Rechtsaufsichtlicher Bescheid des Landratsamts soll aufgeschoben werden
Bergen (tb) - Große Diskussionen löste der rechtsaufsichtliche Bescheid des Landratsamts auf unverzügliche Beschaffung eines Drehleiterfahrzeugs aus. In der jüngsten Gemeinderatssitzung wurde intensiv beraten und letztlich die Anschaffung einer Anhängeleiter mit mehrheitlichem Votum beschlossen. 1. Kommandant Tobias Schwaiger stimmte dagegen. Er favorisiert nach wie vor eine Drehleiter.
Die Anschaffung eines Drehleiterfahrzeugs hätte für die Gemeinde eine sehr kostenintensive Konsequenz. Gerechnet werden mit rund 10 Millionen Euro für das Fahrzeug und ein neues Feuerwehrgerätehaus. Bürgermeister Stefan Schneider informierte, dass der rechtsaufsichtliche Bescheid zur Beschaffung einer Drehleiter vor zehn Tagen eingegangen sei und dies obwohl von Seiten der Gemeinde ein Antrag zur Verschiebung des Bescheid-Erlasses um eine Woche eingereicht worden war. Man wollte die Begehung aller betroffenen 15 Gebäude, gemeinsam mit dem Ingenieur-Büro, dass derzeit an der Ausfertigung des Feuerwehrbedarfsplans arbeitet, abwarten. Die Begehung habe, so Schneider, mit einem erheblichen Zeitaufwand, mit Experten des Büros, Verwaltung und Kommandant Schwaiger und nachfolgender Besprechung letzte Woche stattgefunden. Der Kreisbrandrat habe seine Teilnahme abgesagt. Der Rathauschef versicherte, dass bei der Begehung alle Balkone, Gauben, Fenster und Dachfenster auf die Möglichkeit der Personenrettung mit Drehleiter, Anhängeleiter oder Schiebeleiter begutachtet wurden. Laut Schneider wurde bei den Anleiterversuchen mit der AL 18 (Bezeichnung der Anhängeleiter) festgestellt, dass bei zwei Nutzungseinheiten, die bei der Begehung des Landratsamtes und des Kreisbrandrats im Februar als unmöglich bezeichnet wurde, die Aufstellung nun erfolgreich gewesen war. Die Siegsdorfer Feuerwehr beteiligte sich an den Versuchen. Es konnte eine Ausrückzeit der Nachbarwehr von sechs Minuten ohne Blaulicht gemessen werden. Lediglich bei einem Gebäude sei eine Anleiterung mit einer Anhängeleiter aber auch mit einer Drehleiter nicht möglich gewesen. Eine Rettung ist nur mit der Schiebeleiter möglich, wofür es eine Einzelfallgenehmigung bedarf. Zusammenfassend stellte der Rathauschef fest, dass es laut Ingenieur Büro in Bergen kein Objekt mit erheblicher Gefahr gebe, sofern die festgestellten Maßnahmen, wie auch die Feuerbeschau, durchgeführt werden. „Die Begehung war wichtig und der Aufwand war es für die Sicherheit der Bürger wert“, betonte der Rathauschef. Auf Grundlage der Erkenntnisse benötige der Gemeinderat für seine Entscheidung keinen fertiggestellten Feuerwehrbedarfsplan. Im Bescheid des Landratsamts wurde gefordert ein geeignetes Rettungsgerät zu beschaffen. Drehleiter stand dort nicht geschrieben. Bürgermeister Schneider schlug vor, eine gebrauchte Anhängeleiter für 7500 Euro Netto zu beschaffen.
Sabine Babl (Grüne Liste) meinte, dass die Sicherstellung des zweiten Rettungsweges in der Baugenehmigung bei Altbauten geregelt sei und die Verantwortung beim Bauherrn liege. Laut Schneider basieren die Baugenehmigungen darauf, dass der 2. Rettungsweg mit der Anhängeleiter gesichert sei. Tobias Schwaiger (CSU) fügte hinzu, dass bei einer Ersatzbeschaffung zur Sicherstellung des zweiten Rettungswegs nur ein Hubrettungsfahrzeug möglich sei. Sabine Babl fragte nach, seit wann die AL 18 nicht mehr als Rettungsgerät zugelassen ist. Laut Schwaiger erfolgte dies bereits 2006. Annemarie Funke (CSU) wünschte sich mehr fachliche und neutrale Expertise und verwies zugleich auf die 22seitige Anordnung des Landratsamts. Diese Expertise, so Schneider, wollte man sich mit dem Feuerwehrbedarfsplan einholen. Dass dieser nach drei Jahren immer noch nicht vorhanden ist, liege nicht an der Gemeinde. Laut Tobias Schwaiger stehe im Bescheid die Anschaffung eines geeigneten Rettungsmittels und dringend die Beschaffung eines Hubrettungsgeräts empfohlen werde. Andi Auer (Grüne Liste) fragte, warum das Landratsamt nicht explizit eine Drehleiter fordere, dann müsste nicht diskutiert werde. Nun müsse der Rat entscheiden, was geeignet ist. Schwaiger ergänzte, dass dies aus der Begründung ersichtlich sei. Er erinnerte, dass die Überprüfung der Anhängeleiter bis 2015 regelmäßig durchgeführt wurde, ab diesem Zeitpunkt nicht mehr. 2020 wurde festgestellt, dass die Leiter aufgrund mangelhafter Lagerung reparaturbedürftig ist und 2021 außer Betrieb genommen wurde. Schneider legte die Hilfsfrist von zehn Minuten da. Die Bergener Wehr habe eine durchschnittliche Ausrückzeit von 5,5 Minuten. Für die Fahrzeit werden weitere drei Minuten gerechnet. Die Siegsdorfer Drehleiter benötige eine Fahrzeit von sechs bis 6,5 Minuten. In Summe verbleiben zwei bis drei Minuten, die die Siegsdorfer Wehr mit ihrer Drehleiter mehr Zeit benötige. Die Frage sei, so Schneider, ob Bergen wegen einer zwei bis dreiminütigen Hilfsfristüberschreitung eine eigene Drehleiter benötige. Kommandant Schwaiger betonte, dass er nie behauptet hätte, es bestehe keine Gefahr, dies könne er rechtlich nicht beurteilen. Wichtig sei, so Schwaiger, was das Landratsamt als adäquates Rettungsmittel ansehe. Sollte die Anhängeleiter als Ersatzbeschaffung nicht akzeptiert und eine Drehleiter angemietet werden müssen, mit Mietkosten von bis 240.000 in zwei Jahren, werde diese Summe in den Sand gesetzt, befürchtet Schwaiger. Bei einer Anschaffung würde man sich diese Mietkosten sparen. Sollte aber die Gemeinde Recht bekommen, so spart sich diese die Kosten für die Drehleiter wie auch einen Feuerwehrhausneubau, entgegnete der Rathauschef. Für Toni Rechenmacher (CSU) sei die Rettungsfrist wichtig und drei Minuten mehr lange. Josef Gehmacher betonte, dass der Drang nach Sicherheitsmaximierung immer weiter gehe und dies irgendwann gestoppt werden müsse. In den letzten fünf Jahrzehnten konnte die Anhängeleiter den zweiten Rettungsweg sicherstellen. Er sehe keinen Verlust der Sicherheit. Und damals habe es im Umkreis noch keine Drehleiter gegeben.
Einstimmig wurde zunächst entschieden, dass der Beschluss, zunächst den Feuerwehrbedarfsplan abzuwarten und dann zu entscheiden, aufgehoben wurde. Für den Kauf einer Drehleiter stimmten nur Zwei Gemeinderäte (Toni Rechenmacher und Tobias Schwaiger). Folglich entschied sich der Rat mit zwei Gegenstimmen (Toni Rechenmacher und Tobias Schwaiger) für den Kauf einer gebrauchten Anhängeleiter. Gleichzeitig votierte der Rat dafür beim Veraltungsgericht den Antrag auf aufschiebende Wirkung zu stellen. Nach Aktenlage wird das Gericht dann über das nächste Vorgehen entscheiden. Tb