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sBlättle der Gemeinde Haldenwang
Ausgabe 19/2023
Aus dem Rathaus
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10 Minuten Heimatkunde mit Altbürgermeister Anton Klotz

Die ehemalige St. Michaels-Kapelle nördlich der Pfarrkirche Haldenwang diente von 1811 bis 1889 als Schulstube. Das Gebäude wurde 1900/1901 abgebrochen (Aquarell: Malermeister Georg Knestele)

Von 1899 bis 1954 fand der Unterricht in Haldenwang im Schulhaus an der Hauptstraße statt. Bis 1996 war dieses Gebäude das Rathaus; heute finden wir in den Räumen die Gemeindebücherei und die „Naturecke“.

1890, im ersten Jahr nach Eröffnung der neuen Schule an der Hauptstraße, versammelten sich die Haldenwanger Schulkinder (Klassen 1 bis 7) zum gemeinsamen Foto mit Lehrer Alois Eglinger an der Treppe zur Schultüre (heute Eingang „Naturecke“).

St. Michaels-Kapelle - ein erbärmliches Schulhaus

Vor wenigen Tagen hat das neue Schuljahr begonnen. Über 200 Schülerinnen und Schüler werden heute in unserer modernen, bestens ausgestatteten Grundschule Haldenwang von hochqualifizierten Lehrkräften unterrichtet. Das war allerdings nicht immer so!

Herzog Max IV. führt mit einer Allgemeinverordnung vom 23. Dezember 1802 in Bayern die allgemeine Schulpflicht ein. Alle Kinder ab dem 6. bis zum vollendeten 12. Lebensjahr müssen fortan einen Unterricht besuchen. Damit wird die Schule aus einer überwiegend kirchlichen Einrichtung zu einer Angelegenheit des Staates.

Allerdings stößt die Schulpflicht bei vielen Familien, vor allem in der Landwirtschaft, auf erheblichen Widerstand. Die Kinder sind während der Sommermonate unentbehrliche Helfer. Doch auch die katholische Kirche steht nicht uneingeschränkt hinter der Schulpflicht. Die Einstellung der Kirche ist aus einem Dekret des Jahres 1773 zu ersehen: „Wozu denn sollte der Bauern Lesen und Schreiben lernen! Der allmächtige Gott hat auch dem des Lesens und Schreibens unkundigen Landvolk genügend Kräfte gegeben, dasjenige begreifen zu können, was zu einer zeitlichen und ewigen Wohlfahrt erforderlich ist“.

Die Michaels-Kapelle wird zum Schulhaus

Die ordentliche Schulgeschichte der Gemeinde Haldenwang beginnt im Jahr 1810. Auf Vorschlag von Pfarrer Leopold Zech (1798-1845) wird die nördlich der Pfarrkirche stehende St. Michaels-Kapelle zum Schulhaus umgebaut. In den Jahren zuvor musste jeweils im Winter für die 60 bis 70 Schulkinder eine Stube angemietet werden. Über 70 Jahre wird die innerhalb der Kirchhofumfriedung gelegene ehemalige Michaels-Kapelle als Schule genutzt, ehe dann am 4. Mai 1884 der königliche Regierungsassessor Britzelmayer die Haldenwanger Schule inspiziert und „sehr grobe Mängel“ protokolliert.

Abort- und Dachwasser fließen auf die Ortsstraße

Zusammengefasst beschreibt Assessor Britzelmeyer folgenden Zustand:

„In dem äußerst beschränkten Schullokal, das auf höchstens 80 Schüler schätzungsweise notdürftig zureicht, sollen heuer in einem Raum 102 Schüler Unterricht finden, wozu noch 14 Schüler aus dem Orte Pfaffenhofen kommen, die nach Probstried in die Schule gehen, obgleich sie nach Haldenwang gehören. Das Schulhaus ist an den Wänden feucht, voll modriger Sporenflecken, die Fenster wenig einen Meter hoch, die Decke niedrig und die Luft dumpf und schlecht. Das Lokal ist mit 19 Bänken so überstellt, dass die letzte Bank hart am heißen Ofen steht. Von den Bänken sind sieben vollständig unbrauchbar, da dieselben an den Schreibflächen so zerschnitten sind, dass kein Heft aufgelegt werden kann und die Kinder beim Ein- und Ausgehen an den zackigen Schnittflächen hängen bleiben. Das in der Schule vorhandene Kruzifix ist ganz defekt und von unwürdigem Aussehen. Die vorhandene Karte von Bayern ist arg verschimmelt und naturgeschichtliche Tafeln über Pflanzen und wirbellose Tiere sind nicht zu sehen. Die Schläuche der im Südostende des Schullokals gelegenen Aborte, von Holz konstruiert, münden in eine weit unten am Berge gelegener, schlecht bedeckter Abtrittgrube, in welche auch das Dach- und Bergwasser fließt und die Grube so überfüllt, dass deren Inhalt über den Berg gegen die Ortsstraße hinabfließt…“

1888/89 wird eine neue Schule gebaut

Trotz dem denkbar schlechten Zeugnis für die Schulstube („Heringfass, sanitätswidrig“) sucht die Gemeindeverwaltung Haldenwang verzweifelt nach Möglichkeiten, einem Neubau zu entrinnen. Sogar von einer Nebenschule mit Hilfslehrer in Seebach für die Kinder aus dem Ort selbst sowie Pfaffenhofen, Höfen, Stoßberg, Koneberg, Blumenried und Wörth ist die Rede. Erst nach jahrelangen, teils heftigen Diskussionen mit dem Bezirksamt Kempten, der Regierung von Schwaben und dem örtlichen Lokalschulinspektor Pfarrer Matthias Mair (1878-1891) entschließt sich die Gemeindeverwaltung widerwillig, in Haldenwang ein Baugrundstück zu erwerben. An der Hauptstraße gegenüber der Schmiede (bis 1996 Rathaus, heute Gemeindebücherei und „Naturecke“) wird für 24.000 Mark eine neue Schule gebaut. Am 15. Juni 1889 ist es soweit: die Schule wird gesegnet und der Unterricht beginnt.