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Bischofsheimer Bote
Ausgabe 1/2025
Nachrichten aus dem Rathaus
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Abschied von Dr. Wolfgang Schneider

Am 25.11.2024 starb der Haselbacher Dr. vet. Wolfgang Schneider im Alter von 97 Jahren. Er bezeichnete sich selbst gerne als der „Haselbacher Viechdoktor“, denn er kam einst als Tierarzt in die Rhön und blieb. Eine Entscheidung, die er und seine vor vier Jahren verstorbene Ehefrau Marianne nach eigenem Bekunden nie bereut haben.

Schneider wurde am 12. März 1927 in Breslau in Schlesien geboren, wuchs in Bad Kudowa auf und besuchte das Internat in Glatz. Mit 15 Jahren wurde er als Flakhelfer für den Krieg eingezogen und geriet in russische Gefangenschaft, wo er schwer erkrankte.

Nach seiner Entlassung fand er seine Verwandtschaft in München wieder, wo er ab 1947 Tiermedizin studierte. In der anschließenden Assistenzzeit in Oberbayern lernte er seine Frau Marianne kennen. Sie war das „Fräulein vom Amt“ und vermittelte Telefongespräche. 1955 heirateten sie und schon bald wurde ihr erster Sohn geboren. Als 1956 in der Rhön ein Tierarzt gesucht wurde, zog die junge Familie nach Bischofsheim und wohnte zunächst im ehemaligen Kino, einem wahren Raumwunder im Gegensatz zur vorherigen anderthalb Zimmer Wohnung, die gleichzeitig als Praxis diente.

Hier wurden ihnen zwei weitere Söhne geboren. Nach kurzer Zeit in Bischofsheim erfolgte der Hausbau und Umzug nach Haselbach - und die Geburt des vierten Sohnes.

Als Tierarzt auf dem Lande war er fast rund um die Uhr im Einsatz, was nur mit Hilfe seiner Frau möglich war, die in der Praxis Telefonate annahm und ihn unterwegs immer irgendwie erreichte. Bis 1992 führte er seine Tierarztpraxis.

In den Jahren von 1967 – 1972 hatte er immer eine Filmkamera bei sich, filmte Menschen, Tiere und Brauchtum in Haselbach und Umgebung. Daraus machte er einen Film, der seit vielen Jahren als wertvolles Zeitdokument gilt.

Schneiders Gedächtnis war überragend, er merkte sich sein Leben lang Adressen, Telefonnummern und Termine und kannte immer noch die Kontakte der Bauern, die er einst besuchte. Er war ein sehr offener Mensch und an allem interessiert, ob es Fußball, die große Politik, Stadtgeschehen oder Kultur war. Mit konstruktiver Kritik, die er immer freundlich anbrachte, versuchte er Dinge, die er ändernswert hielt, anzustoßen.

Er war 18 Jahre lang (1978 – 1996) Mitglied im Bischofsheimer Stadtrat und von 1992 – 1996 Zweiter Bürgermeister, brachte sich im Kirchenvorstand der evangelischen Gemeinde ein und beim Bayrischen Tierärzteverband. Schneider engagierte sich in zahlreichen Vereinen der Stadt, wie der Fördergemeinschaft, dem „Lebendigen Bischofsheim“, den „Freunden der Osterburg“ oder dem Partnerschaftsverein KeK. 2007 wurde ihm die Bürgermedaille verliehen

Als Laienschauspieler beteiligte er sich gut 20 Jahre lang beim Theaterspiel im Rentamt. Unvergessen sind seine humorigen Stadtführungen, als Osterburgführer im mittelalterlichen Kostüm begeisterte er - immer charmant - seine Zuhörer und natürlich auch an den beliebten Veranstaltungen mit dem Titel „Schneider liest und Hölldobler/Hoesch spielt“, wo ihm bei der Auswahl seiner Lektüre gerne der Schalk im Nacken saß. Sehr amüsant war es, wenn er Anekdoten aus seinem Berufsleben als Viechdoktor erzählte, bei denen er auch über eigene Missgeschicke, wie einen Sturz in die Jauchegrube, mit großem Humor und viel Fröhlichkeit erzählte.

Nicht wegzudenken war Schneider als Archivforscher des städtischen Archives, gemeinsam mit seinen Freunden Hans Gernot Schonder und Gert Raimann, die sich immer mittwochs im Rathaus trafen, eine Aufgabe, der er sich bis zum Schluss widmete. Seinen Weg von Haselbach nach Bischofsheim legte er in den letzten Jahren mit einem roten Vierrad-Elektroroller zurück. Für jeden hatte er ein freundliches Wort und zauberte mit seiner Art dem Gegenüber ein Lächeln ins Gesicht. Mit Wolfgang Schneider verliert die Stadt Bischofsheim einen liebenswerten und äußerst engagierten Bürger.