Fast mit seiner ganzen Länge krachte der mit 70 Zentner Mehl beladene Lastwagen in die Küche vom Gasthaus „Rößle“. Drei Personen im Fahrzeug und die schwangere Wirtin Franziska Rogg starben.
Gefährlich eng war früher die Bundesstraße B 12 zwischen dem Gasthof „Rößle“ und dem Anwesen Hasenmüller (rechts). Das Bild entstand Mitte der 60er Jahre.
In der Küche kam die 43jährige schwangere Gastwirtsehefrau Franziska Rogg, verw. Walz (Mutter von Fritz Walz sen.) ums Leben.
Bis zum Beginn der 70er Jahre im letzten Jahrhundert war die durch Börwang führende Bundesstraße B 12 die wichtigste Verkehrsverbindung zwischen München und Kempten im Allgäu. Als einer der gefährlichsten Streckenabschnitte galt die berüchtigte Börwanger Steige. Allein im letzten Jahrhundert wurden dort mehr als zwei Dutzend tödlicher Unfälle gezählt. Anfangs waren es Pferdefuhrwerke (Holztransporte) und später Unfälle mit Autos, Lastkraftwagen und sogar einem Bus.
Gewiss das mit Abstand schrecklichste Unglück passierte vor 75 Jahren, im Mai 1948. Wie die Tageszeitung damals berichtete, fuhr ein „3-to-Diesel-Lastwagen“ der Kunstmühle und Sägerei Bauer aus Spöck (Landkreis Mindelheim) mit hoher Geschwindigkeit die Börwanger Steige herunter und raste in die Hauswand des Gasthauses „Rößle“. Der mit 72 Zentnern Mehl für die Stadt Kempten beladene Wagen wurde mit zwei Drittel seiner gesamten Länge in die Küche des Gasthofes gedrückt.
Die schwangere Wirtin und drei weitere Personen starben
Das schreckliche Unglück forderte vier Todesopfer: den 33jährigen Kraftfahrer Adalbert Treutwein aus Kirchheim und zwei auf der Strecke zugestiegene junge Menschen, den 21jährigen Studenten Ernst Schwarzländer aus Heidelberg und die 33jährige Maria Burock aus Obergünzburg. Ebenso tragisch war der Tod der 43jährigen schwangeren Gastwirtsehefrau Franziska Rogg, die erst wenige Minuten vor dem Unglück in die Küche lief, um Mittagessen vorzubereiten. Die 22jährige Landwirtstochter Theresia Wörz aus Daxberg, die mit der Wirtin in der Küche beschäftigt war, erlitt erhebliche Verletzungen.
Erschütterung wie eine Bombe
Als unmittelbarer Nachbar erlebt der damals 13 Jahre alte Schüler Paul Gabler das schreckliche Unglück hautnah mit. „Eine Erschütterung wie eine Bombe“ habe ihn aufgeschreckt und wenige Sekunden später quoll eine Staubwolke durch die Haustüre in den Innenhof, erzählt er heute. Schnelle erste Hilfe war kaum möglich. Lediglich der junge Arzt Dr. Walter Holweger (damals in Haldenwang wohnhaft), war schnell vor Ort. „Käsweiß“ sei er gewesen, als er den schlimmen Unglücksort mit vier Toten verlassen habe, erinnert sich Paul Gabler.
Die Bremsen haben versagt
Das Unglück soll sich etwa wie folgt abgespielt haben: Der Fahrer hatte den dritten Gang eingelegt und ist mit erhöhter Geschwindigkeit die Steigung hinuntergefahren. In der engen Kurve vor dem Gasthof „Rößle“ verlagerte sich das Gewicht der Ladung auf die rechte Seite, das Fahrzeug bekam Schlagseite und raste mit voller Wucht in das Gebäude. Nach Aussage von Sachverständigen waren die Bremsen und das Schaltgetriebe nicht in Ordnung.
Paul Gabler kann sich auch erinnern, dass in den Jahrzenten nach dem Krieg weitere schlimme Unglücksfälle passierten. In den 50er Jahren starb eine Radfahrerin, weil sie ungebremst an die Hauswand des Gasthofes „Rößle“ fuhr. Ein mit Flüssigteer beladener Tankwagen krachte in den Stadel des damaligen Anwesens Zick an der Steige. Der heiße Teer ergoss sich über die Straße. Weil ebenfalls die Bremsen versagten, kam ein Bus erst unten in Börwang am Wiederkehr des Anwesens Maurus zum Stehen. Ende der 70er Jahre fuhr ein Muldenkipper in ein zur Forsthaussiedlung gehörendes Privathaus. Mit Schrecken erinnern wir uns auch daran, dass in der jüngeren Vergangenheit an der Steige bei Eisglätte ein Pkw an einen Baum prallte. Die Beifahrerin, Ehefrau und Mutter aus unserer Gemeinde, starb.