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Duracher Wochenblatt
Ausgabe 36/2023
Vereine und Verbände
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v. l. Hans Jürgen Ulm/SPD-Landtagskandidat, Francesco Abate, Dieter Putner/Schriftführer, Heidi Liebherr/Vorsitzende, Sebastian Niesner/Beisitzer.

Der allmonatliche Dämmerschoppen des SPD-Ortsvereins Durach am 28.08.2023 stand dieses Mal unter dem Motto Asylpolitik, das neben Mitgliedern auch etliche Besucher aus der Region angesprochen hatte. Als Referent war Francesco Abate aus Memmingen, Landesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt der Bayern-SPD, gewonnen worden.

Die Asylpolitik, die seit Jahren zu den großen Aufgaben der Politik zählt, kann in ihrer Komplexität, ihrer Vielschichtigkeit natürlich nicht an einem Abend umfassend behandelt werden. Daher beschränkte sich Francesco Abate auf einige grundsätzliche Gegebenheiten und statistische Zahlen, um sich dann ganz den Fragen aus dem Publikum zu stellen.

So ist umgangssprachlich meistens von „Flüchtlingen“ die Rede, wenn Menschen aus einer Notsituation heraus nach Deutschland kommen. Das Völkerrecht zieht hier eine klare Trennlinie zwischen Menschen, die zur Flucht gezwungen sind, z. B. weil sie um Gesundheit oder Leben fürchten – „Flüchtlinge“ oder Menschen, die aus eigenem Antrieb ihr Land verlassen, z. B. weil sie sich anderswo ein besseres Leben erhoffen – „Migranten“.

Das Statistische Bundesamt gab für 2022 etwa 3,1 Mill. Schutzsuchende an. Dazu gehören Asylberechtigte, Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention, subsidiär Schutzberechtigte und Personen, für die ein Abschiebeverbot gilt, sowie Schutzsuchende aus der Ukraine. 2022 wurden in Deutschland 244.132 Asylanträge gestellt; im ersten Halbjahr 2023 bereits über 160.000. Zum Stichtag 09. 04. 2023 waren insgesamt 1.061.389 Flüchtlinge aus der Ukraine registriert, denen der erforderliche Schutz in einem besonderen Verfahren gewährt wird.

Die Fragen aus dem Publikum spannten sich dann von der Situation vor Ort, z. B. in Afrika, die zum Aufbruch führt, bis zu dem Eindruck, der von den in Deutschland Angekommenen wahrgenommen wird. Einig war man sich, dass die Behebung von Fluchtursachen vor Ort die Ideallösung wäre. Dazu gibt es trotz ungünstiger Strukturen durchaus Ansätze, die aber noch viel zu wenig sind. Positiv wurde z. B. das Projekt „Dorf hilft Dorf“ in Mbouleme im Senegal benannt, das von Durach im Rahmen einiger Projekte des Vereins „Hilfe für Afrika - Wasser für Senegal“ unterstützt wird. Entstanden sind so eine neue Schule, Trinkwasser-Brunnen, Gemeinschaftshaus, Sportgelände und eine Frauenkooperative baut eine nachhaltige Landwirtschaft auf zur Versorgung und Vermarktung. Dagegen ist es kontraproduktiv, wenn europäische Länder ihre abgetragenen Textilien oder Reste aus der Lebensmittelherstellung nach Afrika exportieren und damit den Aufbau einer eigenen Wirtschaft behindern. Die Frage, warum überwiegend junge Männer bei uns ankämen, die in den Heimatländern dann fehlten, konnte damit beantwortet werden, dass nur dieser Personenkreis den Strapazen einer „Anreise“ durch die Sahara und dann übers Mittelmeer gewachsen ist. Auch die Problematik, ob nicht Seenotdienste, die in Not geratene Boote aufnehmen damit den Schleppern zuarbeiten, fand eine Antwort darin, dass Seenotdienste weder Flüchtlinge noch Schlepper aufhalten, sondern dafür sorgen, dass es weniger Tote im Mittelmeer gibt. In Deutschland angekommen, erwarten die Flüchtlinge dann Sammelunterkünfte, oft belegt mit zu viel Personen im Verhältnis zur Einwohnerzahl des Ortes, sodass dadurch eine negative Stimmung in der Bevölkerung geschürt wird. Und die Flüchtlinge selbst sehen einer zermürbenden Wartezeit auf Entscheid in ihrem Asylantrag entgegen, die auch in Aggressivität umschlagen kann. Dazu wurde auch berichtet, dass man als Frau die Nähe zu solchen Einrichtungen lieber meidet. Ob die geplante Reform des „Gemeinsamen europäischen Asylsystems“, wonach Verfahren bereits an EU-Außengrenzen in Asylzentren in Grenznähe durchgeführt werden, eine Verbesserung darstellt, bleibt abzuwarten. Kritikpunkt ist vor allem die faktische Haft während des Asylverfahrens. Dies erinnere an die Zustände von Rechtlosigkeit wie im griechischen Flüchtlingslager Moria. Einigkeit bestand darüber, dass die Asylverfahren beschleunigt werden müssen und nicht bereits gut Integrierten nach Jahren die Abschiebung droht. Auch sollten Arbeitswillige leichter in geeignete Beschäftigungverhältnisse gebracht werden. Aus diesem Pool könnte der künftige Arbeitskräftebedarf unserer alternden Gesellschaft gedeckt werden.

Am Schluss des Abends stand die Erkenntnis, dass man mit Stammtischparolen dem Thema Asylpolitik nicht gerecht werden kann. Da aber Niemand alle Fakten parat hat, ist es besser, statt solche Parolen einfach hinzunehmen, zu sagen: „Das weiß ich nicht genau, aber ich werde mich informieren!“ Den SPD-Ortsverein wird das Thema Asylpolitik jedenfalls in den nächsten Jahren weiter begleiten in der Hoffnung, dass es einmal eine zufriedenstellende Lösung auf europäischer Ebene gibt.