Geschichten und Geschichte
Ortsgeschichte vor und nach dem Zweiten Weltkrieg.
Was haben diese jungen Herren gemeinsam?
Auf diesem historischen Foto, das unserem Archivteam von Ria Vorndran aus Gräfendorf zur Verfügung gestellt wurde, sind sieben junge Männer aus unserer Gemeinde zu sehen. In der ersten Reihe von links nach rechts knien Andreas Bock, Richard Dorbath und Karl Kreps. In der zweiten Reihe stehen Wilhelm Fürst, Rudolf Meder, Karl Kraft und Josef Hauter vom Eidenbacher Hof, so die Aussage eines Dittlofsrodaer Bürger.
Auf dem Bild sind sie fröhlich und festlich geschmückt, und sie halten Bierkrüge in den Händen. Der Anlass für ihre Freude ist der "Tag der Musterung". Denn diese jungen Gräfendorfer sind allesamt im Jahr 1923 geboren. Doch diese Feierlichkeit hat einen ernsten Hintergrund.
Im Jahr 1935 wurde die allgemeine Wehrpflicht in Deutschland wiedereingeführt, die während der Weimarer Republik abgeschafft worden war. Ab dem 18. Lebensjahr waren diese jungen Männer verpflichtet, Wehrdienst zu leisten, und Verweigerung war keine Option. Im Jahr 1941 mussten sie zur Musterung ins Bezirksamt Gemünden. Nach Vollendung ihres 20. Lebensjahres waren sie gemäß dem Gesetz dazu verpflichtet, zwei Jahre lang ihren aktiven Dienst in der Wehrmacht zu leisten. Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs wurden die Wehrpflichtbestimmungen noch strenger.
Ob alle nach ihrer Musterung Kriegsdienst leisten mussten? Wir wissen es nicht. Rudolf Meder und Karl Kraft waren Kriegsteilnehmer, wie ein historisches Foto im Gemeindearchiv belegt. Rudolf Meder überlebte die Zeit bei der Wehrmacht, während Karl Kraft, der Bruder von Hans Kraft in der Burgsinner Straße, am 19. September 1944 im Alter von nur 21 Jahren sein Leben verlor.
Mit dem bevorstehenden Volkstrauertag am kommenden Sonntag gedenken wir in der Gemeinde Gräfendorf nicht nur Karl Kraft, sondern auch allen Gefallenen, die aus unserer Mitte stammten. Ebenso erinnern wir an all die Menschen, die im Zweiten Weltkrieg getötet wurden. Gleichzeitig wird an diesem Tag ein Gott sei Dank gesprochen für diejenigen Ehegatten und Brüder, die wohlbehalten in ihre Heimat zurückgekehrt sind, sowie an die Flüchtlinge und Heimatvertriebene der damaligen und heutigen Zeit. Nicht vergessen dürfen wir am Volkstrauertag die leidende Bevölkerung der derzeitigen Kriege in der Ukraine und in Nahost.
© Das Foto stammt von Ria Vorndran, Gräfendorf. Dafür ein herzliches Vergelt’s Gott. Der Text wurde von Johannes Sitter aus Gräfendorf zusammengestellt, ebenso die Bildbearbeitung.