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Mitteilungsblatt der VG Gemünden a Main
Ausgabe 3/2024
Amtliche Bekanntmachungen
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Aus dem Archiv von Gräfendorf

Geschichten und Geschichte

Fotos erzählen……

Das ist das Hochzeitsbild des Landwirts Joseph Otto Bürger (1859-?) und seiner Ehefrau Margaretha Amalia Schmitt (1865–1916). Sie heirateten am 9 11.1890 und wohnten im Anwesen 37, im heutigen Neuer Weg. Ihre beiden Mädchen starben, eine als Säugling und die andere schon während der Geburt. Dadurch ist die Linie von Joseph Otto Bürger beendet worden. Erforscht wurde Joseph Ottos Stammbaum von Theresia (Resi) Kühnlein, Schonderfeld, der bis 1679 zurückreicht. Margaretha Amalia Schmitt war die Tochter der Eheleute Johann Adam (1828–1902) Schmitt und Barbara Reusch (1833–1886). Als Familie mit neun Kindern lebten sie in dem Anwesen des Kaufhauses Rüttiger, das damals ein Bauernhof war. Der Stammbaum der Familie Adam Schmitt ist bis 1749 nachgewiesen.

Auf Hochzeitsfotos sind vielfach ländliche Trachten sowie Brautkleider in unterschiedlichen Farben und Formen zu bewundern. Wie Brautmode aussehen sollte, dazu gab es im Hochzeitsjahr unseres Gräfendorfer Jubelbrautpaares keine einheitliche Regel. Populär waren zu dieser Zeit weiße oder helle Brautkleider. Am Ende des 18. Jahrhunderts heirateten die jungen Damen der oberen Gesellschaftsschichten mit solch einer leuchtenden Pracht-Garderobe, ein Zeichen ihrer Reinheit und ihres Reichtums. Stark zugenommen hat der Brauch in Weiß zu heiraten nach der Hochzeit der englischen Königin Victoria im Jahr 1840. Sie trug ein, in ihrem Reich und auf dem Kontinent bewundertes, weißes Kleid mit echter Spitze.

Unser Brautpaar besaß keine modischen und teureren Kleider. Sie entstammten der bäuerlichen Gesellschaft des Saaletals, das im bayerischen Bezirksamt Gemünden lag. Ein Grund, weshalb die Braut ein dunkles Kleid getragen hatte. Es war zudem noch praktisch, vielseitig und konnte obendrein nach der Hochzeit zu anderen Anlässen getragen werden. In streng religiösen Kirchengemeinden signalisierte ein dunkles Brautkleid auch eine schnelle Niederkunft der Braut nach dem Hochzeitstag.

In dem Foto trägt der Bräutigam einen dunklen Anzug und eine Weste, aus dem die glänzende Uhrkette ins Gesicht fällt, ebenso der kräftige Bartwuchs, wohl eine Mode der vergangenen Zeit, volkstümlich, nach dem Vorbild des damaligen Prinzregenten Luitpold, der von 1886 bis 1912 Bayern regierte.

Auch die gesellschaftliche Rangordnung wird durch das Foto deutlich. Der Mann steht. Die Frau sitzt, die Haare züchtig nach hinten gekämmt und hält ein Buch, meist ein Gebetbuch oder die Familienbibel in der Hand. So erzählen Fotos in dieser Schilderung eine nicht vergessene Lebensstrecke in der Gräfendorfer Dorfgeschichte.

©Das Foto wurde im Studio Oscar Hepperlin, Spahns Nachfolger, Hammelburg aufgenommen. Es wurde dem Gemeindearchiv überlassen. Die Textrecherche stammt von Johannes Sitter, Gräfendorf.