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Grassauer Gemeindezeitung
Ausgabe 23/2025
Das Rathaus berichtet
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Nach Bedarfsplanung ist Grassau auf einem guten Weg

Haus für Kinder am Gänsbach

Mitarbeiterwohnungen von Das Achental

Betreutes Wohnen in der Kaiserblickstraße

Kinderbetreuungsplätze reichen auch in Zukunft

Zum Thema Kindertagesstätten beauftragte der Markt Grassau eine Analyse zur Bedarfsplanung in den nächsten Jahren. Ausführlich und anhand vieler Diagramme zeigte Dr. Herbert Tekles vom Ingenieurbüro Demosplan die derzeitige wie auch die künftige Versorgungslage auf und verglich diese mit der demographischen Entwicklung der Gemeinde. Aufschlussreich war dies für den Marktgemeinderat, denn nach dieser Analyse reichen auch künftig die Betreuungsplätze aus.

In den letzten Jahren, so Bürgermeister Stefan Kattari, wurden zwei weitere Kinderbetreuungsstätten errichtet, der Kindergarten in der Gänsbachstraße wie auch der Waldkindergarten in Rottau. Laut Tekles seien demographische Zahlen die wichtigste Grundlage, um Prognosen erstellen zu können. Die Alterspyramide sehe in Grassau anders aus als üblich, denn die Babyboomer seien nicht so markant vorhanden. Die Bevölkerungsentwicklung in den unterschiedlichen Altersstufen sei viel ausgewogener und harmonischer als in anderen Gemeinden. Dies sei eine Folge eines jahrzehntelangen Wanderungsgewinns, mit einer Ausnahme, den Kindern zwischen Null und einem Jahr. Hier gebe es einen Einbruch. Aber auch diese massiven Geburtenrückgänge seien typisch. Es handle sich dabei um die Enkelkinder der Babyboomer und diesen Enkelkinderberg gebe es nicht. Dies, so Dr. Tekles, sei eine Reaktion ungünstiger Entwicklungen, bedingt durch die Sorge von ökonomisch ungünstiger Zukunft aufgrund der Arbeitsplatzsituation und Lebenshaltungskosten. Diese aufgeschobenen Geburten werden aber zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt, so der Experte. Das habe Konsequenzen für die Kindertagesstätten und Ganztagesbetreuung. „Hier wird es eine Delle geben“, prophezeite er. Und dies sei positiv, denn es schaffe Luft, die Ganztagesbetreuung zu regeln. Interessant war zudem die Untersuchung der Herkunftsgebiete der Grassauer Bevölkerung. Mit einer Ausländerquote von 14,5 Prozent liege Grassau im mittleren Bereich, wobei die meisten ausländischen Bürger aus dem osteuropäischen Raum stammen. Eine große Zunahme der Bevölkerung gab es bei Menschen über 65 Jahren, eine Verdoppelung, betonte der Experte. Aber auch damit stehe Grassau im Landkreis nicht allein. Die Region sei attraktiv für ältere Menschen. Zur demographischen Entwicklung erklärte er, dass es zu Beginn der 1960er Jahre doppelt so viele Geburten wie Sterbefälle gab. Nun sei es genau umgedreht. Bei einer Geburtenrate über 2,1 pro Frau würde die Bevölkerung wachsen, darunter gebe es einen Bevölkerungsrückgang. Bei 1,3 bis 1,5 Geburten gebe es derzeit einen Rückgang. Bei diesem Stand würde die Kindertagesbetreuung zu hoch angesiedelt, allerdings ohne Zuzüge. „Ohne Wanderungsgewinne wird es in Grassau rückläufige Einwohnerzahlen geben. Wie ein Tsunami baut sich derzeit die Bevölkerungszahl der künftigen Babyboomer-Rentner auf und wird 2032 seinen Höhepunkt erreichen. Das Rentnerniveau wird hoch gehalten bis 2038 und erst danach stellt sich langsam eine Entspannung ein. Diese Gruppe macht zwar Arbeitsplätze frei, jedoch keine Wohnungen, erklärte Tekles das Spannungsfeld. Dr. August Trimpl interessiert, ob in diese Prognosen die Planung für das Körtingelände, Gewerbepark eingerechnet seien, was Bürgermeister Stefan Kattari bejahte.

Zehn Prozent der Bevölkerung wandert ab

Jährlich, so Tekles, ziehen zwischen 600 und 700 Personen zu und auch wieder weg. Zudem werde enorm viel gependelt, was sich anhand der sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmer erkennen lässt. Hoch sei auch die Quote der sozialpflichtig beschäftigten Bürger mit ausländischer Staatsbürgerschaft. „Man könne sich die Konsequenz, wenn man viele dieser Arbeitskräfte verlieren würde, vorstellen“, gab Tekles zu Bedenken. Thekles stellte zudem einen Zusammenhang mit hochgeschossigem Wohnungsbau und Arbeitslosenquote gegenüber und empfahl, bei Neuausweisungen von Wohngebieten pro Bauplatz nicht mehr als sechs Wohneinheiten zuzulassen. Größere Bauten führten zur Anonymität.

Zurück zu den Betreuungsplätzen informierte er, dass derzeit im Krippenbereich eine Betreuungsquote von 38 Prozent vorliege, die auf 50 Prozent steigen wird. Das bedeute, dass 38 Prozent der ein bis dreijährigen derzeit einen Betreuungsplatz in Anspruch nehmen. Auch künftig wird die Kommune gut mit ihrem Angebot auskommen. Gut ausgestattet sei sie auch bezüglich der Betreuung für die drei bis sechsjährigen Kinder. Zum Teil sei es derzeit noch knapp. Doch aufgrund der demographischen Lage wird sich das schnell ändern. Im Fazit bedeute dies, dass eine gute Situation vorliege und es bei der Nachfrage an Plätzen keine großen Sprünge geben werde, außer es werde viel neu gebaut. Mit dem Bedarf von Kindergartenplätzen habe man sich in den vergangenen Jahren befasst und große Anstrengungen unternommen, um alle Kinder unterzubringen. Gut zu wissen sei, dass eine bauliche Erweiterung von Betreuungsplätzen nicht geboten ist, betonte der Rathauschef. „Wir haben bisher alles richtig gemacht“, fasste Daniela Ludwig zusammen. Bürgermeister Kattari fügte hinzu, dass die Gemeinde durch das Schulhausprojekt mit Neubau in der glücklichen Lage ist, für die Ganztagesbetreuung attraktive Räume anbieten zu können. Auf die Frage von Richard Schreiner erklärte Thekles, dass es ab 2026 auch einen Rechtsanspruch auf Ferienbetreuung geben wird und dies manche Kommune vor Probleme stellen wird.

Kleine und mittlere Wohnungen werden benötigt

Dr. Tekles erstellte zudem eine Analyse zum Wohnraumbedarf. Auch hier liefern die demographischen Zahlen die wichtigsten Daten. Es werde zu wenig gebaut. Die Bestandsmiete, also mit langfristigen Mietverträgen, liege bei 7,70 Euro pro Quadratmeter, zum Vergleich in München bei 13 Euro. Der Angebotsmietpreis bei Neuvermietung variiere zwischen 9,30 und 11,40 Euro pro Quadratmeter bei neu auf dem Markt angebotenen Wohnungen. Dies sei der Durchschnitt, es werden aber auch höhere Mietpreise aufgerufen. Wohnungsbedarf bestehe bei jungen Familien und bei jungen Erwachsenen, die das Elternhaus verlassen wollen. Wohnraum wird auch für die Arbeitsmigration benötigt und auch für Alleinerziehende oder Partner nach Trennungen wird es schwierig. Es fehlen Wohnungen. „Der Bau von Eigentumswohnungen geht am Bedarf vorbei“, erklärte er. Dr. August Trimpl fasst zusammen, dass sich die Gemeinde auf den Bau von Mietwohnungen und nicht auf die Ausweisung von Einheimischen-Modellen konzentrieren sollte. Bürgermeister Kattari sieht hier keinen Widerspruch und meinte, das Modell solle weiterverfolgt werden. Ob auch für die älteren Bürger Mietwohnraum benötigt wird, interessierte Tom Göls. Wohnraum für über 65jährige zu schaffen, sei nicht Aufgabe der Gemeinde, so Thekles. Originär sei es Aufgabe der Gemeinde, für die Gruppe, die noch bei den Eltern wohnt, Wohnraum zu schaffen, damit diese in der Gemeinde bleiben. Das können wir, so Göls, nicht beeinflussen. Schließlich könne die Gemeinde nur Empfehlungen an die Eigentümer von Mietraum geben. Den Flächenverbrauch sprach Dr. Winfried Drost an. Oftmals stehen kleine Einfamilienhäuser auf großem Grund. Eine Steuerung halte er für schwierig, außer die Gemeinde betreibe eine eigene Wohnungsbaugesellschaft. Auch Olaf Gruß sieht für die Gemeinde wenig Steuerungsmöglichkeit. Senioren leben teilweise in Häusern allein, in denen auch fünf Familien Platz hätten. Man müsse sich Modelle überlegen, um diesen den Altersruhepunkt in attraktiven Wohnungen zu sichern. Für manche Firmen sei es interessant, in den Wohnungsbereich zu investieren, wie bereits beim Hotel „Das Achental“ realisiert, das Wohnungen für ihre Mitarbeiter baut. „Wir brauchen 145 bezahlbare Wohnungen“, resümierte Daniela Ludwig und fragte, was Wohnen kosten darf. Laut Tekles sollte die Kaltmiete ein Drittel des Verdienstes nicht überschreiten. Sie riet dazu, Weitsicht walten zu lassen und Eigentumswohnungen auf der grünen Wiese nicht zuzulassen. Junge Familien können sich meist Eigentumswohnungen mit einem Quadratmeterpreis von derzeit 4500 Euro mit Zinsen, Tilgung und Hausgeld nicht leisten. Gemäß Tekles gebe es großen Handlungsdruck, da Wohnraum so knapp ist. Die Empfehlung, 140 neue Wohneinheiten in den nächsten fünf Jahren zu realisieren, sieht Sepp Grießenböck skeptisch. Dies würde sieben Mehrfamilienhäuser pro Jahr bedeuten und damit ein halbes Fußballfeld pro Jahr. Eine Erleichterung auf dem Wohnungsmarkt sei dann zu erwarten, wenn die Babyboomer in etwa 20 Jahren durch Sterben Platz machen. Die Informationen der Wohnraumanalyse helfen dem Rat bei der Fragestellung, ob ein Projekt für die Gemeinde geeignet sei, so der Rathauschef. Ohne Beschlussfassung wurde auch dieser Punkt abgeschlossen. tb