Grabenstätts Zweiter Bürgermeister Andreas Danzer sprach seinen Dank an die ehemalige Leiterin der Koordinationsstelle der Römerregion Chiemsee, Andrea Krammer (mit schwarzer Jacke) aus und wünschte deren Nachfolgerin Marion Tippmann-Böge (mit roter Jacke) alles Gute für ihren Dienst in Sachen Römer rund um den Chiemsee. Seinen Dank sprach Danzer auch gegenüber Andreas Zauner aus, der als archäologische Fachkraft einen theoretischen und praktischen Teil zu Archäologie und Geophysik in der Schlossökonomie und auf den Maueräckern von Erlstätt vermittelte.
Andreas Zauner geht mit einem geoelektrischen Widerstands-Messgerät eine Fläche von etwa 10 Metern mal 40 Metern ab, wobei er in einem Längenabstand von 1,50 Metern nach jedem Meter das Gerät in den Boden steckt, um den Widerstand zu messen. Nach etwa eineinhalb Stunden präsentierte Zauner dann das Ergebnis der Messung mittels Kartierung auf dem Laptop.
Kleines Forum und Fortbildung der Römerregion Chiemsee (11.11.2023)
In Kooperation der Gemeinde Grabenstätt, des Kreisbildungswerkes Traunstein und der Römerregion Chiemsee wurde in der Schlossökonomie eine Fortbildung der ausgebildeten Römer-Führer veranstaltet, die in den elf Gemeinden rund um den Chiemsee Interessierten die Geschichte und Hintergründe zur römischen Besiedelung im Chiemgau nahebringen möchten. Darüber hinaus nahmen auch Ortsheimatpfleger und andere an der Römergeschichte interessierte Personen teil, um sich über Theorie und Praxis der Archäo-Geophysik einen Eindruck zu verschaffen. Als Referent konnte Andreas Zauner als archäologische Fachkraft gewonnen werden. Zauner ist bei einer archäologischen Grabungsfirma aus der Region angestellt.
Die neue Leiterin der Koordinationsstelle der Römerregion Chiemsee (RRC), Marion Tippmann-Böge, und Zweiter Bürgermeister Andreas Danzer begrüßten die Römer-Interessierten und sprachen ihren Dank an Andrea Krammer aus, die die Koordinationsstelle der RRC bisher geleitet hat. Mit Geschenken wurde Krammer auch von den Gästeführern bedacht, an deren Ausbildung Krammer maßgeblich beteiligt war.
Andrea Krammer freute sich über die Gelegenheit, „anständig Servus zu sagen“ bei den Wegbegleitern, die auf dem Weg der Gründung der RRC beteiligt waren. „Alle waren voller Begeisterung dabei, die Bürgermeister, Ortsheimatpfleger, die Touristik-Verantwortlichen der Gemeinden und die Gästeführer.“ Krammer hat seit Oktober die Leitung des Städtischen Museums in Rosenheim übernommen. Dank kam auch von den Vorstandsmitgliedern der Interessensgemeinschaft Gästeführer RRC, Claudia Riess und Susanne Pfliegl.
Andreas Zauner stellte zunächst in seinem mit Lichtbildern veranschaulichten Vortrag aktuelle archäologische Grabungen aus der Region vor, an denen er selbst beteiligt war.
Dazu gehörten Grabungen am Friedhof in Ischl mit 75 Bestattungen aus der Zeit zwischen Frühmittelalter und Frühneuzeit sowie vorgeschichtliche Siedlungsbefunde. Zauner nahm dabei Bezug auf den von ihm erstellten Bericht „Mit ausgestreckten Armen – Früh- und hochmittelalterliche Bestattungen bei Sankt Martin in Ischl im archäologischen Jahrbuch Bayern 2022, das vom bayerischen Landesamt für Denkmalpflege, Gesellschaft für Archäologie herausgegeben wurde.
Auch an den Grabungen der Villa Rustica in Bernau beim Gasthof Kampenwand war Zauner beteiligt. Die Dokumentation eines bislang unbekannten mehrphasigen Gebäudes der frühen bis mittleren römischen Kaiserzeit ist ebenfalls in der Ausgabe des archäologisches Jahrbuches 2022 beschrieben. Zauner konnte auch auf Beispiele seiner freiberuflichen Tätigkeit im Bereich "Non-invasive archäologische Prospektionen" verweisen. „Darunter sind unter anderem geophysikalische Untersuchungen, 3D-Scans von Bau- und Bodendenkmälern, sowie Vermessungsdienste zu verstehen“, führte der Referent aus.
Zauner erklärte die sogenannten non-invasiven Prospektionsarten. „Dabei handelt es sich um Untersuchungen, die ohne Bodeneingriff durchgeführt werden können und so Bodendenkmäler nicht beschädigen oder zerstören“. Zu diesen Methoden gehören unter anderem Feldbegehungen (oberflächliche Suche nach Lesefunden ohne Metalldetektor), Luftbildanalyse, Laserscanning und Geophysik.
In der Luftbildarchäologie nutzt man mittels Drohnen oder Flugzeug aufgenommene Oberflächenaufnahmen, und wertet im Anschluss sichtbare Bodenmerkmale aus. Diese können sich zum Beispiel als Verfärbungen im Boden, Schattenwurf bei Bodenunebenheiten, (wie sie auch im Fall der römischen Villa von Erlstätt sichtbar sind), oder Temperaturunterschiede (beispielsweise bei Schneeresten) darstellen. Auch können Befunde im Untergrund zu Bewuchsveränderung der Vegetation darüber führen. So lässt ausgetrocknetes Getreide über Mauerresten Schlüsse auf den Untergrund zu.
Als Beispiel der Geoinformatik wurde das Airborne Laserscanning näher vorgestellt (Kurzform: LIDAR - Light Detecting and Ranging), eine vom Flugzeug gestützte Vermessung des Bodens mittels Laser. „Dabei entsteht eine dreidimensionale Punktewolke in einer Auflösung bis zu einer Genauigkeit von wenigen Zentimetern. Mit spezieller Software ist es dann möglich beispielsweise den Bewuchs wie Wälder, aber auch menschengemachte Strukturen auszublenden und im Fall eines Waldes den darunter liegenden Erdboden darzustellen. Mit dieser Technik konnten in den letzten Jahren eine Vielzahl an neuen Bodendenkmälern entdeckt werden“, sagte Zauner.
Im Bereich Geophysik wurden Methoden der Geomagnetik, der Geoelektrik (Widerstandskartierung sowie Tomographie) und des Bodenradars präsentiert.
Geomagnetische Messungen erfolgen mittels spezieller Sensoren, welche lokale Abweichungen im Erdmagnetfeld messen. Damit kann man unter anderem verfüllte Gruben, Pfostenstandspuren von Holzgebäuden, Gräben und Strukturen welche einmal hoher Hitzeeinwirkung ausgesetzt waren (zum Beispiel Öfen) sichtbarmachen.
Das Bodenradar ist ein Gerät, das Radarwellen in den Boden aussendet und mittels Empfänger die Reflektionen dieser Signale wieder einfängt. Sehr geeignet ist dies, um Steinstrukturen sichtbar zu machen, erklärt Zauner. „Diese Methode hat den Vorteil, dass man auch Tiefeninformationen zu den Objekten bekommt. So kann man aus den gewonnenen Daten, Karten aus verschiedenen Tiefen erstellen und bekommt somit eine große Fülle an Informationen.“
Erklärt wurde auch die Geoelektrische Widerstandskartierung, die nachmittags auf den Maueräckern bei Erlstätt praktisch erprobt wurde sowie die geoelektrische Tomographie, die 2D-Profilschnitte durch das Erdreich sichtbar macht.
Widerstandskartierung erfolgt als Messung des elektrischen Widerstands im Boden mit Hilfe eines Messgestells und daran befestigter Elektroden, die wenige Zentimeter tief in den Boden gesteckt werden.
Dabei wird ein schwacher Strom in den Boden eingeleitet und gleichzeitig der Widerstand gemessen, den der Strom dabei im Boden ausgesetzt ist. Strukturen wie Mauerfundamente erhöhen dabei den Widerstand deutlich, wohingegen Bereiche mit höheren Feuchtigkeitsanteilen den Strom besser leiten und dadurch weniger Widerstand erzeugen. Aus diesen Daten kann dann ein 2D-Bild erstellt werden. Dies wurde unter Anleitung von Andreas Zauner am Nachmittag von den Gästeführern der RRC in Erlstätt auf dem Hauptgebäude der dortigen Villa Rustica durchgeführt und vor Ort grob ausgewertet.
Zauner zeigte abschließend in seinem Vortrag einige Untersuchungsergebnisse (durchgeführt durch Mitarbeiter des bayerischen Landesamt für Denkmalpflege) aus der Region, so unter anderem Erlstätt, Prien, Bernau, Bad Endorf, Vachendorf und Unterkitzingen.
Am Nachmittag konnten die Teilnehmer erleben, wie bei Messungen mit dem geoelektrischen Widerstands-Messgerät erfolgreich die Mauerstrukturen des untersuchten Bereichs kartiert und visuell auf einer Karte dargestellt werden. Zu den Beobachtern gehörte auch Franz Strohmayer aus Erlstätt, der als Austragsbauer sein ganzes Leben lang die Forschung auf seinen Feldern beobachtet hat. „Dass es auf unseren Feldern einen römischen Gutshof, eine Villa und ein Badehaus gibt, ist uns als Eigentümer bekannt. Deshalb haben wir an den Stellen, an denen die römischen Bauten sind, immer aufs Pflügen verzichtet und die Grundstücke als Wiesen belassen, die wir zweimal im Jahr mähen.“
Bericht: Arno Zandl
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