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Iphöfer Nachrichten
Ausgabe 10/2023
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Ein Bild und seine Geschichte - Die Volksmissionen in Iphofen

Die Volksmissionen in Iphofen

Viele Religionen kennen eine Fastenzeit oder Fastentage. Neben dem Verzicht auf Nahrungsmittel oder andere Genüsse sollen diese Zeiten auch der geistigen Erneuerung dienen, oft vor einem wichtigen kirchlichen Fest.

Um eine geistliche Erneuerung ging es auch bei der Volksmission, die im Gegensatz zur Mission, die die Bekehrung und die Taufe anstrebt, sich an bereits getaufte Menschen richtet. In Ergänzung zur regulären Seelsorge soll sie intensiver sein sowie eine Glaubenserneuerung und Glaubensvertiefung bewirken.

Bereits im Mittelalter gab es Buß- und Sittenprediger, zumeist Angehörige eines Ordens, die umherzogen und predigten. Im 18. Jhdt. wurde die Volksmission vor allem von den Jesuiten und den Redemptoristen vorangetrieben.

Die katholischen Volksmissionen dauerten meistens zwei Wochen. Die Ordensangehörigen, die die Missionen abhielten, wohnten in der Regel im örtlichen Pfarrhaus, bekamen Reisegeld und durften Almosen annehmen.

Für Iphofen sind die Volksmissionen bereits für das 18. Jhdt. belegt. 1854 hielten Jesuiten und 1898 Kapuziner diese in Iphofen ab. Nach einer längeren Pause führten Redemptoristen die Volksmission im Januar 1927 durch. Sie sind auf dem Titelbild neben Stadtpfarrer Kaspar Montag, der von 1926 bis 1958 in Iphofen tätig war, zu sehen. Aufgrund der personellen Situation der Orden konnten die Volksmissionen meistens nicht in der Fastenzeit stattfinden. In den zwei Missionswochen gab es täglich mehrere Hl. Messen mit Predigten. Wegen der Berufstätigen begann man bereits um oder vor 6 Uhr in der Früh. Wichtiges Element waren die sogenannten „Standeslehren“ für die Kinder, Jungfrauen, Jünglinge, Frauen und Männer. Man durfte jeweils nur die entsprechende Standeslehre besuchen. Eindringlich wurde hier an die religiösen und sittlichen Verpflichtungen des jeweiligen Standes appelliert. Nach entsprechender Vorbereitung stand die Beichte und die Generalkommunion an, dem gemeinsamen Empfang der Kommunion für den jeweiligen Stand. Es gab zudem besondere Feierlichkeiten, wie z.B. die Segnung des Missionskreuzes. Zudem konnten Missionsablässe erlangt werden, wurden Andachtsgegenstände verkauft und gesegnet. Die Volksmission endete mit der Schlussfeier.

Die Volksmission durch Redemptoristen vom 25. Dezember 1937 bis zum 2. Januar 1938 stand unter den immer stärker werdenden Einschränkungen kirchlichen Lebens durch die nationalsozialistischen Verordnungen. Vor der Mission wurde der Missionsbote verteilt, damit die Menschen sich geistig vorbereiten konnten. Die Texte darin gehen zum Teil indirekt auf die Auseinandersetzungen zwischen Staat und Kirche ein. So heißt es unter der Überschrift „Staat oder Kirche?“: „Alle germanischen Völker, welche den Bund mit dem Christentum ausgeschlagen, sind spurlos verschwunden.“

Ältere Schulkinder mussten Berichte über die Mission schreiben, was diese zum Teil sehr ausführlich und mit frommem Vokabular taten. Auch von 1927 sind solche Berichte erhalten. Es finden sich darin auch Passagen, die über die Mitchristen berichten. Ein Mädchen schreibt, dass ein Nachbar immer geflucht habe, es nach der Mission aber bleiben ließ. Ein weiteres Kind berichtet, dass es Männer in der Kirche gesehen habe, die monate- oder jahrelang zuvor nicht mehr in die Kirche gegangen seien. Ein anderer Schüler beginnt seinen Bericht mit der Einschätzung: „Eine Mission haben wir Iphöfer schon längst gebraucht, denn viele sind hier sittlich schon so tief gesunken, daß eine Mission fast gar nicht mehr hilft.“ Ein Mädchen schreibt, dass viele kamen und „nur wenige sind verstockt geblieben. Auch unsere Protestanten haben fleißig die Predigten besucht.“ Häufiger findet man die Aussage, dass sich der Gottesdienstbesuch langsam steigerte und die Predigten Ortsgespräch waren. Ein Kind schreibt: „Von jeder Missionspredigt kamen wir mit Begeisterung zurück.“

Eine weitere Mission fand noch im Dezember 1948 statt, hier werden die Heimkehrer, Heimatlosen und Flüchtlinge eigens angesprochen. Die bisher letzte Volksmission war in Iphofen Ende November/Anfang Dezember 1965.

In Iphofen steht das Missionskreuz mit den Jahreszahlen der fünf letzten Volksmissionen an der Choraußenseite der Stadtpfarrkirche im Südosten. Es trägt die Aufschrift „Christus ist der Herr“.

Susanne Kornacker