Mahd-Ludl
Heute würde man ihn als „Aussteiger“ bezeichnen. Er war bereits in den 30er Jahren der erste Bewohner der ab 1946 entstandenen Vertriebenen-Siedlung Neugablonz. An der Einmündung des heutigen Hartmähderwegs in die Sudetenstraße war auf der Südseite eine Waldwiese, es war „Gerle Mahd“ (Haus-Nr. 3).
Der auf diesem Grundstück stehende Feldstadel diente dem Mahd-Ludl, wie er von den Germaringern genannt wurde, etwa 12 Jahre als Unterkunft. Wenn es die Witterung zuließ, kam er fast täglich ins Dorf, um bei „seinen“ Bauern eine Mahlzeit einzunehmen. Im Winter, wenn er total eingeschneit war, kam es vor, dass er mehrere Wochen in seiner Behausung, die nur ein Heulager beinhaltete, verblieb. Wenn es sehr kalt war, blieb er im Dorf und nächtigte bei Familie Gerle im warmen Stall.
Als er einmal von Alois Dopfer (Haus-Nr. 20) ein paar Schuhe erhielt, nahm der nun den linken an, da bei ihm der rechte noch in Ordnung sei.
Selbst nannte er sich Ludwig Ritter von Steyr. Er lebte im Glauben, sehr reich zu sein und in Rosenheim eine große Herde „Blauschecken“ zu besitzen. Nachdem er älter wurde und die politischen Verhältnisse sich geändert hatten, bereiteten verantwortliche Männer aus der Gemeinde 1934 die Überführung in die Herzogsägmühle vor. Nur unter dem Vorwand, dass „seine“ Viehherde am Bahnhof in Kaufbeuren eingetroffen sei, war Ludwig bereit, in das Auto von Wagnermeister Hermann Reisacher zu steigen, um den Zug von Kaufbeuren nach Schongau zu erreichen.