StRin Katja Rein, Lehrkraft Geschichte, Leiterin der Isinger Europa Juniorbotschafter Herr Ingo Espenschied, Journalist
Nicht nur als kleines, öffentliches Gymnasium und Botschafterschule des Europäischen Parlaments, sondern vor allem auch als Gymnasium, in dem Vielfalt gelebt wird, ist es uns ein Anliegen, jungen Menschen immer wieder die Bedeutung und den Wert von Demokratie vor Augen zu führen, so Schulleiterin Catrin Brandl. Aber auch die geographische Nähe des Gymnasiums Ising zum historischen Schauplatz „Schloss Herrenchiemsee“ macht Geschichte für unsere Schülerinnen und Schüler greifbar. Dass Demokratie verstanden, gepflegt, gelebt werden muss, ist eine Botschaft, die heute wichtiger ist denn je.
„Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Mit diesem berühmten Satz aus Artikel 1 des Grundgesetzes begann der Politologe und Journalist Ingo Espenschied seinen Vortrag anlässlich des 75-jährigen Jubiläums unserer Verfassung. Ernste Männer in schwarz-weiß, alte Gebäude im Bauhausstil, Schloss Herrenchiemsee – durch viele Zeitdokumente und authentisches Filmmaterial abwechslungsreich und schülernah dargestellt, führte Herr Espenschied die Schüler der 10.-12. Jahrgangsstufe des Gymnasiums LSH Schloss Ising auf eine Zeitreise durch die Bundesrepublik, beginnend mit dem zerstörten Deutschland 1945. Damals wurde Deutschland in vier Besatzungszonen aufgeteilt, wobei sich die „Westmächte“ zusammenschlossen, um den Bürgern die Möglichkeit zu geben, eine Verfassung für einen föderalen und demokratischen Staat auszuarbeiten. Abgeschottet von der Öffentlichkeit wurde im August 1948 innerhalb von zwei Wochen auf der Herreninsel im Chiemsee die Textgrundlage für das Grundgesetz erarbeitet – ein „Provisorium“, wollte man doch die Tür offenhalten, um auch den sowjetisch besetzten Teil Deutschlands noch miteinbeziehen zu können. In Bonn widmete sich schließlich der Parlamentarische Rat mit seinen 65 Mitgliedern aus allen Parteifraktionen der konkreten Ausarbeitung der Gesetzestexte. „Besonders eindrücklich fand ich, dass tatsächlich nur vier Frauen Teil des Parlamentarischen Rats waren“, äußerte sich eine Elftklässlerin. Dass eine dieser Frauen, Elisabeth Selbert, entgegen aller Widerstände es schließlich durchsetzte, die Gleichberechtigung von Mann und Frau im Grundgesetz zu verankern, beeindruckt viele Schüler. Nach acht Monaten wurde dann am 08. Mai 1949 das Grundgesetz vom Parlamentarischen Rat verabschiedet und entwickelte sich bis heute zu einem dauerhaften Fundament der Demokratie, indem es zentrale Werte wie Menschenwürde und Gleichberechtigung schützt. Dass das Grundgesetz „cool“ ist, zeigt sich nicht nur in der breiten Zustimmung bei der Bevölkerung, sondern auch darin, dass es eigens zu dessen Schutz ein Bundesverfassungsgericht gibt, das über die darin verankerten Grundrechte der Bürger wacht und sogar Gesetze für ungültig erklären kann, die gegen das Grundgesetz verstoßen. Am Ende seines Vortrags appellierte Ingo Espenschied an seine Zuhörer: Das Grundgesetz sei nur ein Stück Papier und auch das Bundesverfassungsgericht letztlich nur eine ausführende Institution. „Es kommt auf uns an: Wir müssen das Grundgesetz leben, damit die Demokratie fortbestehen kann.“