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Gemeindeblatt Motten Nachrichten aus Motten Kothen Speicherz
Ausgabe 4/2024
Kindergartennachrichten
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Kindergarten Kothen

Gekicher, als Richard Haydu eine damalige Bohrmaschine vorführt

Alle Kinder waren sich einig: Solche Schuhe möchten sie nicht anziehen.

Bestaunt wurde auch eine alte Schultasche – die Vorschulkinder aus Kothen und Speicherz suchen sich bestimmt einen fetzigeren Schulranzen aus.

Richard Haydu erklärt, wie Holzschuhe hergestellt wurden.

Alle haben die Führung durch die Werberger Stube genossen, sowohl Museumsführer Richard Haydu, als auch die Vorschulkinder aus Speicherz und Kothen.

Die Ansicht von Werberg im Schnee – der in Werberg geborene Richard Haydu kennt noch jedes Haus. Die Kinder sind auch von den alten Skiern begeistert.

Kothen. Endlich endlich war es soweit – die Vorschulkinder des Kindergartens Kothen sind in die Kellerräume des Kindergartens gegangen und haben die Werberger Stube besucht. Seit einiger Zeit schon hatten sie sich gefragt, was hinter den Kellerfenstern ist, an denen sie täglich vorbeigehen. Nun erfuhren sie in einer Führung mit Richard Haydu, was es mit den Räumen unter dem Kindergarten auf sich hat.

In den drei Räumen gibt es einerseits Schautafeln und Informationsplakate zu bestaunen, aber auch handfeste Ausstellungsstücke, wie die Trinkflasche eines Soldaten, das Joch eines Pferdes, alte Werkzeuge, Holzschuhe … die drei Räume sind voller Erinnerungen an Werberg.

„Was ist das?“ – dieser etliche Male gestellten Frage kam Richard Haydu kaum zu antworten nach, doch kann der Speicherzer, der selbst noch in Werberg geboren war, alles erklären. Auch mehr als 60 Jahre nach seinem Wegzug aus Werberg kennt er noch alle Häuser, wer darin gelebt oder gearbeitet hat, und wie das Leben in Werberg aussah: „Wir hatten keinen Fernseher, wir hatten kein Handy, wir hatten keinen Laptop“. Sieben staunende Augenpaare richten sich auf den 73-Jährigen, wenn er erzählt: „Das Schlimmste war, wenn wir im Haus bleiben mussten. Wenn wir mit der Arbeit auf dem Hof fertig waren, haben wir haben immer draußen gespielt“. Sieben Vorschulkinder kichern, wenn er einen alten Bohrer demonstriert oder wenn er die Porzellanware vor dem Bett als Nachttopf und das „Metallei“ im Bett als Wärmflasche auflöst.

Diese Zeit kennen die sieben Kids von heute natürlich nicht – und sind letztendlich froh darum: „Ich hätt nicht geholfen“, sagt ein Mädchen aufrichtig. Ein Junge ist „froh, dass ich die Holzschuhe nicht anziehen muss“ – Kindermund tut Wahrheit kund. „Cool“ fanden sie dagegen den Webstuhl und natürlich das Schaukelpferd.

Kindergärtnerin Nina Oswald war selbst zum ersten Mal in der Werberger Stube und zeigt sich begeistert. Im Vorfeld hatte sie mit den Vorschulkindern das Wichtigste von Werberg besprochen. Das Dorf lag dort, wo heute der Truppenübungsplatz ist, alle Werberger Bewohner mussten wegziehen. Viele Erinnerungsstücke, vieles, was in Werberg benutzt und hergestellt worden ist, findet sich im Werberger Museum.

Richard Haydu ist es ein Anliegen, die alte Werberger Zeit nicht vergessen zu lassen: „Es macht Spaß, das alles zu zeigen“. Ab und an bekommt er Anfragen und öffnet spontan die Türe in die alte Werberger Zeit. Seine erste Führung für Kinder fand er ausgesprochen „schön“. Die Agilität und Aufgewecktheit der Kleinen war ungewohnt, tat dem Museum aber gut. Sehr unerwartete Fragen hatten sich ergeben: „Warum ist die Uhr nicht rund?“, „Ist das ein Bügeldings?“ und auf einen Teigtrog deutend: „Ist das eine Baby-Badewanne?“ Richard Haydu hatte auf alle Fragen eine Antwort und möchte weiterhin Führungen anbieten.

INFO:

Die Burg Werberg wurde im 10./11. Jahrhundert als Befestigungsanlage entlang der fuldisch-würzburgischen Grenze errichtet. Die Burganlage wurde 1444 zerstört, der Ort wurde weiterhin bewohnt. Kirche, Schule und Antoniuskapelle wurden gebaut. Wegen Einrichtung des Truppenübungsplatzes Wildflecken mussten 1938 alle Anwohner ihre Heimat in Werberg verlassen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden im Ort Heimatvertriebene angesiedelt, aber schon 1951 gab es Gerüchte über eine Vergrößerung des Truppenübungsplatzes. Bis 1966 wurden alle Werberger Bewohner wieder abgesiedelt. 1973 wurden außer der Antoniuskapelle alle Gebäude von der Bundeswehr und der US Army gesprengt. Noch im selben Jahr gründete sich die „Interessengemeinschaft ehemalige Werberger“, die auch die Einrichtung des Werberger Museums angeregt hatten.

Die Werberger Stube war 1987 eingerichtet worden, nachdem ehemalige Werberger seit ihrer Absiedlung 1973 den Wunsch nach einer Erinnerungsstätte gehegt hatten. Die Kellerräume des ehemaligen Kothener Schulhauses, des heutigen Kindergartens, werden von der Gemeinde unentgeltlich hierfür zur Verfügung gestellt. Ehrenamtliche bieten Führungen an. Kontakt ist möglich bei Richard Haydu unter 0170-5415280.