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Mitteilungsblatt der VG Gemünden a Main
Ausgabe 22/2024
Amtliche Bekanntmachungen
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Gemeinde Gräfendorf

Geschichten und Geschichte

Teil II Die Lebensgeschichte der Familien Schiefer

Kaspar Schiefer jun. heiratete die Katholikin Katharina Inge Ruppert aus Oberzell

Das Foto (Symbolbild) zeigt ein Söldengut, eines von 40, die sich im Grundsteuerkataster von 1849 in Gräfendorf befanden. Damals gehörte das Haus dem Wagnermeister Bernhard Hofmann und umfasste einen Keller, eine Wagnerwerkstatt sowie Ställe für das Vieh und Hofraum. Es hatte auch 11,580 Tagwerk Land und ein Holzrecht. Das Söldengut der Familie Schiefer, das in direkter Nachbarschaft stand, dürfte genauso ausgesehen haben wie das abgebildete. Nach dem Tod von Caspar Schiefer sen. erbte sein Sohn, der im Jahr 1822 in Gräfendorf geboren wurde, das Söldengut. Er übernahm die Verpflichtung seines Vaters, Dienstleistungen für den Baron von Thüngen zu erbringen. Gemäß der Familientradition wurde er Kaspar genannt und in der Generationenfolge als Kaspar jun. bezeichnet.

Kaspar jun. heiratete die Katholikin Katharina Inge Ruppert (1833-?) aus Oberzell, einem katholischen Rhön- und Pfarrdorf im Tal der schmalen Sinn. Sie hatten sieben Töchter und zwei Söhne. Im Jahr 1867 starb Kaspar jun. im Alter von 47 Jahren. Die genaue Todesursache ist nicht bekannt. Möglicherweise war es ein Unfall, oder er fiel einem kriegerischen Konflikt zum Opfer, wie dem Bruderkrieg zwischen dem Deutschen Bund unter Führung Österreichs und Preußen sowie dessen Verbündeten, der auch im Saaletal stattfand. Allerdings bleibt es unbewiesen.

In den Unterlagen der protestantischen Lokalschule Gräfendorf wird über einen Konkurs im Haus der Familie Schiefer berichtet. Aus diesem Grund war die Witwe Katharina gezwungen, zusammen mit ihren sieben Kindern das Söldengut zu verlassen. Wo sie und ihre Töchter und Söhne lebten, darüber sind auch keine Aufzeichnungen vorhanden. Die nächsten Verwandten waren die Tante Maria Dorothea Fischlein, geb. Rüttiger (1792–1876), und Onkel Johannes (1786-?). Diese besaßen einen Bauernhof. Ihr Sohn Andreas starb schon als Kind, und ihre Tochter Dorothea verheiratete sich mit dem Protestant Johannes Gerlach. Der Bauernhof hatte die Hausnummer 45 und ist den älteren Gräfendorfern noch als Standort des alten katholischen Pfarrhauses in Erinnerung. Die Fischleins, Anhänger des protestantischen Glaubens, praktizierten die christliche Bruderschaft.

Es ist nachweisbar, dass sie sich besonders ihrer minderjährigen Nichten und Neffen annahmen. Sie ließen die Witwe Katharina Schiefer, geb. Ruppert, und ihre minderjährigen Kinder bei sich wohnen. Auch bezahlten die Fischleins das Schulgeld für die protestantische Localschule. Protestanten legten großen Wert auf christlich erzogene und ausgebildete Gemeindemitglieder. Ob das Zusammenleben immer harmonisch ablief? Auch darüber lässt es sich nur spekulieren. 1872 passierte etwas Ungewöhnliches, das in Gräfendorf nicht oft vorkam. Aber davon erzählen wir erst in der nächsten Ausgabe.

© Die Recherchen und die Textzusammenstellung sind von Johannes Sitter, Gräfendorf.