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Mitteilungsblatt der VG Gemünden a Main
Ausgabe 16/2023
Amtliche Bekanntmachungen
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Aus dem Archiv von Gräfendorf Geschichten und Geschichte

Geschichten und Geschichte

Das Anwesen 66 - Ein Bauernhaus

Geschichte und Geschichten rund um das heutige Mesner-Haus der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde - Teil I

Das Anwesen 66, heute das Mesner-Haus der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde kennt viele interessante Geschichten. Obendrein ist es noch eines der wenigen Häuser, das im 18. Jahrhundert im Kern modernisiert und dadurch der Nachwelt erhalten blieb. Die Besitzer des Anwesens sind bis 1750 nachweisbar. Der Bauer Johann Gerlach jun. steht als Eigentümer im ersten königlichen Grundsteuerkataster 1849.

Dort wird der Besitz beschrieben als ein ganzes Bauerngut, Wohnhaus mit Keller und Stall, Backofen, Schweineställe sowie Scheuer mit Keller, Holzhalle, Hofraum und 50.283 Tagwerk. Die denkmalpflegerische Erhebung von Dr. Matthias Wieser berichtet über das Wohnhaus: „eingeschossiger giebelständiger Fachwerkbau über Rotsandsteinsockel, verputzt, mit Satteldach und Freitreppe“.

Stundenlange Geschichten könnte das Haus über den 14-jährigen Streik und Streit für eine protestantische Lokal-Schule erzählen. Es ließe seine Zuhörer wissen: „Johann Gerlach jun. und seine Ehefrau Dorothea Fischlein bewirtschafteten den Bauernhof, waren bekennende evangelische-lutherische Christen und Johann, einer der Gründungsväter der protestantischen Lokal-Schule 1860. 1864 amtierte er als Geschworener für die zweite Schwurgerichtssitzung im Kreis Unterfranken und Aschaffenburg.

Bei der Familie seines 1848 geborenen Sohnes Wilhelm war der Tod fortwährender Gast, Leid und Schmerz der ständige Begleiter während seiner beiden Ehen. Sechszehn Kinder wurden ihm geboren. Zwölf Kinder überlebten nicht einmal das Babyalter. Seine Söhne Wilhelm und Johann Heinrich starben im I. Weltkrieg. Nur Christian (1900-1976) und Ferdinand Gerlach (1903-1993) blieben den Gräfendorfer Bauersleute. Nach dem Tod ihrer Eltern um 1920 wurden sie Eigentümer des Besitzes. Der Mangel an anspruchsvoller Arbeit im Saaletal veranlasste die Brüder, ihren Wohnsitz nach Frankfurt a. M. zu verlegen.

Das Dachgeschoss vermieteten sie an den Schuhmacher Adam Volpert (1878-1948). Ein Gräfendorfer Original, weiß Archivar Hans-Georg Herch aus den Unterlagen im Gemeindearchiv. Als weitere Mieter stehen im Gemeindearchiv: Schiffler Friedrich (1875-1957) und seine Frau Dorothea (1879-1957) sowie ihre Tochter Anna Dorothea Schiffler (1904-?).

Der Artikel über das Anwesen 66 hat drei Teile. In den nächsten Mitteilungsblättern folgen Geschichte und Geschichten über den ersten Kindergarten, die Nachkriegswohnung, die Zahnarztpraxis und das Mesner-Haus.