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Über den Zaun
Ausgabe 45/2022
Gessertshausen
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950 Jahre Deubach

Der Altarraum der Galluskirche wurde bei einer Kirchenführung der besonderen Art in Licht, Klänge und Farben getaucht. Foto: Stefan Riegg

Mit Licht, Klängen und Farben tauchten Ilona Thalhofer und Reinhold Banner den Altarraum der ehemaligen Schlosskapelle in einen Erzählraum des Erinnerns.

Wer bei der Veranstaltung „St. Gallus - Kirche neu erleben“ im Rahmen des Festprogramms 950 Jahre Deubach eine Kirchenführung der herkömmlichen Art - also mit näheren Hinweisen zu den Besonderheiten der ehemaligen Schlosskapelle - erwartet hatte, war sicher enttäuscht. Vielmehr tauchten die Referentin Ilona Thalhofer vom Bischöflichen Seelsorgeamt Augsburg und der Grafiker und Fotograf Reinhold Banner vom Sankt Ulrich Verlag den Altarraum in Licht, Klänge und Farben. So erlebten die zahlreichen Besucher den Sakralbau mit allen Sinnen.

Gleich eingangs machte die Referentin aufmerksam, dass jede Kirche grundsätzlich als Dialograum mit Gott entstanden sei. Doch jedes Gotteshaus, und damit auch die Deubacher Kirche St. Gallus, beinhalte mehr als nur die Zusammenkunft für die Eucharistiefeier. Sie sei ein Raum, der aus Erzählungen lebt und zugleich Ruhe spende.

Räume der Stille und Kraft

Kirchen würden von den Menschen heute nur zu einem kleinen Prozentsatz zu Gottesdiensten genutzt, erinnerte Ilona Thalhofer. Sie seien in erster Linie Räume der Stille und Sehenswürdigkeiten. Viele können in Sakralgebäuden abschalten, Kraft schöpfen, andere darin wiederum eine Auszeit erleben. Die Schlosskapelle mache da keine Ausnahme.

Neben der Begegnung mit Gott und den Menschen aus dem Dorf sei die Kapelle ein Hoffnungsort schlechthin, aber auch ein Raum für Unendlichkeit.

„Mit Kerzen und Gebeten bringen Menschen ihre Hoffnung zum Ausdruck“, betonte Thalhofer. „Darüber hinaus werden mit dem Kirchenraum persönliche Erinnerungen verbunden.“ Generationen vor uns seien hier schon gesessen mit ihren Ängsten, Sorgen, Freuden und ihrer Dankbarkeit. „Sie können uns Hilfestellung heben, Mutmacher sein.“

Die Schlosskapelle war in der Darstellung der Referentin allerdings noch viel mehr. Sie präsentiere sich unter anderem als Raum für Glauben, für Ewigkeit und Zukunft und natürlich als Ort der Kunst. Letzteres biete den Kirchenbesuchern durch die schöpferische Gestaltung Ideen an und weite damit deren Bewusstsein.

Nicht zu unterschätzen sei die Schlosskapelle auch als Erinnerungsraum, meinte sie. „Rudolph Zech hat den Bau 1820 der Gemeinde Deubach geschenkt.“ Die Logenplätze der Adelsfamilie seien heute noch vorhanden, auch deren Wappen.

Kirchenpatron steht für Frieden und Demut

Ebenso interessant war für die Referentin, warum gerade der Heilige Gallus -ein Mitte des sechsten Jahrhunderts geborener Missionar aus Irland - als Kirchenpatron und Vorbild gewählt wurde. Er habe den Frieden gepredigt und Lebenshaltungen angenommen, die andere überzeugten und in ihren Bann zogen, erläuterte sie. So sei Gallus als Friedensstifter, als demütiger Dienstleister am Nächsten wahrgenommen worden, als einer, der sich den Sorgen, Streitigkeiten und Hilfslosigkeiten der Menschen annahm und nach Lösungen suchte.

Mit Lichtspielen, die symbolisch die Strahlkraft der Menschen charakterisierten, und eingespielten Klängen zur Ewigkeit von der Outbreakband ging Julia Thalhofer am Schluss der besonderen Kirchenführung noch auf die Funktion der Kirchen ein. „Sie haben die Aufgabe, den Himmel offen zu halten.“ Und zu signalisieren, dass selbst der Tod sich in Leben verwandeln könne. Das habe gerade in sehr schwierigen Zeiten wie diesen eine besondere Bedeutung. (spr)

Die ehemalige Deubacher Schlosskapelle

1408 erbaut. Die Kirche, die dem Heiligen Gallus gewidmet ist, wurde mit dem Schloss um 1408 erbaut. Romanische Sandsteinquader des Langhauses deuten auf ein ursprüngliches Gebäude im 12. oder 13. Jahrhundert hin. Vermutet wird zudem ein viel früherer Vorgängerbau aus Holz.

1565 wurden Kapelle und Schloss saniert und umgebaut. 1589 ging der Komplex an die Familie des Augsburger Ratskonsulenten Adam Zech. 1765 erhielt die Kirche Altarbilder und Fresken des Augsburger Malers Johann Joseph Anton Huber.

Gruft der Adelsfamilie Zech. Unter dem Langhaus befindet sich die mittlerweile nicht mehr zugängliche Gruft für die Verstorbenen der Adelsfamilie Zech. Das letzte Familienmitglied wurde dort im Oktober 1804 beigesetzt.

1820 schenkte Rudolph Marquard Zech die Kapelle der Gemeinde Deubach. Im Gegensatz zum Schloss blieb das Gotteshaus vom Abriss in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verschont.

Die Galluskirche wird von den Pfarrern der Mutterpfarrei St. Martinus in Willishausen betreut. (spr)