“ eng mit dem Kreisverband kooperiert. Aktionen wie die Kemptener Ringfahrt mit fast 800 Teilnehmern, der „ADFC-Fahrradklima-Test“, die letztjährige Raddemo von Rauhenzell an den Alpsee und die Aktionswoche „Mehr Fair im Verkehr“ für eine neue Verkehrskultur in Kempten sorgen für öffentliche Aufmerksamkeit und Resonanz. „Wir müssen sichtbar sein, als gemeinnütziger Verein ist das extrem wichtig für uns“, betont Lutz Bäucker, langjähriger ARD-Hörfunk- und Printjournalist und dreieinhalb Jahre lang Vorsitzender des Clubs. Das hat die Akquise von Spenden und Sponsoren deutlich erleichtert und den Verein finanziell stabilisiert.
Aufgrund von Empfehlungen und Hinweisen des ADFC sind in Kempten nicht nur unübersehbare Warnschilder vor „Geisterradlern“ aufgehängt worden, sondern auch Radwege neu gestaltet, eine Umweltspur, Fahrradstraßen und mehr Abstellanlagen installiert worden. Der damalige Vorsitzende Herbert Müller initiierte 2010 die Teilnahme am Arbeitskreis Radverkehr, an der Agenda 21 und am Mobilitätskonzept 2030. Und vor drei Jahren machen die vier Allgäuer ADFC-Verbände Schluss mit der jahrzehntelangen Kirchturmpolitik und schließen sich zur „ADFC-Allianz fürs Allgäu“ zusammen: Radfahrer aus Ober-, Unter- und Ostallgäu sowie Isny engagieren sich nun gemeinsam für die Verbesserung der Radinfrastruktur in der Region. Das zeigt auch im Sommer 2025 Wirkung: Die ADFC- Idee eines schnellen „Fahrrad-Freeways“ für Pendler und Urlauber zwischen Kempten und Memmingen wird nicht nur von den Oberbürgermeistern beider Städte politisch unterstützt, sondern auch vom Oberallgäuer Landtagsabgeordneten Joachim Konrad. Alle drei sind vom ADFC davon überzeugt worden. (Text: lub, ADFC)