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Iphöfer Nachrichten
Ausgabe 7/2023
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 Ein Bild und seine GeschichteVon „Gut Moust“ zu „Iphofen Helau“

Werbung im Liedheft zur Stüchtfastnacht 1955

Von „Gut Moust“ zu „Iphofen Helau“

„Sage mir keiner, rechte Karnevals-Fröhlichkeit mit Geist im Witz und herzhafter Ausgelassenheit gebe es nur am Rhein. Man mag uns dort – dank der leichteren Lebensart – einiges voraus haben. Aber so schwer im Geblüte sind wir Franken nun auch wieder nicht, daß wir nicht auch Feste zu feiern und die unbeschwerte Fröhlichkeit des Karnevalstreibens zu gebrauchen wüßten.“ (Beginn eines Artikels der Main-Post vom 13. Februar 1952 über die Iphöfer Stüchtfastnacht)

Als nach dem Zweiten Weltkrieg das gesellschaftliche Leben langsam wieder zur Normalität zurückfand, rief man auch in Iphofen eine öffentliche Faschingsveranstaltung ins Leben. Dr. Fritz Sturm initiierte 1949/1950 die erste „Iphöfer Stüchtfastnacht“. Der Begriff „Stücht“ bedeutet so viel wie Fass oder Bottich (im Rheinland die „Bütt“), in der der Vortragende steht. Auf dem Bild erkennt man sie rechts unten. Dem ersten Elferrat gehörten Willi Meier als Präsident, Ludwig Kömm, Johann Ruck, Julchen Hack, Georg Rönninger, Leo Büchold, Alfons Rumetsch, Franz Hoffmann, Robert Rönninger, Hans Wirsching und Michael Barth an. Die Aufmachung orientierte sich am rheinischen Karneval. Bemerkenswert ist die Aufnahme von Frauen in den Elferrat zu dieser Zeit. Dr. Fritz Sturm trat als Protokoller auf. Es gab auch einen Zeremonienmeister, dem schließlich zwei Pagen zur Seite standen. Eine Garde trat ab 1959 auf, davor waren die Winzermädchen in Tracht mit dabei und hatten ihren Platz hinter dem Elferrat. Auf dem Titelbild von 1956 ist Johann Ruck, der in diesem Jahr Bürgermeister wurde, der aktuelle Sitzungspräsident. Die Veranstaltung fand zunächst in den Wirtshaussälen statt, von 1956 bis 1959 in der Kelterhalle der Winzergenossenschaft.

Nach dem Wegzug von Willi Meier wurde Heinz Neubert 1953 Organisator der Stücht. Als auch dieser die Stadt verließ, fand von 1960 bis 1967 keine Stüchtfastnacht mehr statt, dann wurde sie 1968 von der Landjugend und dem mittlerweile pensionierten Dr. Sturm weitergeführt. Heinz Neubert kehrte 1971 nach Iphofen zurück und übernahm bis in die 1980er Jahre hinein wieder die Organisation. Nachdem in den 1990er Jahren keine Fastnachtssitzung mehr in Iphofen stattfand, begann man im Jahr 1999 mit einem neuen Konzept, nämlich einem Stücht-Ball mit Live-Musik und verschiedenen Einlagen. Die Stücht-Bälle finden heuer zum 22. Mal statt.

Der Iphöfer Faschingsruf lautete früher „Gut Moust“. Man hatte auch ein eigenes Textheft mit dem Titel „Lieder zu den Sitzungen des Elferrates der Stadt Iphofen“. Die bekannten Melodien mit umgedichteten Texten wurden in den ersten Jahren von der Musikkapelle „Die Schreckensteiner“ begleitet. Als kleine Kostprobe die erste Strophe des Liedes „Stüchtfastnacht“ nach der Melodie „Schützenliesel“:

„Heut ist Stüchtfastnacht im Hirschen-Saal

alle kommen zamm – alle kommen zamm.

Doch nicht mehr zur Bürgermeisterwahl,

jeder ist ein Narr – jeder ist ein Narr.

Oben hockt der Elferrat und unten stehn die Stücht.

Achtung! Unser Präsidente tutet seine Pflicht:

Stüchtfastnacht! Dreimal hat`s gekracht!

Stüchtfastnacht! Du hast uns zum Narren g’macht!

Ja Stüchtfastnacht! Prosit Narretei!

Jetzt sind wir außer Rand und Band und schreien Narro-Heil!

Hollerie … hollerie

Mit gut Moust und Reden hausgemacht

feiern wir die Stüchtfastnacht.“

Hast du daheim noch alte Sachen

und weißt nicht, was damit nun machen,

suchst du noch einen guten Platz

für deinen lang gehegten Schatz?

Dann rat ich dir, sei jetzt so schlau,

bring ihn ins Stadtarchiv. Helau!

Susanne Kornacker