In den HsNr. 20 und 20 a oder 20 ½ war Schmalhans Küchenmeister.
Im Jahr 1849 wurden in Gräfendorf der Urkataster erstellt. Anton Herch erhielt die Hausnummer 18 und besaß ein Wohnhaus mit Keller, Stall, Nebengebäuden und Hofraum auf einer Fläche von 36 Tagewerk (heute etwa 12,2 Hektar). Bauer Johann Wirth bekam die Hausnummer 21 für seinen halben Bauernhof mit ähnlicher Ausstattung auf einer Fläche von etwa 32.355 Tagewerk (heute ca. 11 Hektar). Zu dieser Zeit waren das zwei große Anwesen, die eine Familie gut versorgen konnten.
Das Haus des Tagelöhners Johann Adam Haas lag zwischen dem Haus Nr. 20, das einen Keller, Hofraum und 0,240 Tagewerk (rund 800 qm) hatte, und dem Wohnhaus Nr. 20a des Schneiders Andreas Weigand und seiner Frau Dorothea Weigand mit Stall, Hofraum und einem kleinen Gewürzgarten. Hier standen nur 0,114 Tagewerk (rund 400 qm) für die Familie zur Verfügung.
Wenn man die beiden kleinen Wohnhäuser mit den größeren Bauernhöfen vergleicht, kann man sich leicht vorstellen, dass es in den kleinen Häusern oft sehr bescheiden zuging. Die Forschungen von Resi Kühnlein und Daniela Griebel zeigen zudem, dass in den Häusern häufig die Bewohner wechselten und unverheiratete Paare lebten. Die hohe Sterblichkeitsrate von Frauen und Babys ist ebenfalls in den Archivunterlagen dokumentiert. Diese beiden Anwesen waren typische Armenhäuser, was auch mit den damaligen Verhältnissen zusammenhängt. Im 19. Jahrhundert war es in Bayern wichtig, Besitz zu haben, um heiraten zu können.
Eine Sterbeurkunde, die kürzlich von unserem Archivmitarbeiter Winfried Lutz aus Schonderfeld gefunden wurde, zeigt die schwierige Zeit, die auch im Saaletal herrschte. Laut dieser Sterbeurkunde Nr. 14 vom 26.8.1886 lebte die ledige Tagelöhnerin Eva Dittmeier in der Immobilie 20 a oder 20 ½. Sie gab gegenüber Herrn Bürgermeister Bürger an, dass ihr Sohn Adolf, geboren am 23. Mai 1886 in ihrer Wohnung mit der Hausnummer 20 ½ nach dreizehn Wochen am Vormittag des 25. Augusts um sechs Uhr verstarb.
Die Wohn- und Lebensbedingungen ähneln dem Reisebericht von Rudolf Virchow, einem jungen Arzt, der an der Medizinischen Fakultät der Universität Würzburg tätig war. Im Jahr 1852 reiste er durch den Spessart und verfasste einen Bericht für den Bayerischen König, aus dem im Folgenden zitiert wird.
„Im Innern einer solchen Wohnung haust eine fast immer sehr zahlreiche und mit Kindern gesegnete Familie. Zuweilen sind mehrere Generationen gleichzeitig, zuweilen auch mehrere fremde Familien zusammen darin vorhanden. Insbesondere häufig ist es aber, dass Seitenverwandte mit Kindern zugleich dieselben Räume mitbewohnen. Die meist sehr schmutzigen und, wo es möglich ist, dicken und heißen Betten stehen in geringer Zahl sowohl im Zimmer selbst als, in dem oft dunkeln und dumpfen Kämmerchen, sodass es gewöhnlich ist, wenn 2–3 Personen selbst von verschiedenen Geschlechtern in demselben Bette schlafen“.
Die beiden Gebäude existieren nicht mehr, da ihre letzten Bewohner verstorben sind und sie später abgerissen wurden.
Hinweis und Copyright: Der Text in Anführungszeichen stammt von Gerrit Himmelsbach. Er verfasste ihn für die Main-Post 'Geschichte von Main-Spessart', der am 9.4.2022 veröffentlicht wurde. Johannes Sitter aus Gräfendorf hat den Text zusammengestellt.