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Iphöfer Nachrichten
Ausgabe 6/2025
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Einweihung der Glocken von St. Veit durch Stadtpfarrer Kaspar Montag und Kaplan Rudolf Schnappauf am 20. Dezember 1949; Stadtarchiv Iphofen, B 116.

Mit dem Öffnen der Pforte am Petersdom durch Papst Franziskus wurde am 24. Dezember 2024 das Heilige Jahr 2025 eröffnet. Traditionell ruft die katholische Kirche alle 25 Jahre ein reguläres Heiliges Jahr aus. In Iphofen gab es vor über 75 Jahren auch ein besonderes Ereignis, dass das Heilige Jahr 1950 einleitete.

Nachdem am Dienstag, 20. Dezember 1949, die neuen Glocken für die Stadtpfarrkirche St. Veit in Iphofen angekommen waren und diese noch am gleichen Tag in einer Feierstunde geweiht wurden, berichtete der „Fränkische Tag“ darüber und schrieb: „Die neuen Glocken werden in den nächsten Tagen auf den Turm gebracht und werden am Samstag um zwölf Uhr zur Eröffnung des Heiligen Jahres mit ihrem ehernem Klange erstmals die Gläubigen rufen.“

Viele Menschen haben ein emotionales Verhältnis zu Kirchenglocken, denn diese haben einen engen Bezug zum menschlichen Lebensrhythmus. Dabei wird zwischen kirchlichem und weltlichem Geläute unterschieden, wobei es Überschneidungen gibt. Der Glockenschlag zu jeder Viertelstunde zeigt die Uhrzeit an, das Geläute an Neujahr begrüßt dieses. Früher hatten die Glocken auch eine Alarmfunktion bei Feuer oder Angriffen. Für 1962 ist das Läuten bei Frostgefahr für die Weinberge belegt. Der städtische Türmer wohnte im Kirchturm und hatte den besten Überblick über Stadt und Land. Daher hat, wie auch in Iphofen, vielfach noch heute die politische Gemeinde die Baulast am Kirchturm. Neben der Strukturierung des Arbeitstages zeigen die Glocken vor allem die Gebets- und Gottesdienstzeiten an, sie läuten an Hochfesten während des Glorias / Te Deums, ansonsten während der Wandlung. Die Läuteordnung legt dies für jede Pfarrgemeinde genau fest.

Kurze Geschichte der Glocken

Nachdem früher in Iphofen auch eine kleine Glocke auf dem Rathausdach sowie im Mittagsturm hing, sind heute nur noch die Glocken in den beiden katholischen Kirchen St. Veit und Hl. Blut sowie in der von der evangelischen Gemeinde genutzten Kirche des Bürgerspitals vorhanden.

Während des Zweiten Weltkrieges wurden die Gemeinden angewiesen, die vorhandenen Glocken zu melden und schließlich abzunehmen, damit deren Metall von der Rüstungsindustrie verwendet werden kann. Lediglich eine läutfähige Glocke durfte in der Pfarrei verbleiben. Neben dem kriegsbedingten Bedarf an Metall kam es der nationalsozialistischen Ideologie entgegen, den kirchlichen Einfluss zu schwächen. Im Mai und Juni 1942 wurden die Rathausglocke, die Glocke der Waldkapelle, drei Glocken der Stadtpfarrkirche sowie drei Glocken der Blutskirche abgenommen und nach Hamburg gebracht, um dort eingeschmolzen zu werden.

Nach dem Krieg gestattete die Militärregierung, dass die nicht eingeschmolzenen Glocken wieder in ihre Heimat zurückgeholt werden dürfen. Lediglich die kleine Glocke von St. Veit war noch vorhanden. Aufgrund von Beschädigungen konnte sie jedoch nicht mehr verwendet werden und fand ihren Platz in der Verkündhalle des Rathauses. Bereits 1949 erteilte der Stadtrat den Auftrag an die Glockengießerei Carl Czudnochowsky (Würzburg, Erding) den Auftrag zur Herstellung von vier Glocken für die Stadtpfarrkirche und drei Glocken für die Blutskirche. Die Finanzierung erfolgte aus Mitteln der Stadt sowie aus einer Sammlung (Bargeld und Most neuer Ernte) der Bevölkerung. Zur Feierstunde anlässlich der Einweihung der Glocken von St. Veit am 20. Dezember 1949 waren neben Stadtpfarrer Kaspar Montag und Kaplan Rudolf Schnappauf der Scheinfelder Landrat Freiherr von und zu Franckenstein, Bürgermeister Hans Kömm, die Stadträte, die Mitglieder des Kirchenvorstandes und die Gemeinde mit der Schuljugend gekommen. Der Gesangverein, begleitet von der Kapelle, trug Lieder sowie mehrere Damen und Herren das bekannte Gedicht von Friedrich Schiller „Das Lied von der Glocke“ vor. Die Glocken sind folgenden Heiligen geweiht: 1. Glocke: Hl. Susanne, 2. Glocke: Hl. Maria, 3. Glocke: Hl. Josef, 4. Glocke: Hl. Vitus. Die drei Glocken der Blutskirche wurden einige Monate später, am 19. März 1950, dem Fest des Hl. Josef, geweiht. Hierbei ist die 1. Glocke dem Hl. Sakrament, die 2. Glocke der Hl. Maria und die 3. Glocke dem Kirchenpatron, dem Hl. Martin, geweiht.

Die Läuteordnung

Nachdem es immer wieder Fragen gibt, warum die Glocken in Iphofen wann läuten, wie z.B. zwei Mal zu Mittag oder sich das Läuten in den Wintermonaten ändert, sei nun etwas ausführlicher die Läuteordnung vorgestellt. In dieser ist genau festgelegt, wann welche Glocke geläutet wird. Nachdem früher die Glocken manuell bedient wurden, gibt es nun zumindest für das regelmäßige Geläute eine elektronische Steuerung.

Zum Angelus läutet es um 6 Uhr, 12 Uhr und 18 Uhr. Geläutet wird mit der 2. Glocke. Beim Abendläuten gibt es noch ein Nachläuten mit der 3. Glocke („Vater unser Läuten“). Diese ruft zum „Vater unser“-Beten für die aktuell Verstorbenen auf. Zusätzlich gibt es in Iphofen die Besonderheit, dass zwei Mal zu Mittag geläutet wird, nämlich um 11 Uhr und um 12 Uhr. Dies geht auf einen Ratsbeschluss von 1512 zurück und betraf ursprünglich die Glocke im Mittagsturm, die nun für die Arbeiter früher die Pause ankündigte. Am Freitag wird um 11 Uhr zum Gedenken an Christi Tod mit allen vier Glocken geläutet. Bei einem Sterbefall wird mit der kleinen Glocke geläutet und dabei drei Mal ausgesetzt. Zudem läutet es um 15 Uhr (vom 22. Februar bis zum 21. November) bzw. um 20 Uhr (vom 22. November bis zum 21. Februar). Geläutet wird mit der 3. Glocke. Am Samstag wird der Feierabend hin zum Sonntag eingeläutet. Dies geschieht mit drei Glocken, vor einem Feiertag mit allen vier Glocken. Vor den Gottesdiensten gibt es ein „Vorläuten“ eine halbe Stunde vor Beginn (mit der 2. Glocke, an Feiertagen mit der 1. Glocke) und das „Zusammenläuten“ zehn Minuten vorher. An Sonntagen geschieht dies mit der 2., 3. und 4. Glocke, an Feiertagen gibt es das vollständige Geläute mit der großen Glocke. Vor Werktagsgottesdiensten läuten die 2. und 3. Glocke. Bei den Gottesdiensten läutet es während des eucharistischen Hochgebetes und an Feiertagen zudem beim Te Deum mit allen vier Glocken. An Feiertagen gibt es auch das Ausläuten beim feierlichen Auszug. Neben diesen genannten Anlässen gibt es auch unzählige weitere, bei denen geläutet wird, wie z.B. bei der Ankunft von Wallfahrern. Die Glocken können auch als Zeichen der Trauer schweigen. So geschieht dies im Kirchenjahr nach dem Gloria am Gründonnerstag bis zum Gloria in der Osternacht.

Ein besonderes Geläute kann es auch bei bestimmten Anliegen geben und somit zu einem starken Symbol werden. Im März 2020 hat man die Kirchengemeinden aufgefordert, um die Solidarität der Menschen untereinander in der der Corona-Krise auszudrücken, am Sonntagabend die Glocken länger zu läuten. Zwei Jahre später, im März 2022, hatte man dazu aufgerufen, die Glocken aus Solidarität mit den Menschen in der Ukraine und als Friedenszeichen läuten zu lassen.

Unter dem Eindruck des noch nicht lange beendeten Zweiten Weltkrieges, wirtschaftlicher Not, zahlreicher Sorgen und Ängste der Bevölkerung sowie vieler Flüchtlinge und Vertriebener, die eine neue Bleibe suchten, hielt Kaplan Schnappauf eine Ansprache, aus der die Zeitung Folgendes wiedergab: „Die Glocken in ihrem Zusammenklang, mahnte er, mögen der Gemeinde ein Symbol sein, daß auch im Leben jeder einzelne auf seinem Platze seine Pflicht gegen Gott und die Menschen tue, aber auch, daß alle, ob reich oder arm, ob alt oder jung, Einheimischer oder Neubürger, zusammenhalten müssen. Die Glocken, zwischen Erde und Himmel schwingend, sollen ein Mahnrufer Gottes und Künder des Friedens auf Erden sein.“ Geschichte sieht auf das Vergangene und mahnt für die Zukunft. Mit der Hoffnung auf Frieden endet auch Schillers „Das Lied von der Glocke“: „Freude dieser Stadt bedeute, Friede sei ihr erst Geläute.“

Susanne Kornacker