Fürstabt Honorius Roth von Schreckenstein erbaute 1761 das „Jagdschlössle“ Wagegg
Wappen von Honorius Roth über der Haustüre unseres Heimathauses in Börwang
Zwischen dem fürstäbtlichen Schloss Wagegg und dem Ökonomiegebäude (Bauhof) stand das kleine „Jagdschlössle“.
Das „Jagdschlössle“ im „Sommerkleid“ (Efeu und Wilder Wein)
Das „Jagdschlössle“ kurz vor seinem Abbruch 1967
Wagegg - ein „Jagdschlössle“ für edle Gäste
In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erlebte Wagegg eine außergewöhnliche Blütezeit. Der Kemptener Fürstabt Rupert von Bodmann, ein baulustiger Herr, der außer seiner Muttersprache auch die lateinische, französische, italienische und spanische vollkommen beherrschte (1678 bis 1728 ganze 50 Jahre im Amt), plante und baute neben der zerfallenen Burg Wagegg ab dem Jahr 1715 ein prachtvolles Schloss (darüber wird in einem späteren Beitrag berichtet).
Jahrzehnte danach ließ dann Fürstabt Honorius Roth von Schreckenstein das prächtige Schloss umbauen und 1761 durch ein „Jagdschlössle“ ergänzen. Dieses diente den Fürstäbten und ihrem Gesinde als Unterkunft bei der Jagd, wurde aber in erster Linie als Sommerresidenz genutzt.
Rittersaal mit offenen Kamin und Stuckdecke
Gebaut wurde das zweigeschossige Gebäude mit 60 Zentimeter starken Natursteinquadern. Ein großer Kamin ragte über das Walmdach. Die Innenräume waren ungewöhnlich hoch. Große Sprossenfenster ließen viel Licht und Sonne in die Zimmer. In der Küche gab es eine offene Feuerstelle mit Kesselhaken und Abzugsesse. Ein Rittersaal mit offenen Kamin und Stuckarbeiten an der Decke verliehen dem Gebäude den Charakter eines kleinen Schlosses. An der Ostseite des Hauses wurde in Sandstein gehauen das Wappen des Fürstabtes Honorius Roth von Schreckenstein eingemauert.
Nach dem Niedergang der fürstäbtlichen Herrschaft in der Säkularisation Anfang des 19. Jahrhunderts ging das „Jagdschlössle“ in den Besitz des Staates über. Viele Jahre stand es leer und wurde nur vorübergehend von Privatleuten bewohnt. 1945, nach dem Zweiten Weltkrieg, fand die Familie des in den 30er Jahren in Börwang tätigen Schullehrers Josef Grünbauer Unterkunft im Jagdhaus.
Verlust eines Allgäuer Kunstdenkmals
Nach Kündigung der letzten Mietvereinbarung 1964 wurde das inzwischen baufällig gewordene Anwesen 1966 in das Verzeichnis der Allgäuer Kunstdenkmäler aufgenommen. Es sollte als letztes Gebäude der einstigen Schlossanlage erhalten bleiben. Doch das inzwischen zuständige staatliche Forstamt Grönenbach zeigte keine Interesse am Erhalt des „Schlössle“. Da auch die Instandsetzungskosten zu hoch erschienen und außerdem eine notwendige Trinkwasserzuführung fehlte, wurde das Haus trotz Bemühens des Heimatvereins Kempten im Einverständnis mit dem Landesamt für Denkmalpflege 1967 abgebrochen.
Der Wappenstein des Fürstabtes Honorius Roth ist aber sorgfältig aus der Wand herausgelöst und über dem Treppenaufgang der 1968 neu errichteten Land- und hauswirtschaftlichen Kreisberufsschule in Kempten-Lenzfried (heute Agnes-Wyssach-Schule) angebracht worden. Einen Abguss dieses Sandstein-Wappens finden wir heute über der Haustüre unseres Heimathauses in Börwang.