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Mitteilungsblatt für die Verwaltungsgemeinschaft Lohr a Main
Ausgabe 41/2022
Amtliche Bekanntmachungen
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Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karlstadt, Außenstelle Lohr

Schlaglichter der Waldgeschichte in Neuendorf

Rund 60 Besucher haben am Donnerstagabend gemeinsam mit Revierleiter Stefan Feller eine Zeitreise in die Vergangenheit des Neuendorfer Waldes unternommen. Doch nicht nur Neuendorferinnen und Neuendorfer waren zu der Veranstaltung der Bürgerwerkstatt gekommen. Auch interessierte Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer aus den umgebenden Gemeinden schauten in Nick‘ s Dorfschänke vorbei, um den Ausführungen des Revierleiters des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Karlstadt über die „Schlaglichter der Neuendorfer Waldgeschichte“ zu folgen.

Üppig grün ist der Neuendorfer Wald heute. Fast flächig verjüngt sich die Buche in den von Kiefern und Laubholz dominierten Beständen. Kaum vorstellbar, dass der Wald bis vor wenigen Jahrzehnten noch intensiv streugenutzt und für Holzkohle ausgebeutet wurde. Einzelne Mittelwaldeichen, alte Buchen und tief eigegrabene Hohlwege im Neuendorfer Wald erinnern an vergangene Zeiten, in denen der Wald massiv ausgebeutet wurde.

Hainbuchen- und buchengeprägte Waldgebiete wurden alle sieben bis fünfzehn Jahre wieder neu „auf den Stock gesetzt“. Das gefällte Holz wurde zum Kochen genutzt. Kühe und Schweine wurden in die Wälder getrieben, Dürrholz und Gras wurden von den ärmeren Dorfbewohnern gesammelt und in den Lohhecken wurden die jungen Eichen geschält, um Lohrinde für das Gerben von Leder zu gewinnen. Durch die intensive Übernutzung der Niederwälder war der Neuendorfer Wald vor rund 200 Jahren in einem erbärmlichen Zustand. Das belegt auch eine alte Urkunde, die Stefan Feller im Gemeindearchiv ausgegraben hatte. Wegen der damaligen Geldnot der Gemeinde wurde der geringe Anteil nachwachsenden Holzes für Zinszahlungen und für die Besoldung der Schullehrer genutzt. Sechs Klafter Buchenscheite und 500 Wellen wurden um 1820 dem Dorflehrer zugesprochen. Dabei war der Waldanteil früher deutlich geringer als heute. Die Hoffmannskarte von 1548 sowie eine Flurkarte aus dem 19. Jahrhundert, die Feller den Zuhörern präsentierte, zeigten wie sich die Waldflächen in den Jahrhunderten entwickelt hatten.

Erst im 18. Jahrhundert folgte die Kehrtwende. Weil sich der Wald „in einem so leichten Stand befand“, sollten die ausgeräumten Waldbestände „nach den Regeln der Holzzucht“ wieder verjüngt werden. Darauf weist die älteste Urkunde eines von der königlichen Regierung genehmigten Fällungs-Vorschlages des Königlichen Gemeinheits Forstamts Lohr für die Gemeinden Neuendorf und Nantenbach hin.

Umfangreiche Wiederaufforstungen mit Kiefern sollten den Wald wieder in einen besseren Zustand versetzen. Dafür unternahmen die Neuendorferinnen und Neuendorfer enorme Kraftanstrengungen und leisteten Fronarbeit im Gemeindewald. Den Erfolg dieser Arbeit lässt sich an der Entwicklung des Holzvorrates ablesen. Er stieg im Gemeindewald von weniger als zehn Kubikmeter Holz je Hektar im Jahr 1818 auf heute über 330 Kubikmeter je Hektar. Durch die konsequente Förderung von Laubholz bei Durchforstungen hat sich über die Jahrzehnte ein gemischter Gemeindewald entwickelt.

Auch die Neuendorfer Privatwälder sind heute vorratsreich. Doch der Weg dahin verlief anders als im Gemeindewald. Anstelle von Nadelholzsaaten ließen die privaten Waldbesitzer ihre Niederwälder zu Hochwald durchwachsen und mussten dafür für lange Zeit auf größere Holznutzungen verzichten.

Abschließend bedankte sich Stefan Feller bei den Mitwirkenden, die seine Recherchearbeiten unterstützt hatten. Dabei hob er die besonderen Verdienste des ehemaligen Bürgermeisters Konrad Rauch hervor.