Geschichte verstehen, die Hintergründe aufzeigen, vor allem aus der Geschichte zu lernen und Konsequenzen für eigenes Denken und Handeln zu ziehen, das ist der Auftrag. Mit diesen Worten eröffnete Altbürgermeister Herbert Seger den „vorläufig“ letzten Akt der Veranstaltungen in Durach zum Gedenkjahr 2025.
Wir tun das, was Bundespräsident Steinmeier beim Staatsakt in Memmingen im Mai gesagt hat:
„Es ist gut, dass in diesem Jahr an vielen Orten unseres Landes an die Kapitel dieser frühen Freiheitsgeschichte erinnert wird. Die Erinnerung an diese Menschen und die Ereignisse von damals lässt uns klarer erkennen, was unsere freiheitliche Demokratie heute ausmacht und welchen Wert sie hat.“
Ehrengäste beim Festakt am 27. Juli 2025 waren Altlandrat Gebhard Kaiser, Landtagsabgeordneter Joachim Konrad, die Kreisräte Ulrike Finkenzeller und Simon Gehring, Pfarrer Drischberger, sowie Bürgermeister Gerhard Hock und die Damen und Herren des Gemeinderates und der Haupt-Referent Dr. Reinhard Baumann mit Gattin.
Der Tag begann mit einem Gottesdienst in der Pfarrkirche Durach, jenem Ort also, wo vor 500 Jahren 70 Anführer und Rädelsführer zunächst gefangen gehalten wurden, ehe am 24. Juli 2025 dann 18 davon hingerichtet wurden, was das Ende des Bauernkrieges einläutete.
v.l. Sonja Seger, Altlandrat Gebhard Kaiser, MdL Joachim Konrad, Herbert Seger rechte Seite v.l. Reinhard Baumann und Bürgermeister Gerhard Hock mit Gattinnen
Ein klares Wort sprach Pfarrer Drischberger in seiner Predigt aus: „Dass Teile des Klerus maßgeblich an der Leibeigenschaft, Zinspflicht und Willkür der Herrschenden beteiligt waren, muss uns als Kirche zutiefst beschämen. Gerade die Fürstäbte damals spielten eine unrühmliche Rolle. Alledings zählten zu den Gerechten damals ein Franziskus von Assisi, die Hildegard von Bingen und auch die in Durach verehrte Gertrud von Helfta, die den Päpsten ins Gewissen redeten.“ Die Mission heute sei der Einsatz und die Sorge für Gerechtigkeit. „Was ihr dem geringsten Menschen tut, das habt ihr mir getan!“ „Wenn wir das tun, war das Lebensopfer unserer Vorfahren vor 500 Jahren nicht umsonst“, so Pfarrer Drischberger.
Der Wettergott hatte ein Einsehen, als es anschließend mit der Musikkapelle und den Fahnenabordnungen zum Gedenken ans Bauernkriegsdenkmal ging.
Dort sprachen Bürgermeister Gerhard Hock und Altbürgermeister Herbert Seger Gedenkworte.
Mit diesem Denkmal erinnert seit 1928 die Gemeinde Durach und ihre Bürgerschaft an den Bauernkrieg 1525.
„Dass wir frei sind und sein wollen“,
dies ist die Kernforderung der Bauern und des gemeinen Volkes von damals.
Dafür haben in der Bauernkriegs-bewegung etwa 70.000 Menschen ihr Leben geopfert.
Hier in Durach gedenken wir besonders der 18 Führer aus den Allgäuer Haufen, die vor 500 Jahren, am 24. Juli 1525, enthauptet wurden.
„Das Erbe der Aufständischen von damals, das dürfen wir niemals aus der Hand geben“. (Zitat von Bundespräsident Frank Walter Steinmeier)
„Wir gedenken der Bauern und des gemeinen Volkes im ganzen Land, die im Zuge des Bauernkrieges ihr Leben lassen mussten.
Wir gedenken aller Opfer der Kriege damals aber auch heute, besonders der Frauen und Kinder.
Wir gedenken all derer, die sich auf der ganzen Welt für Frieden, Freiheit und Menschenrechte einsetzten und ihr Leben verloren haben.
Wir hoffen mit allen, die mit Courage vorangehen und nicht aufgeben; die sich für die Werte Freiheit, freie Meinungsäußerung und Teilhabe einsetzen; die mit großer Verantwortung in unseren demokratischen Strukturen tätig sind; die vorbildlich im Ehrenamt für eine frei, lebendige, vielfältige und bunte Gesellschaft engagiert sind. Mit diesen allen und mit Euch, die Ihr heut dabei seid, hoffen wir auf eine gute Zukunft und ein Leben in Frieden und Freiheit.“ Ein Choral und Böllerschüsse rundeten das Gedenken ab. Am Denkmal wurde ein Naturgebinde mit Silberdisteln niedergelegt.
Bei der Feierstunde war der Histioriker Dr. Gerhard Baumann Hauptredner. Er schilderte in eindrucksvollen Worten die Ereignisse von damals und die Hintergründe, Ursachen und gesellschftlichen Zusammenhänge. Sein Fazit fasste er in vier Gedanken zusammen: „Da ist das stolze Erinnern an die Zwölf Artikel, an diese großartige Erklärung von Freiheits- und Menschen-rechten, die vom Allgäu ausgehend ihre deutschlandweite Verbreitung fand. Drei Bundespräsidenten haben im letzten Vierteljahrhundert durch ihren Besuch in Memmingen der Bedeutung für unsere Demokratie Rechnung getragen.
Da ist aber auch das Memminger Parlament mit der großen Leistung seiner Abgeordneten. Da ist der Traum von Freiheit und Abschaffung der Leibeigenschaft, vom friedlichen Leben einer Christlichen Vereinigung in einer Republik.
Da muss aber auch das Gedenken an eine gescheiterte Revolution im Allgäu sein, an Zerstörung, an verbrannte Höfe und Dörfer, an gefallene und hingerichtete Bauern, an das Leid von Bauernfamilien, an Allgäuer im Exil, an Strafgelder und Brandsteuer, an die eingekerkerten auf der Neuenburg bei Durach, wo der Widerstandswille gebrochen werden sollte.
Und da ist der über Jahrhunderte sich fortsetzende Kampf von Allgäuern um ihre Freiheit, sei es in Aufständen, sei es in Verhandlungen. Dieser Kampf ist mit dem Ende des Alten Rechts um 1800 nicht zu Ende, er setzt sich fort in den großen Allgäuer Liberalen des Vormärz und der 1848er Revolution: Im Duracher (bzw. Weidacher) Balthasar Waibel und im Immenstädter Fidel Schlund. Solches Gedenken, solches Erinnern sind wir schuldig – dem Allgäu und seinen Freheitskämpfern.
Freiheit ist zu allen Zeiten und überall auf der Welt ein hohes Gut der Menschen.“
Bürgermeister Gerhard Hock und Heimatbundvorsitzender Karl Milz zogen ihrerseits eine Bilanz der Initiative COURAGE. Für Gerhard Hock überzeugten vor allem das Jugendtheater mit seinen drei Aufführungen zum Thema Courage und die vielen Bürgerinnen und Bürger, die an den Angeboten teilgenommen haben. Für Karl Milz war wichtig, dass mit allen Aktivitäten bei den Partnern im Allgäu, Vorarlberg und Baden-Württemberg die Bedeutung von Demokratie als Lebensform ins Bewusstsein gerückt wurde. Dafür lohne es sich, sich zu engagieren. Er würdigte die Initiative der Duracher von Anfang an und auch die pragmatische Umsetzung im Dorfleben.
Die Musikkapelle unter Leitung von Andreas Seger gestaltete in beeindruckender Weise die Feierstunde, die traditionsgemäß mit der Bayern- und der Deutschlandhymne endete.
In seinem Schlußwort ließ Herbert Seger als Projektleiter und Vorsitzender des Duracher Heimatvereins nochmals die Schwerpunkte des Gedenkjahres Revue passieren. Im Oktober gebe es eine zusammenfassende Bilanz. „Wir haben versucht, unseren Bürgerinnen und Bürgern zu vermitteln, was die Ereignisse von damals aktuell bedeuten.“ Ein besonderer Höhepunkt sei das Erscheinen der Broschüre über Durach im Bauernkrieg von Dr. Wolfgang Petz. Er dankte allen, die dabei mitgeholfen haben.
Wer die Freilichtspiele Altusried gesehen hat, wird die eindrucksvolle Schlussszene in Erinnerung behalten: Die junge Bäuerin, die letztlich aufgibt und stellvertretend für ihren Stand in die Knie geht vor der Obrigkeit. Und der junge Jakob, er entreißt dem Landsknecht das Blatt und liest laut und deutlich: „Frei sind wir und frei wollen wir sein“! Auf der einen Seite das bittere Ende, auf der anderen Seite die hoffnungsvolle Zukunft. Es hat noch viele Jahrzehnte gedauert, bis es so weit war, aber zu guter Letzt siegte das Gute.
Am Ende der Feierstunde wiederholte Herbert Seger mit Blick auf unser Dorf: Wir haben Rechte, wir haben aber auch Pflichten, auch die Pflicht zum Zusammenhalt. Und mit dem Blick auf unsere Welt stellte er fest: „Die Hoffnung bleibt und das Gute mögen siegen - Gott mit dir Du Land der Bayern - Einigkeit und Recht und Freiheit.“
Viel zu reden und zu besprechen gab es anschließend beim Umtrunk in der Aula der Duracher Schule.
Fotos: Wolfgang Nagelrauf