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Mitteilungsblatt der VG Gemünden a Main
Ausgabe 27/2024
Amtliche Bekanntmachungen
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Gemeinde Gräfendorf

Geschichten und Geschichte

Das Anwesen mit der Hausnummer 65.

Ein 230 Jahre altes Söldengut, Wohnort der Familien Fink, Fischlein, Försch, Häusler, Hofmann, Kau, Weber und Wirth.

Das Haus mit der Nummer 65 wird erstmals in der Heiratsurkunde vom 27. Februar 1797 bei Valentin Häusler (1769-1815) und Eva Kau (1761-1800) erwähnt. Auch seine zweite Hochzeit am 30. November 1801 mit Margaretha Försch fand im selben Haus statt. Da ihre beiden Kinder im Gesindehaus - Hausnummer 49 - der Freiherren von Thüngen Andreasische Linie in Zeitlofs geboren wurden, kann man daraus schließen, dass das Ehepaar Häusler dem protestantischen Glauben angehörte.

Das den Familien Häusler nachfolgende Ehepaar waren der Landwirt Kaspar Fink (1785-1847) und Barbara Fischlein (1784-1843). Sie heirateten im Jahr 1818. Die Hochzeit fand im Haus Nr. 45 statt. Das Paar zog von der Dorfmitte ins Ried. Leider blieben sie ohne Nachkommen. Zwei Kinder verstarben kurz nach ihrer Geburt. Barbara (1822-1887) blieb ihr Leben lang eine alte Jungfer, während Margaretha (1828-?) sich in Sebastian Weber verliebte. Ihr Sohn Karl Joseph Sebastian wurde aus dieser Beziehung geboren, obwohl sie nicht geheiratet hatten.

Im Jahr 1820 ließen sie sich kirchlich trauen, Bernhard oder Leonhard Wagner - beide Vornamen findet man im Archiv - aus Wernarz bei Bad Brückenau und Eleonore Dittmeier aus dem Haus Nr. 62. Sie bezogen im Jahr 1844 das Haus im Ried. Bernhard war nach dem Grundsteuerkataster von 1849 der Eigentümer. Das Anwesen umfasste ein Wohnhaus, einen Keller, einen Stall, eine Wagnerwerkstatt, Schweineställe und einen Hofraum sowie insgesamt 11,580 Tagwerk Felder und Wiesen.

Das Ehepaar hatte einen früh verstorbenen Sohn. Ihre Tochter Amalia (1823-1887) heiratete Gottlieb Krug (1826-1866). Zusammen mit ihren Kindern lebten sie auf dem Anwesen. Nach Amalias Tod im Jahr 1887 verkaufte die Familie das Gehöft an Hieronymus Peter Wirth.

Die Abstammungslinie von Hieronymus Peter Wirth beginnt in Schwärzelbach, wo sein Großvater Georg Wirth 1774 geboren wurde. Seine Nachkommen gründeten große Familien, und die Töchter der Wirths waren beliebte Heiratspartner in Gräfendorf.

Hieronymus Peter Wirth (1844-1903) erlernte das Schuhmacherhandwerk und reiste später als Handwerksgeselle durch das Land. Mit 28 Jahren heiratete er Paulina Vogt (1847-1891) aus Burgsinn, mit der er acht Kinder hatte. Maria Theresia Fröb (1865-1907) von der Waizenbach Mühle, war seine zweite Ehefrau.

Johann Georg Wirth (1884-1961), Hieronymus‘ Sohn aus erster Ehe, war wie schon sein Vater handwerklich begabt. Eine Schneiderlehre und seine Wanderjahre hat er erfolgreich absolvieren, deshalb war sein Hausname auch der Hieronymus Schneider. Auch er heiratete zweimal und jedes Mal keine Einheimische. Seine erste Ehefrau, Emma Blau, stammte aus Grünsfeld, einer fränkischen Stadt im Main-Tauber-Kreis. Mit ihr hatte er zwei Töchter. Margarete und Sr. Felina, so ihr Ordnsname bei den Erlöserschwestern in Würzburg.

Nur zwei Jahre dauerte diese Ehe. Nach einem Trauerjahr hat er sich mit Paulina Weiß aus Langenprozelten vermählt. Dem Ehepaar wurden drei Töchter und zwei Söhne geboren: Sohn Alfred, der den Beruf des Koch wählte und in Heidelberg arbeitete und Sohn Hans, der am 26.10.1941 im II. Weltkrieg sein Leben verlor.

Die Tochter Franziska heiratete nach Wartmannsroth. Ihr Ehename war Koberstein sowie Walburga (1913-2002) und Martha (1914-2007). Walburga heiratete Ferdinand (1911-1968), den Metzgermeisters Sohn Georg Franz (1867-1934), der von Heidingsfeld nach Gräfendorf gekommen war. Martha heiratete Ludwig Schmitt (1907-1978), den Sohn des Wagners Joseph aus dem Anwesen 24 mit dem Hausnamen "Lampe". Ludwig hatte selbst das Wagnerhandwerk gelernt und ausgeübt.

Ihre Eltern lebten weiterhin im Ried, Hausnummer 65. Ihr Vater Johann Georg lebte bis 1961 und die Mutter Paulina bis 1967. Anschließend bildeten die Töchter eine Erbengemeinschaft, die durch eine gemeinschaftliche Regelung aufgelöst wurde. Eigentümerin des Söldenguts wurde Walburga Pfister. Da es sehr baufällig war, wurde es 1969 abgerissen und an gleicher Stelle ein modernes Wohn- und Betriebsgebäude errichtet.

© Johannes Sitter aus Gräfendorf hat diesen Text recherchiert und verfasst. Die Feuerversicherungsurkunde von 1930 des Eigentümers Johann Wirth wurde gescannt. Die Personendaten wurden von Resi Kühnlein aus Schonderfeld und Daniela Griebel aus Gräfendorf im Diözesanarchiv Würzburg recherchiert und dem Gemeindearchiv zur Verfügung gestellt. Im Gemeindearchiv befindet sich der Grundsteuerkataster von 1849.