Entnazifizierung
Im Frühjahr 1946 wurde für die Länder der US-Zone ein "Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus" verabschiedet. Die Entnazifizierung erfolgte vor den Spruchkammern unter Aufsicht der Militärregierung.
Johann Adrio aus Weickersgrüben hat seine Wahrnehmung der damaligen Zeit in einem Gedicht verfasst. Es ist im Dialekt geschrieben. Zum besseren Verstehen wurde es lesefreundlich umgeschrieben. Ich denke, Johann hätte das verstanden und gebilligt.
Damals zu der Hitlerzeit
ist, wie so viele andere Leut’
schon dreiunddreißig gleich im Mai,
der Franz auch mit zu der Partei.
Mit riesiger Begeisterung
ist er marschiert und mit viel Schwung,
doch wie dann war der Krieg verlor’n,
da ist die Sach’ schnell anders worn.
Es war da noch kein Jahr verflossen,
da hat man die Parteigenossen
all samt zur Spruchkammer dann geführt
und hat sie entnazifiziert.
Da musst auch halt der Franz mit ran,
da half ihm nichts dem guten Mann.
Dort oben führt er auch mit Schwung
das Wort zu sei’ Verteidigung.
Ihr Herrn, ich sag’s Euch, dass ihr’s wisst,
ich hab‘ damals dazu geh’ müss’.
Ich bin direkt gezwungen worn,
sonst hätt‘ ich mei’ Arbeit und mein Brot verlor’n.
Im Herzen war ich nicht dafür,
ich hab’ gedacht, genau wie ihr
und legt ganz fromm zusamm’ die Händ’,
das kann mix schad’, hat sich er gedenkt.
Die Richter lassen Milde walt’,
und sagen, dann bezahlts du halt,
ein tausend Markt, dann bist du gleich,
von Nazi-Sozialismus ganz schnell frei.
Das mach ich freilich, sagt der Franz,
vergisst vor Freund’, das Dankschön ganz,
steht auf und geht mit inn’rer Eil’
und grüß recht zackig mit „Sieg Heil!“
Textzusammenstellung Johannes Sitter aus Gedichten „Am Fuhse des Sodenbergs. Das Foto ist ein Symbolbild aus dem Historischen Lexikon in Bayern. Sollten lebende oder verstorbene Gräfendorfer Bürger abgebildet sein oder eine Ähnlichkeit bestehen, wäre dies rein zufällig.