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Mitteilungsblatt der VG Gemünden a Main
Ausgabe 11/2024
Amtliche Bekanntmachungen
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Aus dem Archiv von Gräfendorf

Geschichten und Geschichte

Weickersgrüben - Der letzte Blick zurück

„Bis ins Detail stimmen Gemeindechronik und Roman auch dort überein, wo es um die Rolle des Vaters geht. Michael Stein war in Weickersgrüben ein angesehener Mann; häufig bürgte seine Unterschrift in der alten Chronik für andere Mitglieder der Judengemeinde.

Wie es weitergeht, ist im Roman zu lesen:

„Alle kamen, um sie zu verabschieden und sie hatten einen guten Start. Was ihnen an Habseligkeiten blieb, wurde auf ein Pferdefuhrwerk geladen, und die Kleinsten sollten darauf sitzen. Die größeren Kinder gingen nebenher. Wieder war es die Mutter, die stark war und das Gespann anführte. So mancher begleitete sie ein Stück des Weges, bis sie schließlich allein waren. Plötzlich fühlte er sich einsam, und während sie fuhren, bemerkte die Mutter, dass ihr Mann vom Wagen abgestiegen war. Allein ging sie den Weg zurück, um ihn zu suchen. Sie fand ihn an einer Wegkehre, und er starrte hinab zum Dorf, das sie verlassen hatten, und er konnte es nicht ertragen, weiterzuziehen. Als sie zu ihm kam, saß er seufzend da, und sie sagte ihm: „Wenn du wirklich hierbleiben willst, dann sag mir, was du hier anfangen willst. Ich werde niemals eine Frau sein, die dich zu etwas zwingt, was dir widerstrebt. Und wenn du ganz sicher etwas willst, dann tu es auch. Aber du weißt, ich will nicht, was nicht wirklich wichtig für dich ist. Die Kinder warten nur darauf, dass du endlich sagst, was zu tun ist.“

"Monate vergingen, bis die Familie den Kontinent verließ. Gemäß den Aufzeichnungen der amerikanischen Einwanderungsbehörde legte das Passagierschiff „Pioneer“ am 2. September 1841 in Baltimore an. An Bord waren Michael Stein und seine Familie, einschließlich des kleinen Daniel. Im Jahr 1874 wurde Daniel Vater einer Tochter, Gertrude Stein. Von ihm hörte sie die Geschichte ihrer Vorfahren, die sie 1908 niederschrieb - „The making of Amerikans“. Das fast 1000 Seiten starke Epos entstand in Paris, wo Gertrude Stein seit 1902 lebte. In den Zwanzigerjahren wurde sie zum Mittelpunkt von Malern und amerikanischen Schriftstellern, für die sie die Formel prägte: „Lost Generation“ - die verlorene Generation“.

Die englische und deutsche Ausgabe befinden sich im Gemeindearchiv Gräfendorf. Sie sind ein Geschenk des verstorbenen Reinhold Müller aus Gräfendorf.

Hinweis: Der in „“ gesetzte Inhalt erschien in der Samstags-/Sonntagsausgabe vom 17./18. Januar 1987 in der Main-Post. Der Autor war der Journalist Ulrich Gineiger. Am Zustandekommen des Artikels wirkten damals der 1. Bürgermeister Johannes Sitter, der 2. Bürgermeister Rudolf Attensberger und der Lehrer Hermann Fischer mit. Ulli Gineiger erteilte freundlicherweise die Erlaubnis, den Bericht zu digitalisieren und im Portal „Alemannia-Judaica“ zu veröffentlichen. Die Pferdekutsche ist ein Symbolbild. Sie wurde mit dem Co-Piloten in Bing KI (www.bing.com) kreiert. Das Archivteam bedankt sich bei allen, die an dieser bedeutenden Ortsgeschichte mitgearbeitet haben.