Norditalien: „Der gute Soldat“
Georg Ostheimer aus Bodelsberg
Der in Bodelsberg geborene Soldat Georg Ostheimer, ein Bruder des mehr als 70 Jahre als Mesner tätigen Josef Ostheimer, ist am 25. April 1945, zwei Tage vor Kriegsende, in Corrubbio, in der Gemeinde San Pietro in Cariano bei Verona gefallen. Er war 32 Jahre alt. Es hat immer geheißen, dass er bei der Explosion einer Handgranate gestorben sei.
Im September 2008 erhielt Bürger-meister Herbert Seger einen Brief aus der italienischen Gemeinde San Pietro de Cariano in der Nähe der Autobahnausfahrt Affi (Gardasee). Der Gemeindemitarbeiter Carlo Battistella schilderte, wie zwei Tage vor Kriegsende in seiner Gemeinde mehrere Familien vor dem sicheren Tod gerettet wurden. Heute noch lebende Angehörige dieser Familie sagen, dass ein deutscher Soldat, eben dieser Georg Ostheimer, die Familien über eine bevor stehende Sprengung des dortigen Waffendepots der Deutschen Wehrmacht informiert hat. Er ging heimlich von Haus zu Haus mit der Bitte, die Bewohner sollen abends ihre Häuser verlassen.
Battistella fragte in seinem Brief nach, ob es in Durach einen Mitbürger mit dem Namen Georg Ostheimer gegeben habe, und ob ein Foto von diesem existiere. Ein Foto gab es auf Veteranentafel im Gasthaus „Adler“, in Bodelsberg. Es wurde nach Italien geschickt. Battistella, der die Recherche zu den Vorgängen in dem Dorf zum Thema Kriegsende leitete, zeigte nunmehr den Überlebenden (alle damals mehr als 80 Jahre alt) das Foto von Georg Ostheimer. Sämtliche befragte Zeugen bestätigen, dass der Mann auf dem Bild besagter Soldat sei.
Bild: Bodelsberger Reiseteilnehmer in Corrubbio am Denkmal.
Er wurde im Dorf „Giorgio“ genannt. Besonders erinnerte sich eine Rosetta Righetti an den Bodelsberger, sie arbeitete selbst in dem Munitionsdepot. Sie berichtete, dass Giorgio ein besonders freundlicher Mann war. Er kam auch öfters zum Essen zu ihrer Familie, Lasagne sei seine Leib speise gewesen. Die offizielle Version der Abläufe damals ist von Carlo Battistella (er war auch zu Besuch bei uns in Durach und Bodelsberg) nach seinen Recherchen wie folgt dargestellt worden: Nachdem die englischen und amerikanischen Verbände im Anrücken waren, wurde die Sprengung des Depots für den 25. April 1945 zu abendlicher Stunde seitens der Wehrmacht angeordnet. Georg Ostheimer befand sich mit anderen diensthabenden Soldaten noch im Depot, als dieses früher als geplant in die Luft flog. Dabei kamen die im Depot wachhabenden sieben Soldaten ums Leben. 28 Dorfbewohner mussten ihr Leben lassen. Im Umfeld gab es erheblich Schäden, wie die entsprechenden Bilder zeigen. Die wachhabenden Soldaten hatten das Verlassen des Depots zu einem späteren Zeitpunkt, vor der festgelegten offiziellen Sprengung, geplant. Wer die vorzeitige Sprengung ausgelöst hat, konnte nicht geklärt werden. Vermutungen deuten auf faschistische Partisanen hin. Die Frage, ob die italienischen Faschisten oder das deutsche Hauptquartier für das Unglück verantwortlich waren, konnte nie beantwortet werden.
Nach Angaben von Battistella hat Georg Ostheimer mit seiner Warnung wohl rund 80 Menschen das Leben gerettet, die seiner Warnung gefolgt sind und die Wohnungen rechtzeitig verlassen haben. In Übereinstimmung mit Carlo Battistella darf gesagt werden: Georg Ostheimer hat eine wahrhaft große Tat von Mitmenschlichkeit ausgeführt, und dies als deutscher Soldaten in Kriegszeiten. In Corrubbio ist vom „Helden“ Georg Ostheimer die Rede. Wie sich herausstellte, hatte Giorgio eine italienische Freundin, die ein Kind von ihm erwartete. Sie musste nach dem Umsturz die Gemeinde verlassen und zog Richtung Neapel.
Gedenken: Musikkapelle Durach, Fahnenabordnung Bodelsberg u.a.
Aus Anlass des Jubiläums „65 Jahre Kriegsende“ wurde eine Abordnung aus Durach/Bodelsberg zum offiziellen Gedenken am 25. April 2010 nach Corrubbio in der Gemeinde San Pietro in Cariano eingeladen. Mit dabei waren der Bürgermeister der Duracher Partnergemeinde Faver im Cembratal, Oswaldo de Crisci, die Musikkapelle Durach, Fahnenabordnungen aus Bodelsberg, Angehörige der Familie Ostheimer, Mitglieder des Veteranenvereins und einige Bürger aus Durach und Bodelsberg. Die Delegation nahm an der Feierstunde am Denkmal in der Ortsmitte von Corrubbio teil. Der Name Georg Ostheimer ist mit den weiteren bei der Sprengung tödlich Verunglückten in Stein gehauen. Alle waren sich einig: Georg Ostheimer hat gezeigt, dass Mitmenschlichkeit und Mitgefühl auch in Kriegszeiten gelebt werden kann. Er hat Mut und Zivilcourage bewiesen und seine Freundschaft mit einer italienischen Familie waren ihm wertvoll und wichtig. Sein Handeln, das er selbst mit dem Leben bezahlt hat, ist ein gutes Beispiel und Vorbild. Im Anschluss besuchte die Delegation den Soldatenfriedhof „Costermano“ am Gardasee, auf dem Georg Ostheimer mit weiteren 24.000 gefallenen deutschen Soldaten bestattet wurde. Aus Anlass der Ereignisse am Kriegsende in Corrubbio wurde von Luisa Ferrari und Carlo Battistella ein Buch mit dem Titel „La luna si oscura“ („Als der Mond verdunkelte“) veröffentlicht. In diesem Buch sind einige Bilder vor und nach der Explosion sowie ein Foto von Georg Ostheimer zu sehen, außerdem sind die Interviews der Zeitzeugen von damals enthalten. Foto: Gemeindearchiv