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Grassauer Gemeindezeitung
Ausgabe 17/2025
Das Rathaus berichtet
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Das Rathaus berichtet

Kaum Änderungen, aber neue Bestandsaufnahme

Die Diskussion über das bestehende Einzelhandelskonzept zum Schutz der Geschäftstreibenden im Zentrum wurde in den letzten Monaten kontrovers geführt. Folglich stand das bestehende Konzept auf dem Prüfstand. Die Ergebnisse der Überprüfung des Konzepts von 2017 wurden dem Marktgemeinderat von der Firma CIMA, in Person von Projektleiter Jan Vorholt und Jonas Müller, vorgelegt und zur Beratung gestellt. Mit zwei Gegenstimmen wurde das Einzelhandelskonzept als städtebauliches Entwicklungskonzept angenommen und in die künftige Bauleitplanung aufgenommen.

Wie Bürgermeister Stefan Kattari informierte, wurde die Fortführung des 2017 erneut beschlossenen Konzepts im Ortsentwicklungsbeirat mit Vertretern des Vereins Aktives Grassau vorberaten und dieses soll nun als städtebauliches Entwicklungskonzept in die Bebauungspläne eingearbeitet werden. Kattari verwies auf den Flächennutzungsplan, der nun neu aufgestellt wurde und als Leitfaden für die Aufstellung von Bebauungsplänen dient. Ebenfalls aufgenommen wird dann das Einzelhandelskonzept mit den beiden Komponenten Standortkonzept und Sortimentskonzept, so einleitend Kattari.

Das Konzept nach acht Jahren zu überprüfen und anzupassen sei normal. Eine völlige Veränderung des Kurses sei nicht notwendig. Grassau, so Vorholt, habe sehr gute Rahmenbedingungen, eine gute und gesunde Einzelhandelsstruktur und die Ortsmitte sei voller Vitalität. Vorholt sprach von Strukturwandel, nicht nur durch den Onlinehandel, sondern auch hinsichtlich der Konsumzurückhaltung. Grassau habe aber zudem touristisches Potential. Bei Neuansiedlungen müsse das Augenmerk auf die Ortsmitte gelegt werden und mit dem Konzept gebe sich die Gemeinde eine Richtschnur und Fahrplan für die nächsten acht bis zehn Jahre. Er warnte vor Einzelfallentscheidungen aus der privaten Wirtschaft. Spielregeln und Rahmengerüst müssten von allen eingehalten werden. Dies wiederum gebe Planungs- und Investitionssicherheit für Gemeinde, Geschäftsinhaber aber auch Investoren und sei Grundlage für die Bauleitplanung.

Die Analyse basiere auf der Erfassung des gesamten Einzelhandelssortiments sowie der Verkaufsflächen von insgesamt 9420 Quadratmetern. Seit 2017 verlor die Gemeinde im gesamten Gebiet acht Betriebe und zehn Prozent der Verkaufsfläche. In der Ortsmitte waren es sechs mit einer Verkaufsfläche von 8,5 Prozent. Positiv zu werten sei, dass eine gute Nachnutzung gefunden wurde und nur ein geringer Leerstand vorhanden ist. Müller verwies auf den neuen Baumarkt. Von den 50 Betrieben befinden sich 29 im Ortszentrum und dies belege die große Bedeutung des Zentrums. Qualität und Quantität der Nahversorgung im Ort sei gut mit einem großen Angebot. Nur der Supermarkt sei veraltet. Hier gebe es Entwicklungspotentiale. Müller ging zudem auf die Befragungsergebnisse ein. Die Befragten erteilten der Gemeinde eine gute Note mit 2,26, wobei viele den Ortskern mit Einkaufen verbinden und auf den gepflegten Ortskern verweisen. Es wurden aber auch Lücken aufgezeigt, wie ein fehlendes Angebot für Bekleidung junger Leute, Sportartikel und Schreibwaren. Der Besuchszweck sei das Einkaufen und an zweiter Stelle das Nutzen von Dienstleistungen und Gastronomie. Seit 2017 habe das Fahrrad an Bedeutung gewonnen, so Müller. Die Befragten wollen mehr Sitzmöglichkeiten und Spielmöglichkeiten und weniger Verkehrsbelastung. Es gebe durchaus Entwicklungspotentiale. So wäre vielleicht eine Buchhandlung mit Café anzustreben und auch Sortimentslücken könnten gefüllt werden. Die Experten schlugen vor, der Sortimentsliste, gesplittet nach Sortimenten des Innenstadtbedarfs wie Apothekenartikel, Babybedarf, Bekleidung, Blumen, Brillen, Hörgeräte, Computer und Zubehör, Fahrräder, Haushaltswaren und Haushaltselektronik, Schreibwaren, Schuhe, Spielwaren, Schmuck und Unterhaltungselektronik und des Nahversorgungsbedarfs wie Lebensmittel, Drogeriewaren und Zeitschriften sowie des sonstigen Bedarfs mit Produkten, die mehr Raum beanspruchen, wie Möbel oder Baumarktartikel, zu folgen. Vorholt betonte, dass dieses Einzelhandelskonzept nicht von Einzelfallentscheidungen entbinden können. Eine Grenze von 600 Quadratmetern Verkaufsfläche für die Ansiedlung von Sortimenten des Nahversorgungsbedarfs (Nahrungs- und Genussmittel, Drogerie sowie Zeitungen) im Versorgungstandort Eichelreuth wie auch in Streulagen sei ratsam. Vorholt betonte, dass die beiden Lebensmittel-Gebiete (Ortsmitte und Eichelreuth) viel Frequenz bringen und das nicht aufs Spiel gesetzt werden sollte. Für die Supermärkte im Ortszentrum gebe es Bestandsschutz. Dennoch sollte ein Erweiterungsspielraum eingeräumt werden. Neu aufgenommen wurde auch der Annexhandel, der unter einem klassischen Fabrikverkauf bekannt sei. Die Experten gaben dem Gremium zudem ein Maßnahmenprogramm Ortsmitte an die Hand. Beschrieben werden Empfehlungen zur Stärkung der Ortsmitte, wie der Ausbau von Social Media Marketing, integriertes Besucherleitsystem und Radverkehrskonzept wie auch gestalterische Aufwertungsmaßnahmen im Zentrum.

„Mit dem Einzelhandelskonzept und der Stärkung der Ortsmitte sind wir auf dem richtigen Weg“, stellte 2. Bürgermeisterin Daniela Ludwig fest. Bürgermeister Stefan Kattari fügte hinzu, dass dies auch ein Großteil der Betriebe so wünsche. Dr. Winfried Drost meinte, es solle ein Zusatz, der Ausnahmen bei wirtschaftlichen Notlagen ermögliche, zugefügt werden. Laut Vorholt bestünde die Möglichkeit von Einzelfallentscheidungen. Allerdings gebe es hier das Problem von Präzedenzfällen. Dr. August Trimpl meinte, dass das Konzept keine Ausnahmen zulassen sollte. Im wesentliche sehe auch Josef Grießenböck keine großen Veränderungen. Dem stimmten die Fachleute zu und Bürgermeister Kattari betonte, dass künftig bei der Bauleitplanung das Einzelhandelskonzept aufgenommen wird. Einzelfallentscheidungen sah Franz Heuberger ebenfalls als gut an. Ansonsten könnte Grassau Schaden leiden. Er sprach sich grundsätzlich für das Konzept aus, forderte aber etwas mehr Flexibilität. Gemäß Klaus Noichl könne das Konzept in acht bis zehn Jahren erneut überprüft werden und dann werde man sehen, ob es Probleme gibt. Etwas mehr Offenheit, bevor man einen Betrieb verliere, wünschte sich Franz Pletschacher. Die Einzelfallentscheidung sei auch weiterhin möglich und vom Gutachten her gebe es kein schwarz oder weiß, erklärte Vorholt. Man müsse nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden.

Letztlich entschied der Rat mit zwei Gegenstimmen, das Konzept als städtebauliches Entwicklungskonzept aufzunehmen. Mit diesem Beschluss wird das Konzept in künftige Bauleitplanung und Baupläne aufgenommen. Gegen den Beschluss stimmten Dr. Winfried Drost und Franz Pletschacher. tb