Offensichtlich scheinen die Ortsgrenzen an den Straßen, wenn dies durch entsprechende Schilder gekennzeichnet ist, aber wo genau die Gemarkungsgrenze verläuft, ist vielen Menschen heute nicht mehr vertraut. Das Wissen um den exakten Grenzverlauf ist jedoch nicht nur für die Verwaltung, sondern auch bei Arbeiten in Wald und Flur wichtig.
Bereits seit dem 13. Jahrhundert gibt es Feldgeschworene. Es ist das älteste kommunale Ehrenamt in Bayern, für das es unterschiedliche regionale Bezeichnungen gibt. In unserer Gegend werden die Feldgeschworenen als „Siebener“ bezeichnet. Ihre Zahl liegt in der Regel zwischen vier und sieben Personen. Ansprechpartner für die Gemeinde ist der Obmann, der von der Gruppe gewählt wird. Die Siebener nehmen Grenzbegehungen vor und melden Mängel bei den Gemeindegrenzzeichen. Sie arbeiten dabei eng mit den Vermessungsämtern zusammen. Im Jahr 2016 wurde das „Feldgeschworenenwesen in Bayern“ in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.
Immer wieder liefen Schulklassem einen Teil der Grenze ab, so auch die 6. und 8. Klasse der Volksschule Iphofen im Juli 1968. Für die 6. Klasse war Lehrer Johann Greschner dabei, bei der 8. Klasse begleitete statt Rektor Andreas Brombierstäudl dessen Frau Waltraud Brombierstäudl die Gruppe. In einem Artikel der „Main-Post“ vom 18. Juli 1968 wird über den Grenzgang berichtet. Die Überschrift mag dabei etwas befremdlich anmuten. Jedoch zählte es zum Brauchtum, vor allem jungen Männern und Knaben die bestehende Grenze durch eine handfeste „Merkhilfe“ einzuprägen. Dazu zählte das „Stauchen“ auf einem Grenzstein, aber auch das Ohrfeigen oder Ziehen an Haaren oder Ohren.
Zur Stützung des Gedächtnisses – Zwei Klassen auf Grenzgang mit den Siebenern
Iphofen. Nach einer Pause von mehreren Jahren nahmen Kinder der Volksschule, die 8. Klasse mit Frau Brombierstäudl und die 6. mit Lehrer Johann Greschner, mit den Siebenern wieder an einem Grenzgang teil. In die Wege geleitet wurde dies vom Siebenerobmann Johann Franz, auf den die Kinder ein dreifaches Hoch als Dank ausbrachten. Von den Siebenern waren außerdem Andreas Weigand, Karl Emmerich und Franz Bullinger dabei, dazu der städtische Forstwart Franz Müller und von der Stadtverwaltung Hauptsekretär Rudolf Springer.
Der Marsch führte über den Schwanbergweg, entlang der Grenze am Schwanberg, in Richtung Birklingen. Unterwegs erklärte der Forstwart die verschiedenen Holzarten und ihre Verwendung. An der ‚Dreiländerecke‘, wo die Gemarkungen von Iphofen, Wiesenbronn und Castell zusammenstoßen, steht der Grenzstein Nr. 145. Siebenerobmann Franz machte auf die Bedeutung der Grenzsteine aufmerksam. Auf den Stein wurde ein Bub gesetzt und kräftig zur Unterstützung des Gedächtnisses am Ohr gezogen.
Inzwischen war es 12 Uhr geworden und nach fünfstündigem Marsch machte sich der Hunger bemerkbar. Schnell war dann in Birklingen das Gasthaus Röll erreicht, wo es von der Stadt gestiftet Knackwurst, Kipfchen und Limonade gab. Vor dem Gasthaus wurde gesungen, und es wurden Gedichte aufgesagt. Karin Schiffmeyer, die Klassensprecherin der 8. Klasse, bedankte sich bei Bürgermeister Andreas Sturm mit artigen Worten und einem Blumenstrauß. Den Dank an die Siebener und Forstwart Müller stattete Günter Schübel ab. Als die Wanderschar am frühen Nachmittag wieder in Iphofen eintraf, waren 17 Kilometer zurückgelegt.“
Auch heute werden immer wieder für die Bevölkerung Wanderungen um die Gemarkungsgrenze angeboten wie z.B. von der Dorfgemeinschaft Possenheim. Auf das handfeste Einprägen des Grenzverlaufes bei Jugendlichen wird heutzutage aber verzichtet werden.