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Mitteilungsblatt der VG Gemünden a Main
Ausgabe 10/2024
Amtliche Bekanntmachungen
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Aus dem Archiv von Gräfendorf

Geschichten und Geschichte

The Making of Americans - (Being a History of a Family’s Progress)

Die Geschichte vom Werdegang einer Familie

Es ist Gertrude Steins bekanntester Roman und beginnt in Weickersgrüben. Die Erzählung über die Auswanderung ihrer Großeltern Michael und Hanna Stein ist nahezu autobiografisch. Mit dabei waren ihre Kinder, darunter ihr Vater Daniel.

Am 14. Juli 1840 erschienen Michael Stein und seine Ehefrau Hanna mit ihren drei kleinen Kindern vor dem Gemeindeausschuss Weickersgrüben und erklärten ihre Auswanderung. Der Vater unterschrieb in Hebräisch, die Mutter, des Schreibens unkundig, kennzeichnete mit drei kleinen Kreisen.

In Bremen ging die Familie Stein an Bord des Passagierschiffes Pioneer, das am 2. September 1841 in Baltimore ankam. Die Linie Europa - Amerika fuhr das Segelschiff ab 1841. Eigentümer war die Reederei Grinnell, Minturm & Co. Das Linienschiff war 140 Fuß (ca. 43 m) lang und 28 Fuß (8,53 m) breit. Es war das erste Segelschiff, das speziell für den Passagiertransport gebaut wurde. 150 Passagiere hatten Platz auf dem Schiff, das hauptsächlich Auswanderer beförderte. Die Überfahrt dauerte damals etwa 6 Wochen. In den USA angekommen, lebten Steins Großeltern in Baltimore im Staat Maryland. Oma Hanna wurde 88 Jahre alt, während Opa Michael schon fünf Jahre nach der Ankunft im Alter von 59 Jahren verstarb.

Nachfolgend ein kleiner Ausschnitt aus Ihrem 1000-seitigen Roman: „Ja, sie (ihre Oma Hanna) war es, die sie alle aus der Alten Welt in die Neue führte. Der Vater (gemeint ist der Opa) war kein Mann, der jemals eine solche Führung übernehmen konnte. Von Beruf war er Metzger. Er war ein sehr sanftes Wesen. Er liebte es, dazusitzen und nachzudenken, und er liebte es, in der Religion eine wichtige Rolle zu spielen. Er war ein kleiner, recht gut gebauter Mann mit einem hübschen Gesicht, blauen Augen und einem kleinen hellen Bart. Er liebte sein Essen und ein ruhiges Leben, er liebte seine Martha (die Romanperson nannte Gertrude Stein Martha, tatsächlich hieß seine Frau Hanna) und seine Kinder und vor allem mochte er die ganze Welt. Es würde ihm nie in den Sinn kommen, an eine neue Welt zu denken. Er wollte nie etwas verlieren, was er jemals um sich herum hatte. Er wollte nicht in eine Neue Welt gehen.“

© Hinweis: Die in " " gesetzten Sätze erschienen in der Samstags-/Sonntagsausgabe der Main-Post vom 17./18. Januar 1987. Der Autor war Ulrich Gineiger, damals ein für den Bayerischen Rundfunk tätiger Journalist. Er hat freundlicherweise die Erlaubnis erteilt, den Artikel zu digitalisieren und in "Alemannia-Judaika" zu veröffentlichen. (https://www.alemannia-judaica.de/weickersgrueben_synagoge.htm). Das Schiff ist ein Symbolbild. Das Bild und die Daten wurden am 28.12.2023 mit dem Co-Piloten in Bing KI (www.bing.com) kreiert. Der kleine Ausschnitt auf Seite 37 aus dem Roman steht im Buch von Alexander L. Nagel auf der Seite 11 in der englischen Sprache. Er wurde mit Google Translate transkribiert. (https://translate.google.com). Eine Kopie des Auswanderungsprotokolls hat Hermann Fischer aus Weickersgrüben aufbewahrt und dem Gemeindearchiv Gräfendorf übergeben. Im nächsten Mitteilungsblatt erfolgt noch ein Beitrag von Uli Gineiger mit dem Titel: "Der letzte Blick zurück".