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Forchheimer Stadtanzeiger
Ausgabe 11/2024
Bauen & Wohnen
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Wässerwiesen sind Immaterielles Kulturerbe der Menschheit

Zu sehen sind auf dem Bild v. links mit den UNESCO Urkunden: OB Forchheim Dr. Uwe Kirschstein, Landrat Forchheim Dr. Hermann Ulm, 1. Bauherr und Wässerer Gosberger Zweng Markus Galster, OB Schwabach Peter Reiß, Wässerwiesen Schwabach Herbert Adel, Staatsministerin für Europa und Klima des Auswärtigen Amtes Dr. Anna Lührmann, Vorsitzender des Wässerverbandes Reichelsdorf Heinz Lämmermann, Referentin für Umwelt und Gesundheit der Stadt Nürnberg Britta Walthelm, Mitglied des UNESCO Fachkomittees für Immaterielles Kulturerbe und Stadtrat der Stadt Forchheim Johannes Mohr, Mitglied Wasserradgemeinschaft Möhrendorf Herrn Dieter Setzer, Bürgermeister und Vorsitzender der Wasserradgemeinschaft Möhrendorf Thomas Fischer, Bundestagsabgeordnete Die Grünen/Bündnis 90 Lisa Badum.

Vertretende aus Franken mit Forchheimer Wässerwiesenteam (links) gemeinsam mit Beiratsmitgliedern des Internationalen Zentrums der Traditionellen Bewässerung (rechts) am Ottersheimer Teilungswehr an den Queichwiesen.

Festakt anlässlich der Überreichung der UNESCO-Urkunde zur
Aufnahme der „Traditionellen Bewässerung: Wissen, Technik und Organisation“in die „Repräsentative Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit“ der UNESCO:

Im Rahmen eines Festaktes in Oberndorf übergab Frau Dr. Anna Lührmann, Staatsministerin für Europa und Klima im Auswärtigen Amt, am 10.05.2024, die Urkunde zur Aufnahme in die "Repräsentative Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit" an die fränkischen Trägerschaften der Traditionellen Bewässerung. Sie ehrt damit alle Organisationen und Menschen, die mit Herzblut diese Tradition aufrechterhalten.

Von Beginn an wurde die Erhaltung der Fränkischen Wässerwiesen durch den Bayerischen Umweltminister Thorsten Glauber gefördert. Seine fortwährende Unterstützung ist von unschätzbarem Wert, da sie darauf abzielt, die bestehenden Strukturen zu bewahren und zu schützen. Die Fränkischen Wässerwiesen spielen eine zentrale Rolle im Landschaftswasserhaushalt, im Naturschutz, bei der Bewahrung der Artenvielfalt und tragen sogar zu klimatischen Vorteilen bei.

Die Anerkennung der Traditionellen Bewässerung als Immaterielles Kulturerbe der Menschheit erfolgte durch die UNESCO im Dezember 2023 in Kasane (Botswana). Die fränkischen Wässerorganisationen haben den Antrag zusammen mit den Queichwiesen in Rheinland-Pfalz von deutscher Seite vorangetrieben. Daran beteiligt waren auch Trägerschaften der traditionellen Bewässerungskulturen in Belgien, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz.

In Franken wird diese traditionelle Kulturtechnik auf vielen hunderten Hektaren entlang der Flusssysteme der Rednitz, Regnitz und Wiesent seit Jahrhunderten betrieben. Die fränkische Region ist damit das wahrscheinlich größte zusammenhängende und lebendig gehaltene Bewässerungsgebiet Europas. Komplettiert wird die Kulturtechnik durch das Wissen des Baues der Wasserschöpfräder, die in der Region weit verbreitet waren und mit Hilfe derer das Wasser aus den Flusssystemen geschöpft wurde.

Die Argumente für eine Aufnahme der Traditionellen Wiesenbewässerung und damit die Ehrung der Wässer- und Wasserradgenossenschaften waren vielfältig:

  • Es handelt sich um eine nachweislich jahrhundertealte lebendige Tradition
  • Die regionale Identität und das Bewusstsein der Bevölkerung für ihre Landschaft werden gestärkt
  • Durch die Bewässerung verbleibt das Wasser gerade in Trockenzeiten in den Wiesen, speist das Grundwasser und leistet somit einen erheblichen Beitrag zum Landschaftswasserhaushalt und Klimaschutz
  • Das zugrundeliegende Genossenschaftswesen - ebenfalls ein immaterielles Kulturerbe der UNESCO – wird gestärkt und sorgt somit für eine gerechte Verteilung der Ressource „Wasser“
  • Durch die Verdunstung der gewässerten Wiesen entsteht Kaltluft und kühlt die Innenstadtbereiche der Städte
  • Die Biodiversität wird nicht nur erhalten, sondern auch aktiv gefördert und wirkt dem Artensterben entgegen
  • Mit der Anerkennung wird die europäische und internationale Gemeinschaft der in der Wässerwirtschaft Aktiven und deren fachlicher Austausch gefördert

Die beteiligten fränkischen Kommunen mit ihren Trägerschaften unternehmen bereits zahlreiche Anstrengungen, um diese Kulturtechnik weiter in die Zukunft zu führen:

  • Ein zukunftweisendes und unbefristetes Wassermanagement als Stabsaufgabe hat die Stadt Forchheim aufgebaut, das sich besonders um die strategischen und politischen Wasserthemen kümmert.
  • Im Landkreis Forchheim werden mit dem durch den Bayerischen Naturschutzfonds und der Oberfrankenstiftung geförderten Projekt „Wässerwiesen 2.0“ die operativen Aufgaben durchgeführt. Insbesondere gehören die Instandsetzungen der Bewässerungsinfrastruktur und die Erhöhung des naturschutzfachlichen Wertes der Bewässerungsgebiete zu den vorrangigen Zielen des Projektes
  • Die Wasserradgemeinschaft Möhrendorf hält mit großem Engagement auch weiterhin die Technik und den Betrieb der Wasserschöpfräder lebendig, die auch maßgeblich durch das Wasserwirtschaftsamt Nürnberg unterstützt wird
  • Die Stadt Nürnberg und der Landschaftspflegeverband Schwabach haben sich in einem weiteren, vom Bayerischen Naturschutzfonds geförderten Wässerwiesenprojekt zum Ziel gesetzt, nicht nur die Infrastruktur der Wässerungen zu erhalten, sondern untersuchen auch den Zustand lebensraumtypischer Biotope und seltener Arten, um gezielt Artenschutzmaßnahmen und Renaturierungen durchführen zu können
  • Gemeinsam arbeiten die europäischen Trägerschaften im Beirat des „Internationalen Zentrums für Traditionelle Bewässerung“ (IZTB) weiter am Bestehen und der Zukunft des Kulturerbes und haben hierfür eine neue Stiftung mit Sitz in St. Urban in der Schweiz gegründet
  • Auf Anregung der deutschen Trägerschaften in Franken und den Queichwiesen hin wurde in Deutschland seit kurzem unter der Federführung des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege eine Agentur zur deutschlandweiten Know-how Vermittlung realisiert, gefördert durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt.

Stellvertretend für die jeweiligen Fränkischen Trägerschaften nahmen die Urkunden entgegen:

  • für die Stadt und den Landkreis Forchheim, 1. Bauherr und Wässerer der Gosberger Zweng, Markus Galster
  • für die Stadt Nürnberg der Vorsitzende des Wässerverbandes Reichelsdorf, Heinz Lämmermann
  • für die Stadt Schwabach der Vertreter mehrerer Wässergemeinschaften in Schwabach, Herbert Adel
  • für die Wasserradgemeinschaft Möhrendorf, Dieter Setzer.

Grußworte sprachen Walter Nussel (MdL), Thomas Fischer (Bürgermeister Möhrendorf), Dr. Uwe Kirschstein (OBM Stadt Forchheim,) Dr. Hermann Ulm (Landrat Landkreis Forchheim), Britta Walthelm (Referentin für Umwelt und Gesundheit Stadt Nürnberg) und Peter Reiß (OB Stadt Schwabach).

Ausblick und wie geht es nun weiter?

Stadt Forchheim gründet Wässerwiesenteam:

Im April wurde ein Wässerwiesenteam mit Vertretenden des Stadtrates ins Leben gerufen, um langfristige Strategien zur Erhaltung dieses wichtigen Kulturerbes zu entwickeln. Oberbürgermeister Dr. Uwe Kirschstein, Martina Hebendanz (CSU), Johannes Mohr (FGL), Anita Kern (SPD), Manfred Hümmer (FW) und Jonas Stirnweiß (JB) setzen sich gemeinsam für dieses Ziel ein und arbeiten eng mit dem Wassermanagement unter der Leitung von Frau Schrade zusammen.

Ein besonderes Highlight war der gemeinsame Ausflug mit fränkischen Wässernden und Trägerschaften in die deutsche Partnerregion der Wässerwiesen, die Queichwiesen bei Landau in der Südpfalz, um an deren UNESCO Feierlichkeit am 29.04.2024 teilzunehmen. Dabei war auch Thomas Köhler, der Projektträger des Deutschen Verbands für Landschaftspflege zur bundesweiten Vernetzung und Inventarisierung bestehender Wässerwiesenstrukturen vertreten. Vor Ort gab es ein Exkursionsangebot durch den Projektleiter Pirmin Hilsendegen, den die fränkischen Trägerschaften im Gegenzug auch zur Festlichkeit in Franken begrüßen durften.

Johannes Mohr ist ein bedeutender Befürworter und Unterstützer der Wässerwiesen. Seine Leidenschaft und sein Engagement für die Erhaltung der Traditionellen Bewässerung spiegeln sich in seinem Einsatz als Stadtrat auf regionaler Ebene und als Mitglied des Fachkomitees zum Schutz des Immateriellen Kulturerbe und des Klimawandels (Kategorie VI) der UNESCO auf internationaler Ebene wieder. Damit setzt er sich aktiv dafür ein, das Bewusstsein für die Bedeutung dieser kulturellen Praktiken zu stärken und ihre Wertschätzung zu fördern. Sein Engagement zeigt, wie lokale Politik und internationale Bemühungen Hand in Hand gehen können, um das immaterielle Kulturerbe unserer Welt zu bewahren.

Absichtserklärung IZTB EU-Dependance

Die Unterzeichnung einer Absichtserklärung am 10. Mai 2024 zur Errichtung einer IZTB-Dependance in Forchheim durch Hans-Jürg Käser, den Präsidenten des Stiftungsrats des Internationalen Zentrums der Traditionellen Bewässerung, und Oberbürgermeister Dr. Uwe Kirschstein markiert einen bedeutenden Schritt für die Stadt und die Bewahrung des Wissens über traditionelle Bewässerungssysteme.

Diese Dependance wird eine wichtige Rolle im Wissenstransfer, Austausch und der Fortbildung rund um das Thema der Traditionellen Bewässerung spielen. Durch den geplanten Vertrag, der bis Ende 2024 ausgearbeitet wird, strebt Forchheim an, als Standort in der Europäischen Union etabliert zu werden.

Die Entscheidung, Forchheim als Standort für diese Einrichtung zu wählen, unterstreicht die Bedeutung der vielfältigen Wässerstrukturen Frankens im Bereich der Traditionellen Bewässerung. Sie wird dazu beitragen, das Bewusstsein für dieses wichtige kulturelle Erbe zu stärken und die Gemeinschaften zu unterstützen, die diese Praktiken pflegen und weiterentwickeln.